Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0969 - Der falsche Ritter

Titel: 0969 - Der falsche Ritter
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
er, „Vielleicht erhoffen wir uns ein bißchen zuviel von Marifat."
    Marifat war Lussmanns zweiter Name, sein Geistername, wie es im Sprachgebrauch der Sikr hieß.
    „Komm her! „ Die Stimme der Yardahanada störte jäh das Gespräch der beiden männlichen Familienmitglieder.
    Tschan zuckte zusammen. Zorn loderte in seinem Blick, aber er machte eine abrupte Kehrtwendung, ließ Angdröhm stehen und näherte sich dem Lager. Der Aufklärer folgte ihm in respektvollem Abstand. Näher als bis auf zehn Schritte durfte er nicht an das Lager heran. Trotzdem konnte er hören, was Tschan und die Yardahanada miteinander besprachen.
    Die Yardahanada war eine knochige und häßliche Frau. Ihr Gesicht war spitz, und auch die kleinen gelben Augen konnten ihm keinen sanfteren Ausdruck verleihen. Das Alter der Yardahanada war schwer zu bestimmen, aber sie war mindestens doppelt so alt wie Tschan. Wahrscheinlich hatte Tschan noch nie körperlichen Kontakt zu ihr gehabt (dafür hatte er den Wandelbaren), und es blieb eines seiner großen Geheimnisse, warum seine Wahl auf sie gefallen war. Der Wert dieser Yardahanada bestand in ihrem Wissen und in ihrer Erfahrung. Vermutlich hätte man auf Gry jahrelang suchen müssen, um eine in dieser Beziehung vergleichbare Wunschmutter zu finden.
    „Er ist müde und erschöpft", sagte sie gerade zu Tschan, und es gab keine Zweifel, daß sie von Harden Coonor sprach. Ihr Denken und ihr: Tun drehten sich ausschließlich um das Baby. Sie kümmerte sich mit einer derartigen Intensität darum, als wollte sie ihr eigenes Selbst aufgeben.
    „Jeder von uns wußte, daß es eine strapaziöse Reise sein würde", versetzte Tschan, halb erklärend, halb entschuldigend.
    „Wir sind nicht gut vorbereitet!"
    „Wir sind so gut vorbereitet, wie meine finanziellen Mittel es zuließen."
    Die Yardahanada beugte sich über den offenen Korb. Das Baby war ruhig, wahrscheinlich war es von der Hitze so müde geworden, daß ihm sogar das Schreien schwerfiel.
    „Im Wald wird es angenehmer für ihn sein", sagte Tschan.
    „Bei Stechmücken, Sumpfschlangen und Giftpflanzen?"
    „Es wird nicht so heiß sein", schwächte Tschan ab.
    Er trat neben die Wunschmutter und blickte in den Korb. Angdröhm, der von Natur aus ein überaus seharfer Beobachter war, hatte den Eindruck, daß das Familienoberhaupt sich straffte. Tschan sah sehr stolz aus in diesem AugenbIick. Irgend etwas an diesem Baby betrachtete er als einen Teil seiner selbst, obwohl alles, was er in Harden Coonor investiert hatte, materieller Natur war. Zu mehr war Tschan vermutlich auch nicht fähig.
    Die Stimme der Yardahanada bekam einen recht sorgenvollen Unterton.
    „Wird der Sikr auch unseren Wünschen entsprechen?"
    Tschan hob die Schultern.
    „Er ist völlig neutral und kennt keinerlei Skrupel."
    „Aber er soll launenhaft sein."
    „Nun ja, man erzählt viel über ihn", meinte Tschan. „Es ist doch sinnlos, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Wir werden genau wissen, wie er ist, sobald wir mit ihm gesprochen haben."
    Die Yardahanada krümmte sich zusammen.
    „Wenn ich bedenke, daß vielleicht alles umsonst sein wird ..."
    „Auch damit müßten wir uns abfinden."
    Sie starrte ihn an.
    „Der Junge trägt mein Blut, vergiß das nicht. Ich könnte mich niemals damit abfinden, daß er in die Durchschnittlichkeit versinkt. Er soll einmal etwas Besonderes sein, etwas ganz Besonderes."
    Tschan seufzte und bewegte sich vom Korb weg.
    „Du gehst zu Kitter?" erriet sie.
    „Ja", gab er zu.
    „Außer Geld", sagte sie voller Abscheu, „besitzt du nichts. Du hast nicht einmal guten Geschmack."
    Tschan blieb stehen und schien nachzudenken.
    „Manchmal glaube ich auch, daß das so ist. Vielleicht hätte ich keine Familie zusammenkaufen sollen.
    Wenn ich jedoch einmal sterbe, möchte ich es mit der Überzeugung tun, etwas Entscheidendes erreicht zu haben. Ich will, daß irgend etwas in diesem Universum meinen Stempel trägt."
    „Er ist nicht dein richtiger Sohn."
    „Er wird, wenn unser Plan gelingt, das sein, was ich will, daß er sein wird. Das allein ist entscheidend."
    Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern ging dorthin, wo der Kitter sich gerade wieder aufrichtete und eine stabile Form anzunehmen begann. Soono hatte sich niedergelassen und war eingeschlafen. Eltariccer übernahm die erste Wache.
    .Es war unglaublich schwer, sich vorzustellen, daß er zu ihnen gehörte, dachte der Aufklärer. Er glättete die Flügel und scharrte den Boden auf, bis
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher