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096 - In Soho regiert der Tod

096 - In Soho regiert der Tod

Titel: 096 - In Soho regiert der Tod
Autoren: A.F.Morland
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zwischen zwei Koniferen stehen, die von einer Windbö geschüttelt wurden.
    Ihr Blick schweifte über den finsteren Gottesacker. Der Tod hatte nichts Unheimliches für sie. Er war auch nichts Endgültiges. Arma war ein Wesen, das keinen irdischen Gesetzen unterlag.
    Ihr standen Zauberkräfte zur Verfügung, die sie ungemein gefährlich machten.
    Sie war mit dem Silberdämon Metal befreundet. Zur Zeit befand er sich mit Mago, dem Schwarzmagier, in einer anderen Dimension, aber sie hatten vereinbart, sich hier auf der Erde bald zu treffen.
    Bis dahin wollte Arma aber nicht untätig sein. Erst kürzlich hatte sie versucht, sich zwei magische Diamanten, die man ›die Augen des Todes‹ nannte, zu verschaffen. [2]
    Leider hatte nicht sie, sondern die Totenpriesterin Yora das Rennen gemacht, aber Arma gab die Hoffnung nicht auf, eines Tages die Augen des Todes zu besitzen.
    Am Ende des Gottesackers, neben dem großen Friedhofstor, stand ein kleines, dunkles Haus.
    Zwei Fenster waren erhellt. Der Totengräber Jon Morell wohnte dort, und ihn wollte Arma aufsuchen.
    Unbemerkt näherte sie sich dem einsamen Haus. Es gab nicht viele Menschen, denen es nichts ausmachte, darin zu leben.
    Jon Morell störte es nicht. Er stand mit dem Tod gewissermaßen auf du und du. Tote gehörten zu seinem Beruf.
    Man brachte sie, und er begrub sie. Wenn er Gräber aushob, stieß er auf die Gebeine von Menschen, die ein anderer Totengräber bestattet hatte.
    Angst vor Gestorbenen hatte Morell nicht. Vor Arma jedoch mußte er sich fürchten, denn sie verkörperte das Böse.
    Morell trank gern. Das war eine ›Berufsleidenschaft‹. Es gab wohl kaum einen Totengräber, der abstinent war.
    Mit schlurfenden Schritten durchmaß Jon Morell das Wohnzimmer, öffnete einen Schrank aus Kirschholz und goß sich einen großen Klaren ein.
    Es war an diesem Abend bereits der fünfte. Morell spürte auch schon die Wirkung der vier vorangegangenen Schnäpse.
    Seine Augen glänzten. Er leckte sich häufig die Lippen, und er stand nicht mehr ganz sicher auf den Beinen.
    Aber wen störte das? Wenn er sich die richtige Schlagseite angetrunken hatte, würde er nach nebenan gehen und wie ein Stein ins Bett fallen.
    Seine Hand zitterte ein wenig, als er das randvolle Glas an seine Lippen führte. Um nichts zu verschütten - denn Schnaps war für ihn etwas Kostbares -, trank er erst mal einen kleinen Schluck.
    Plötzlich war ihm, als würde er jemanden draußen vor dem Fenster stehen sehen.
    Nicht im Traum dachte er daran, daß es sich um einen Spuk handeln könnte, und er glaubte auch nicht, daß einer der Toten sein Grab verlassen hatte.
    Wenn tatsächlich jemand dort draußen stand, konnte es seiner Ansicht nach nur jemand sein, der zu lange auf dem Friedhof geblieben war, vielleicht in Gebete vertieft, und der nun nach Hause gehen wollte.
    Aber bei Einbruch der Dunkelheit wurden alle Tore geschlossen.
    Jon Morell würde keine Schwierigkeiten machen. Zumeist bekam er von solchen Leuten ein ansehnliches Trinkgeld.
    Auch diesmal rechnete er damit.
    Bevor er sich zum Fenster begab, leerte er sein Glas. Dann schob er den alten, vergilbten Vorhang zur Seite und schüttelte verwirrt den Kopf, denn was er sah, konnte es nicht geben.
    Er sah nur Augen!
    Sie befanden sich in keinem Gesicht, schienen am Fensterglas zu haften - wie Aufkleber.
    Aber sie waren nicht starr. Sie schienen zu leben. Morell glaubte sogar erkennen zu können, daß die Lider zuckten.
    Verdattert trat er näher heran. Wer hatte diese Augen ans Fenster geklebt? Handelte es sich um den Streich von ein paar Halbstarken, die ihn narren wollten?
    Oder hatte er einen Schnaps zuviel erwischt und halluzinierte nun?
    Er trat noch näher an das Fenster. Dieser merkwürdige Blick war ihm nicht geheuer. Er glaubte fast, daß die Augen ihn zu hypnotisieren versuchten.
    Der Totengräber kam sich lächerlich vor, weil er sich unbehaglich fühlte. Jene, die ihm diesen Streich spielten, lachten sich jetzt wahrscheinlich schief über ihn.
    Zögernd streckte er die Hand aus. Seine Finger berührten das glatte Glas. Die Augen mußten außen kleben.
    Morell öffnete einen Fensterflügel. Kalter Nachtwind fuhr ihm ins Gesicht. Er hielt unwillkürlich den Atem an.
    Der Wind strich auch über die Augen. Fest schienen sie nicht am Glas zu kleben, denn plötzlich fuhr der Wind unter sie und hob sie ab.
    Wie zwei Schmetterlinge flatterten die beiden Augen hoch, aber sie verschwanden nicht. Sie kehrten um und wehten, immer
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