Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0949 - Das Kind, das mit den Toten sprach

0949 - Das Kind, das mit den Toten sprach

Titel: 0949 - Das Kind, das mit den Toten sprach
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
lachen. »Nein, mir kann man nicht helfen. Ich will auch nicht, daß mir geholfen wird. Ich will in Ruhe gelassen werden. Außerdem bin ich jetzt müde und möchte ins Bett.« Demonstrativ fing sie damit an, sich die Augen zu reiben, dann ging sie zurück und setzte sich auf ihr Bett. »Wollt ihr nicht endlich gehen? Ich möchte gerne schlafen.«
    Diesmal blieb Ellen hart. »Erst wenn du uns etwas über deine Freundin erzählt hast. Mr. Sinclair hat recht. Wir haben zwei Stimmen gehört. Du kannst uns nicht für dumm verkaufen. Außerdem weiß ich nicht, was das soll. Warum hast du uns nicht die Wahrheit gesagt? Es ist doch nicht schlimm. Wir wollen dir nur helfen, Kind, versteh das doch.«
    Marion hatte sich steif auf die Bettkante gesetzt. Mit beiden Händen stützte sie sich auf der Matratze ab. »Ja, das verstehe ich sehr gut. Wenn ihr mir helfen wollt, dann laßt mich jetzt in Ruhe. Ich brauche meinen Schlaf.«
    Ellens Stimme klang spöttisch, als sie fragte: »Oh, das ist mir aber schon neu.«
    »Dafür kann ich doch nichts.«
    »Du hast recht, Kind. Und es gibt deine Caroline tatsächlich nicht?«
    »Nein, nicht für euch. Ich habe sie erfunden. Ich spreche mit ihr. Sie ist nicht für euch da, nur für mich.«
    »Du hast sie nie gesehen?« fragte Ellen.
    »Müßte ich das denn?«
    »Nun ja, man muß doch denjenigen sehen können, mit dem man spricht, oder?«
    »Nicht ich. Ich habe sie mir ausgedacht. Sie ist toll, den ich rede mit ihr, und trotzdem gibt es sie nicht. Aber sie kann mir Ratschläge geben, und sie hat mir auch geraten, mich hinzulegen und zu schlafen.« Marion nickte heftig, als wollte sie damit andeuten, daß das Gespräch für sie erledigt war.
    Ich hatte Mrs. Bates das Feld überlassen, so war ich in der Lage gewesen, mir das Zimmer noch genauer anzuschauen.
    Es gab wirklich nichts Besonderes darin. Alles war irgendwie praktisch – bis auf eine Tatsache, die an der Wand hing. Das war der ovale Spiegel mit seiner dunklen Fläche und dem mit Blattgold verzierten Holzrahmen. Er war mir schon beim Eintreten aufgefallen.
    Für meinen Geschmack paßte er nicht in das Zimmer. Er wirkte wie ein Fremdkörper auf mich.
    Nun gehöre ich zu den Menschen, die gerade mit Spiegeln ihre Erfahrungen gesammelt hatten. Mehrmals schon hatte ich ihre magische Bestimmung erlebt und mitbekommen, wie durch einen Spiegel Verbindungen zwischen verschiedenen Welten oder Dimensionen hergestellt werden konnten, zuletzt noch bei Doktor Doll, einem Monstrum aus der Märchenwelt. Er hatte ebenfalls einen Spiegel benutzt, um Dimensionsgrenzen zu überschreiten. Ich konnte mir vorstellen, daß ähnliches auch bei diesem geschah, aber ich wollte noch nicht direkt fragen.
    Die etwas zu dunkle Fläche kam mir schon seltsam vor. Entweder war sie tatsächlich so dunkel, oder es lag daran, daß der Lichtschimmer sie nicht erreichte.
    Einige helle Reflexe waren schon auf ihr zu sehen, nur strahlten sie nicht hart zurück, sondern wurden teilweise sogar von der Fläche aufgesaugt, als bestünde sie aus einer weichen Masse.
    Marion Bates hatte mich schon gesehen und fand es gar nicht gut, daß ich den Spiegel so intensiv betrachtete. »Was wollen Sie von meinem Spiegel?« fragte sie patzig.
    »Nichts, wirklich nichts. Er gefällt mir nur.«
    »Das braucht er nicht.«
    »Gehört er denn dir?«
    »Ja, es ist meiner.«
    »Ein Geschenk ihres Vaters!« klärte mich Ellen auf.
    »Ah, so ist das? Wann war das denn?«
    »Kurz bevor wir uns trennten. Vor etwa zwei Jahren. Unsere Ehe war nicht gut, wir waren zu verschieden. Da haben zwei Individualisten geheiratet, die eigentlich hätten allein bleiben sollen. Aber lassen wir das. Es war für uns alle keine gute Zeit. Vorbei ist vorbei.«
    »Ich habe Daddy gemocht!« protestierte Marion.
    »Ja, das weiß ich.« Ellen nickte. Ihr war das Thema unangenehm.
    »Aber sollen wir in Mr. Sinclairs Beisein jetzt darüber sprechen? Das haben wir schon oft genug getan. Das hier ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, finde ich.«
    »Das habe ich auch nicht hören wollen«, wiegelte ich ab, obwohl ich gewisse Dinge schon behalten hatte. »Mir geht es eben um den Spiegel, den ich im übrigen sehr schön finde. Er ist ungewöhnlich, nicht nur wegen seines Blattgoldrahmens, sondern auch wegen seiner Fläche.«
    »Wieso das denn?« fragte das Mädchen vom Bett her, und seine Stimme klang lauernd.
    Ich schaute kurz zu ihr hinüber. Sie saß dort gespannt, als wollte sie jeden Moment aufspringen. »Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher