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0958 - Der Keller

0958 - Der Keller

Titel: 0958 - Der Keller
Autoren: Jason Dark
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Lager war es nicht weit. Er brauchte nur einige Schritte zu laufen, um die Treppe nach unten zu erreichen.
    Aber warum hätte er das tun sollen? Warum sollte er in die Tiefe des Schlunds gehen? Da gab es einfach keinen Grund. Er war doch nicht dumm und blöd.
    Oder hatte man ihn geholt?
    Der Gedanke daran, nicht allein zu sein, hinterließ bei Gisela Behle eine weitere Gänsehaut. Es wäre furchtbar gewesen, noch von einer dritten Person beobachtet zu werden. Eine schreckliche dritte Person, denn wer hauste schon in einer derartigen Tiefe und fristete hier sein bescheidenes Dasein?
    Karl suchen oder verschwinden?
    Diese beiden Möglichkeiten kamen in Frage. Wobei Gisela Behle auch an die Traditionen dachte, die die Berber miteinander verband. Da ließ der eine den anderen nicht im Stich, wenn es eben ging. Und so dachte sie auch. Sie wäre sich wie ein Schwein vorgekommen, wenn sie jetzt einfach verschwunden wäre und Karl seinem Schicksal überlassen hätte.
    Er war nicht verschwunden, er mußte sich hier im Haus noch aufhalten.
    Der Schlund hatte ihn geschluckt.
    »Karl! Karl, verdammt, melde dich!« Sie rief laut hinein in das Dunkel.
    Echos rollten durch den Keller und verhallten.
    Keine Antwort.
    Sie schluckte. »Karl, warum meldest du dich nicht?«
    Wieder bekam sie nur die Echos mit, die ihr entgegenwehten. Von Karl jedoch hörte sie nichts.
    Was tun? Hinabsteigen? Karl suchen? Vielleicht brauchte er Hilfe. Er konnte durchaus gestürzt sein und irgendwo verletzt liegen und dabei noch ohnmächtig sein.
    Alles war möglich. Schlimme Dinge schössen ihr durch den Kopf.
    Schreckliche Szenen, und sie hörte plötzlich ein Summen, von dem sie im ersten Moment nicht wußte, ob es tatsächlich stattfand oder ob sie es sich eingebildet hatte.
    Nein, das gab es. Sie hatte es genau gehört. Es war irgendwo im Haus aufgeklungen, als hätte jemand eine große Maschine in Gang gesetzt, die irgendwelche Dinge transportierte.
    Gisela Behle trat zurück. Die Geräusche waren geblieben. Aber sie hatten sich nicht verändert. Sie kamen näher, sie rollten heran. Für einen Moment durchschoß die Frau der scharfe Strahl der Furcht. Gisela konnte mit den Geräuschen nichts anfangen. Sie kamen über sie, sie waren so rollend, so glatt.
    Die Frau stand da und drehte sich auf der Stelle. Sie wußte, daß sich in ihrer Nähe etwas bewegte, aber sie kam nicht damit zurecht, wo das genau passierte.
    Der Paternoster!
    Plötzlich sah sie ihn in Bewegung. Er funktionierte also noch. Durch ihn war das Geräusch an die Oberfläche gekommen. Jetzt, wo sie das wußte, ging es ihr trotzdem nicht besser. Warum auch? Ein alter Paternoster, dazu in einer Ruine, fuhr nicht einfach los. Da mußte es einen Grund geben. Sie verbannte diesen Gedanken aus ihrem Kopf und leuchtete jetzt die einzelnen Kabinen an, wenn sie aus der Tiefe kamen und nach oben fuhren.
    Alle Kabinen schienen leer zu sein. Kein Mensch war zu sehen, nur Dreck. Sie rumpelten weiter, und eigentlich hätte sie auch einsteigen können, aber Gisela traute sich nicht.
    Die Lampe in ihrer Hand zitterte, was sich auch auf den Strahl übertrug.
    Er bewegte sich ebenfalls zitternd und huschte in die leeren Kabinen hinein, wo es zu einem Spiel aus Licht und Schatten kam.
    Plötzlich brüllte sie auf.
    Eine Kabine war nicht leer.
    Dort sah sie Karl, ihren Kumpel. Nur war er nicht allein, denn er hatte schaurigen Besuch bekommen…
    ***
    Es war nur für einen Moment sichtbar, denn die Kabine bewegte sich weiter. Sie blieb nicht stehen, sie gab aber der Frau sekundenlang die Chance, das Grauen zu sehen.
    Gisela Behle wunderte sich, wie es möglich war, daß ein Mensch innerhalb so kurzer Zeit all die Eindrücke verdauen konnte, die ihm vermittelt wurden.
    Auf dem Boden lag Karl. Verkrümmt, blutig, als wäre er zerrissen worden. Ein Bündel Mensch, über das sich eine Gestalt geschoben hatte, die so aussah, als durfte es sie nicht geben. Sie war eine Ausgeburt der Hölle. Sie war der Schrecken an sich. Sie war kein Mensch, sie war kein Toter, sie lag irgendwo dazwischen. Braungelb sah sie aus, und einen normalen Kopf hatte sie auch nicht. Dafür entdeckte Gisela das Blut, das sich in der kleinen Kabine verteilte. Dann war die Kabine verschwunden, und die nächste tauchte auf. Sie war leer wie die anderen, abgesehen von dieser einen schrecklichen Ausnahme.
    Der Anblick war schlimm gewesen. Gisela wollte auch nicht daran denken.
    Sie trat zurück, schüttelte den Kopf, und plötzlich konnte sie
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