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0941 - Das unheile London

0941 - Das unheile London

Titel: 0941 - Das unheile London
Autoren: Adrian Doyle
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ab, aber der Platz war bereits außer Sicht, als Shipley das nächste Mal den Kopf drehte und über die Schulter zurückblickte.
    Er stolperte, fiel, schürfte sich beide Knie blutig, scherte sich nicht darum, sondern wankte weiter.
    Menschen strömten ihm entgegen, angezogen vom Geschütz- und sonstigen Lärm. Wann immer sie bemerkten, in welchem Zustand Shipley war, erstarben die Fragen, was beim Allmächtigen den hinter ihm geschehe, auf ihren Lippen.
    London war offenbar doch noch nicht ausgestorben.
    Würde es aber vielleicht bald sein, denn der Moloch aus der Erde schien unersättlich.
    Marvin Shipley hatte plötzlich furchtbaren Durst und hielt Ausschau nach einem Brunnen, die neuerdings bewacht wurden, damit das Wasser nicht von Kranken oder Leichen, die jemand aus purer Bosheit hinein warf, verunreinigt wurde.
    Der Zufall hatte ihn tatsächlich in die Nähe eines solchen geführt. Und bewacht wurde er auch nicht, weil die Wächter offenbar auch vom Treiben vor der Abtei weggelockt worden waren.
    Während Shipley auf das gemauerte Rund zuwankte, schien die Luft vor ihm zu flimmern. Seine Augen berührten - etwas wie klebriges Spinngewebe.
    Darin war der Brunnen plötzlich fort, und an seiner Stelle stand ein komisches Zelt. Tuch flatterte im Wind. Die Stadt war verschwunden, der Lärm war verstummt. Tiefe Nacht herrschte, und am Himmel blinkte das kalte Meer der Sterne.
    Plötzlich wurde die Zeltplane zurückgeschlagen, und die Umrisse einer muskulösen Gestalt erschienen im schwachen Schein des Firmaments.
    Shipley stieß einen erschrockenen Laut aus, als er sah, wie sich das Licht auf Metall spiegelte.
    Vor ihm stand eine Art Krieger.
    Und dieser Krieger hatte auch ihn jetzt entdeckt.
    Offenbar war die Überraschung auch auf seiner Seite, was ihn aber nicht hinderte, nach einer Waffe zu greifen, die an seiner Hüfte baumelte.
    Dazu rief er: »Adjuva deus!«
    Marvin Shipley verstand die Sprache nicht - aber er kapierte, was gleich passieren würde. Das Kurzschwert war schon halb aus der Scheide.
    Schneller als er es sich selbst zugetraut hätte, bückte er sich nach einem Schemen, den er am Boden sah, hob ihn auf und schleuderte ihn mit aller Verzweiflung gegen den Fremden.
    Der brach wie vom Blitz gefällt zusammen. Der Stein hatte ihn mit voller Wucht getroffen - so wie Shipley schon einmal dem Beinlosen eine Lehre erteilt hatte.
    Nur dass dieser Stein so schwer war, dass er problemlos jemandem den Schädel einschlagen konnte.
    Es schepperte, als der Mann mitsamt seiner Rüstung umkippte. Ringsum entstand Tumult. Der Schrei und der Lärm des Sturzes hatten andere alarmiert.
    Shipley handelte, als würde er wie eine Marionette an Fäden geführt.
    Er bückte sich und brachte das Schwert an sich. Bevor er damit floh, stach er einmal wuchtig auf den Gestürzten ein - auch das schien nicht seiner eigenen Idee zu entspringen.
    Über sich selbst erschrocken wandte er sich sodann zur Flucht und hörte, wie sich hinter ihm die Verfolger organisierten. Sie hatten den Gefallenen offenbar schnell gefunden. Fackelschein geisterte durch die Nacht. Heisere Schreie brachen die Stille.
    Shipley rannte und rannte, bis ihm wieder komisch zumute wurde und seine Augen erneut mit Spinnweben in Berührung zu kommen schienen.
    LICHT!
    Gleißende Sonne.
    Menschen.
    Ein unglaubliches Gedränge.
    Shipley war sicher, im Fegefeuer gelandet zu sein. Da war so viel Lärm, die Luft war voller übler Gerüche, pferdelose Wagen von bizarrster Form rollten über unwirklich glatte, gerade und saubere Straßen, und jemand rempelte ihn an.
    Er drehte sich wie ein Kreisel und riss den Arm hoch, der das Schwert hielt.
    Blut spritzte…
    2.
    Gegenwart
    Sam Tyler erwachte. Vor seinen Augen flogen Funken.
    Feuer! , war sein erster Gedanke. Er wollte sich der anderen Bettseite zuwenden, Maya warnen. Doch nachdem der erste Schreck verflogen war, wurde ihm klar, dass wohl kein Grund zur Panik bestand. Falscher Alarm , beruhigte er sich. Wobei… so richtig gut ging es ihm offenkundig nicht. Der vermeintliche Funkenregen entpuppte sich als glitzernde Punkte, die vor seinen Augen tanzten. Sam sah sprichwörtlich »Sterne«.
    Der Kreislauf. Ja, das musste es sein. Damit hatte er manchmal Probleme. Besonders extreme Wetterlagen, wie sie momentan herrschten, setzten ihm zu. Seit Tagen lag London wie unter einer dunstigen Glocke aus Hitze, Feuchtigkeit und Smog begraben.
    Tag und Nacht tobten zum Teil heftige Gewitter über der britischen Metropole, und
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