Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0961 - Nähre deine Wut!

0961 - Nähre deine Wut!

Titel: 0961 - Nähre deine Wut!
Autoren: Oliver Fröhlich
Vom Netzwerk:
Zeiten purzelten durcheinander. Oder waren es nur Krychnaks Erinnerungen? Er sah sich selbst, wie er Aktanur aus der Nebelwelt Isilria abholte, wo er ihn zu dem bösen Wesen gemacht hatte, das er nun war. Er sah, wie er ihn erschuf. Er sah Agamar, den verräterischen Dämon, der den Spaltlippigen kurz vor Vollendung seines Plans zu vernichten glaubte. Er sah Kathryne und ihre magisch hervorgebrachte Schwester Anne. Und er sah Lucifuge Rofocale, wie er seinem neugierigen Untertanen die Schöpfung der Erbfolge gestand. Einen Diener für LUZIFER hatte er erschaffen wollen.
    Und plötzlich inmitten all der Qualen, die Krychnak empfand, wusste er, was geschah - und was geschehen war! Es war LUZIFERS Todespein, die das Magische Universum erschütterte und die er bis in die kleinste Faser seines Körpers spürte. Sie durchzog alles, selbst die Zeiten.
    Dem Spaltlippigen war nicht klar, wie es damals dazu hatte kommen können. Vielleicht hatte Lucifuge Rofocale Zeitexperimente durchgeführt, vielleicht lag es auch an seiner Nähe zum KAISER, aber er musste vor Tausenden von Jahren den Todesschrei durch die Äonen hinweg vernommen haben. Deshalb hatte er Xuuhl erschaffen wollen - um LUZIFER in den Tagen der Not einen starken Kämpfer an die Seite zu stellen. Natürlich durfte er niemandem etwas davon sagen. Wer hätte ihm geglaubt? »Der Ministerpräsident ist größenwahnsinnig«, hätte es geheißen. »Sieht den Tod des KAISERS voraus! Vermutlich will er selbst KAISER werden.« Womöglich fürchtete er auch LUZIFERS Zorn, falls Lucifuge Rofocale ihn mit seiner Schwäche konfrontierte.
    Ausreichend gute Gründe, um im Verborgenen zu handeln.
    Doch sein Plan war gescheitert. Über Millennien hinweg hatte die Erbfolge auf der Seite des Guten gestanden. Selbst wenn Asmodis die Verschmelzung herbeigeführt haben sollte, wäre Xuuhl nicht der erhoffte starke Streiter.
    Mit einem Stöhnen sank Krychnak auf die Knie. Sein Kopf hämmerte und drohte zu platzen. Das Gefühl eines schweren Verlusts wehte durch seinen Leib. Im ersten Augenblick wusste er nicht, was es war, was ihm da fehlte. Doch als in ihm die Ahnung zur schrecklichen Gewissheit heranwuchs, warf er sich auf den Boden und krallte sich ins Erdreich. Es war ihm egal, für wie theatralisch ein Beobachter diese Geste halten mochte.
    »Nein! Alles, nur das nicht!«
    Es war nicht nur LUZIFER, der starb. Er zog die gesamte Hölle mit sich in den Untergang. Die Verbindung zu den Schwefelklüften und somit zur Quelle von Krychnaks Magie riss ab.
    »Nein!«, schrie er wieder.
    Bislang war es ihm möglich gewesen, sich im Falle seiner Vernichtung aus dem geringsten Körperstückchen, aus dem dünnsten Haar, dem kleinsten Fingernagel zu regenerieren. Doch die dazu nötige Kraft hatte er stets aus den Tiefen der Hölle gezogen.
    Geistig tastete er danach. Erfolglos. Nichts zu spüren. Gar nichts.
    Ein Jammern drang über seine Lippen. Die Quelle seiner Regenerationsmagie war versiegt. Wenn man ihn nun vernichtete, war es für immer. Er war zu einem sterblichen Wesen geworden! Wie der niederste Dämon oder der unwürdigste Mensch aus Fleisch und Blut. Nein, nein, nein. Das durfte nicht sein. Das konnte nicht sein.
    Er stemmte sich hoch und taumelte benommen umher. Die Haut über seinen verwachsenen Augenhöhlen pochte heftiger denn je. Es fühlte sich an, als würde sie jeden Augenblick reißen.
    Plötzlich hörte er Schritte hinter sich. Er fuhr herum und sah Asmodis und Aktanur den Burghof betreten. Sie waren zurückgekehrt. Ohne den Erbfolger . Und zu Fuß! Ein winziges Detail nur, das dennoch lähmendes Entsetzen in ihm auslöste, sagte es doch alles über die Verfassung des ehemaligen Fürsten der Finsternis aus. Er wollte ihn zur Rede stellen. Doch nur ein Krächzen drang über seine Lippen.
    Im ersten Augenblick verfluchte er sich für seine Schwäche, aber dann sah er den Ausdruck in Asmodis' sonst so undeutbarem Gesicht. Verwirrung, Verzweiflung, Panik. Die Feuerräder seiner Augen waren zu traurigen Funken verkommen, die nur noch trübe flackerten. Nun war er froh, sich dem Ex-Teufel nicht in den Weg gestellt zu haben.
    Aktanurs Miene hingegen war ausdruckslos. Sie wirkte leer und ausgebrannt. Krychnak bekam seine Benommenheit etwas besser in den Griff und eilte zu seinem Schützling.
    Asmodis jedoch ließ sie einfach stehen und hetzte in die Burg.
    »Was ist geschehen?«, fragte Krychnak den Erbfolgerzwilling .
    Die Antwort bestand aus einem einzigen Wort:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher