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0948 - Der Hort der Sha'ktanar

0948 - Der Hort der Sha'ktanar

Titel: 0948 - Der Hort der Sha'ktanar
Autoren: Oliver Fröhlich
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welchen »Nebenberuf« er ausübte. Doch bisher war er stets davor zurückgeschreckt, da er nicht wusste, wie sie es auffassen würde. Außerdem wollte er sie nicht in Gefahr bringen. Die Warnung des hageren Mannes mit der Geiernase hallte auch fünfzehn Jahre später noch in seinem Bewusstsein nach. Die Geheimniskrämerei führte natürlich dazu, dass er sich jedes Mal unter einem Vorwand aus dem Haus stehlen musste.
    Seine Ausrüstung bewahrte er im Keller auf dem Grund einer Werkzeugkiste unter Hämmern, Zangen und Schraubenziehern auf. Einen Eichenpflock und eine Walther P1, für die er aber nur schwierig an Munition kam - ein weiterer Nachteil, wenn man nur im Verborgenen operierte. Noch mühsamer war es, einen Priester zu finden, der die Kugeln für ihn weihte. Zu seiner großen Erleichterung war er darauf auch nicht unbedingt angewiesen.
    Denn seine Hauptwaffe war eine ganz andere. Eine, die ein dunkles Geheimnis umgab.
    Er griff in die Hosentasche und zog ein zusammengeknülltes hautfarbenes Tuch voller schwarzer Linien hervor. Kaum war es in die Freiheit gelangt, entfaltete es sich zu einem Stoffstreifen - etwa so hoch wie ein Papierbogen der Größe DIN A4, aber nur halb so breit. Weder Knicke noch Knitter verunstalteten seine Struktur.
    Jo legte den Streifen aufs rechte Handgelenk und erneut änderte er seine Eigenschaften. Als wäre er statisch aufgeladen, schmiegte er sich um Steigners Unterarm, wie ein Armband - und verschmolz mit seiner Haut. In die schwarzen Linien kam mit einem Mal Bewegung. Wie lebendige Tätowierungen krochen sie über den Stoff, aber auch darüber hinaus.
    Seine Hauptwaffe gegen die Mächte des Bösen. Einst im Besitz eines namenlosen Männleins mit Geiernase.
    Stoff, Tuch - das waren die Begriffe, in denen er über das Armband nachdachte. Tatsächlich hatte er aber nicht den leisesten Schimmer, aus welchem Material es bestand. Doch er wollte es auch gar nicht wissen. Steigner war der festen Überzeugung, dass es gefährlich für ihn werden konnte, wenn er zu viel über die lebendigen Tätowierungen erfuhr.
    Deshalb benutzte er das Armband nur und dachte nicht weiter darüber nach.
    Er marschierte in die Garage, setzte einen Helm auf und schwang sich auf seine Kawasaki.
    Zwanzig Minuten später erreichte er das Waldstück, in dem er auf Njhugjr stoßen würde. Diesmal hatte er zwar nichts von der Entführung einer Schwangeren erfahren, aber bisher hatte der Dämon in jeder Vollmondnacht ein Opfer hinterlassen. Diese Nacht würde keine Ausnahme darstellen. Unterwegs fielen ihm verstärkte Polizeistreifen auf. Offenbar tappten die Männer in Grün noch völlig im Dunkeln und versuchten auf diese Art, der Lage Herr zu werden.
    Steigner stoppte das Motorrad und verbarg es hinter Gestrüpp. Den letzten Kilometer ging er zu Fuß. Nach seinen Berechnungen befand sich der Ablageort auf einer felsigen Lichtung inmitten des Waldes. Ein hervorragender Ort - ein freier Platz, an dem der Dämon keine Möglichkeit besaß, sich zu verbergen, jedoch umgeben von dicht an dicht stehenden Bäumen, die Jo genügend Schutz vor Entdeckung boten.
    Njhugjr würde eine Überraschung erleben; die er für den Rest seiner bald endenden Existenz nicht mehr vergessen sollte.
    Leider verhielt es sich genau anders herum!
    Denn als Steigner die Baumgrenze erreichte, um einen Blick auf die Lichtung zu werfen, stand der Dämon bereits im Zentrum des felsigen Untergrunds. Die Arme hielt er verschränkt vor dem Körper, als warte er auf etwas. Oder jemanden?
    Womöglich auf ihn?
    Kaum schoss Jo dieser unglaubliche Gedanke durch den Kopf, wandte der Dämon ihm auch schon das Gesicht zu. Ein bräunlicher Flaum überzog seine dürren Beine, deren nach hinten gerichtete Knie seinen Bewegungen etwas Vogelhaftes verliehen. Der Rest des Körpers wies ein struppiges, verfilztes Fell undefinierbarer Farbe auf. Lediglich der Kopf kam völlig ohne Bewuchs aus. Kein Haupthaar, keine Augenbrauen, keine Gesichtsbehaarung. Stattdessen eine vollkommene, unnatürliche, bleiche Glätte, aus der Steigner zwei kohleschwarze regungslose Augen entgegenfunkelten.
    »Komm heraus«, sagte Njhugjr mit geschlechtsloser Stimme. »Ich habe dich längst bemerkt.«
    Steigner erstarrte. Ein Bluff? Sollte er tatsächlich gehorchen?
    Das lief ganz und gar nicht nach Plan!
    Neben dem Dämon stand wie ein Kokon eine Säule aus schwarzem Nebel. In ihr befand sich sicherlich Njhugjrs nächstes Opfer. Aber war sie nicht zu breit für nur eine
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