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0956 - Die Todeszone

0956 - Die Todeszone

Titel: 0956 - Die Todeszone
Autoren: Andreas Balzer
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zuwarfen, wenn sie einen Auftrag zu ihrer Zufriedenheit ausgeführt hatten. Eine mickrige Seele hier, ein Stückchen Menschenfleisch da, mehr brauchten sie nicht zum Überleben. Jetzt, wo sich niemand mehr um sie kümmerte, fürchteten sie sich vor ihrem eigenen Schatten.
    Die Stärkeren der Gruppe, allen voran Gunter und Beragol, taten ihr Bestes, um ihre Gefährten unterwegs etwas aufzupäppeln. So kurz vor dem Ziel wollten sie keinen ihrer Brüder und Schwestern verlieren. Und plötzlich waren sie da. Äußerlich hatte sich der Dschungel kaum verändert, doch es konnte keinen Zweifel daran geben, dass sie tatsächlich am Ende ihrer Reise angelangt waren.
    Beragols überfeine Sinne registrierten, wie die Tier- und Pflanzenwelt ängstlich zurückwich, um einer anderen, unheiligen Präsenz Platz zu machen. Sie hörten Hubschrauber kreisen und spürten die Nähe von menschlichen Patrouillen, doch das störte sie nicht. Ihre Herzen jubilierten, als sie die unsichtbare Grenze überschritten, die die Menschenwelt von einer Sphäre trennte, die für Wesen wie sie geschaffen war.
    Und dann hörten sie die Stimme. Sie erklang direkt in Beragols Kopf, aber an den Gesichtern seiner Gefährten erkannte er, dass sie sie ebenfalls wahrnahmen. Beragol war sich sicher, sie nie zuvor gehört zu haben. Dennoch klang sie seltsam vertraut.
    »Danke«, sagte die Stimme.
    »Wofür?«, fragte Beragol erstaunt. »Wir sind es, die zu danken haben. Du hast uns hierher geführt.«
    »Ja«, sagte die Stimme. »Und ihr habt einiges auf euch genommen, um meinem Ruf zu folgen. Aber jetzt seid ihr hier, damit sich euer Schicksal erfüllt. Euer Opfer wird es wert sein, das verspreche ich euch.«
    »Opfer? Welches Opfer?« Beragol war verwirrt. Er wusste nicht, ob ihm die Wendung gefiel, die das Gespräch nahm.
    »Ich habe das hier für alle geschaffen, die nach der großen Katastrophe eine neue Heimstatt suchen. Aber dazu brauche ich Kraft, die ich im Moment nicht habe. Deshalb habe ich euch gerufen . Eure Lebenskraft wird mir helfen, das große Ziel zu verwirklichen.«
    »Aber nein«, protestierte Beragol. »Wir sind gekommen, um hier in Ruhe und Frieden zu leben.«
    »Und das werdet ihr auch«, versprach die Stimme sanft. »Eure nutzlosen Hüllen werden vergehen, aber eure Lebenskraft wird in mir weiterleben. Auf ewig.«
    »Nein!«, schrie es in Beragol, aber der Unterdämon brachte kein Wort über die Lippen. Er wollte sich herumwerfen und fliehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht mehr. Eine unsichtbare Macht hielt ihn umklammert, und dann spürte er voller Entsetzen, wie etwas gierig seine Lebensenergie trank.
    Verzweifelt registrierte Beragol, dass es seinen Gefährten nicht besser erging. Ihre Münder waren zu stummen Schreien verzerrt, während ihre zur Untätigkeit verdammten Körper mit rasender Geschwindigkeit verdorrten. Gunter war der erste, der starb. Der Werwolf sackte zu Boden, als seine nutzlos gewordenen Beine ihn nicht mehr trugen. Die Haut platzte auf und zerbröselte wie uraltes Pergament.
    »Wer bist du?«, fragte Beragol mit letzter Kraft. »Warum tust du uns das an?«
    »Du weißt, wer ich bin«, sagte die Stimme. Sie klang fast amüsiert.
    »Nein, ich…«
    Und plötzlich verstand Beragol. Während ihm die Sinne schwanden und er seine sterbenden Gefährten nur noch durch einen dunklen Schleier wahrnahm, erkannte er die Präsenz, die diesen Ort beherrschte.
    »Du?«, fragte er verwundert. Dann spürte er die tröstliche Wärme des Nichts, das ihn umschmiegte und von seinen Qualen erlöste.
    ***
    Es war weit nach Mitternacht, als Richard Devaine seinen Laptop hochfuhr und eine gesicherte Verbindung etablierte. Er hatte seinen »Gästen« ein gut bewachtes Quartier zugewiesen und ihnen etwas zu essen bringen lassen. Zamorra und Duval würden alle Kraft brauchen für das, was vor ihnen lag.
    Die Verbindung baute sich rasch auf. Devaine nahm einen Schluck Whiskey, und dann erschien das Gesicht von William Cummings auf dem Bildschirm. »Iron Will«, wie ihn seine Untergebenen respektvoll nannten, war der Leiter der CIA-Sondereinheit, der Devaine angehörte. Obwohl er offiziell so gut wie nie in Erscheinung trat, galt Cummings als einer der einflussreichsten Männer in Langley. Er war ein kompakter, durchtrainierter Mann Anfang 60 mit einem perfekt gestutzten Schnurrbart und einer Glatze, die von einem schwarzen Haarkranz gesäumt wurde. Trotz der späten Stunde wirkte er hellwach, und er hielt sich nicht lange mit
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