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0925 - Blutzoll

0925 - Blutzoll

Titel: 0925 - Blutzoll
Autoren: Jason Dark
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Beginn stand. Es wurde gefährlich für sie, und Shao wußte, daß es eigentlich nur eine Chance für sie gab: Sie mußte weg, fliehen. Runter von diesem Speicher. Raus aus der verdammten Falle!
    Aber es war zu spät.
    Die andere Kraft hatte das Tor bereits weit aufgestoßen. Shao gelang es noch, einen Schritt zu gehen, dann war es plötzlich vorbei. Sie kam nicht mehr vom Fleck. Den rechten Arm streckte sie noch aus, als wollte sie nach etwas greifen, aber da war nichts vorhanden, und sie schaffte es auch nicht, ihn wieder zurückzuziehen. So blieb er ausgestreckt in der Luft hängen wie ein zum Sterben verurteilter Ast…
    ***
    Jeder Mensch braucht im Ernstfall eine Schrecksekunde, da machte ich keine Ausnahme. Ehe ich bremsen konnte, jagte ein mächtiger Adrenalinstoß durch meinen Körper, und das Blut schien für einen Moment zu kochen.
    »Fahr weiter! Fahr weiter!« wiederholte der andere.
    »Wohin?«
    »Ich sage dir, wann du anhalten sollst.«
    »Verstanden!«
    Ich befand mich noch immer in der doch ziemlich geräumigen Gartenanlage, und ich hatte den Hauptweg gewählt, der relativ breit war, so daß auch zwei Wagen aneinander vorbeifahren konnten.
    Doch bei diesem Regensturz war ich allein auf weiter Flur, und es war mir gar nicht mal so unlieb.
    Der Schatten hatte mit mir Kontakt aufgenommen und ebenfalls zu mir gesprochen.
    Gesprochen?
    Bei dem letzten Wort hakten meine Gedanken. Ich glaubte nicht daran, daß es ein normales Sprechen gewesen war. Ich hatte ihn zwar gehört, war aber über den Klang seiner Stimme gestolpert.
    Wenn ein Mensch in irgendeinen Trichter oder eine Röhre hineinsprach, hörte es sich ähnlich an, und dieser Schatten hatte es verstanden, jedes Wort in meinem Kopf nachdröhnen zu lassen.
    Ich schaute auch weiterhin nach vorn. Die Frontscheibe sah ich, aber sie kam mir vor, als wäre sie dabei, sich aufzulösen. Der Regen stürzte mit einer wahren Flut auf sie herab. Die lauten Geräusche erreichten mich wie eine Warnung, als sollte ich jeden Augenblick damit rechnen, daß die Scheibe platzte. Aber sie hielt.
    Die Wischer, obwohl auf höchste Stufe gestellt, wurden der Wassermassen nicht Herr.
    Im Schrittempo rollte ich weiter. Die Reifen zerschnitten tiefe Pfützen. Die Bäume waren nur zu ahnen. Auch das Buschwerk ertrank in den Wassermassen. Hinzu kam der Dunst, der vom Boden aufstieg und sich gebildet hatte, weil das kalte Wasser gegen den aufgeheizten Boden geschleudert worden war. Es war schon so etwas wie eine kleine Hölle, durch die ich fuhr.
    Hinzu kam das Messer!
    Die Kälte der Klinge hatte nicht nachgelassen. Sie lag in meinem Nacken wie ein Stück Eis, das einfach nicht schmelzen wollte. Ich fürchtete mich davor, beim Durchfahren einer Bodenwelle aus Versehen erstochen zu werden, deshalb fuhr ich noch vorsichtiger.
    Ich bewegte mich nicht. Nur meine Blicke gingen auf Wanderschaft. Im Innenspiegel suchte ich nach einem Hinweis auf die unheimliche Gestalt hinter mir. Sie hatte sich leider so gesetzt, daß ich sie nicht sehen konnte, so blieben das Messer und die Stimme die einzigen Boten des Schattens.
    Um mich herum wurde es etwas heller. Aber nicht, weil der Regen nachgelassen hätte, sondern weil wir die Gartenanlage verlassen hatten. Es gab mehr Platz. Der Weg war nicht mehr zwischen den Parzellen eingezwängt.
    »Wo soll ich hinfahren?«
    »Anhalten!«
    Irgendwo hatte ich gehofft, daß der Schatten mir dies sagen würde. Es wäre schlecht gewesen, wenn wir uns durch den Verkehr hätten quälen müssen, der trotz des heftigen Regens noch nicht eingeschlafen war.
    Der Wolkenbruch war sicherlich bald vorbei, aber noch kippten die Wassermassen nach unten, und ich hatte immer mehr den Eindruck, in einer Sauna zu hocken, denn in dem Rover war es feucht geworden.
    Die anderen Fahrzeuge sahen für mich aus, als wollten sie ihren Weg auf einer fernen Sternenbahn finden. Ihre Scheinwerfer waren wie Kometen, die leuchtend ihre Bahn zogen und verglühten.
    Ich wußte nicht genau, warum ich gestoppt hatte. An der rechten Seite aber entdeckte ich eine dunkle Fläche. Möglicherweise eine Plakatwand. Ich erinnerte mich daran, sie auf dem Hinweg gesehen zu haben.
    Der Motor war abgestellt. Das Wasser lief über die Scheiben und ich fühlte mich wie ein Gefangener. Mein Blick fiel auf das Totenbuch, das auf dem Beifahrersitz lag.
    Noch hatte es der Schatten nicht an sich genommen. Ich ging davon aus, daß er nicht zuletzt auch wegen des Buches erschienen war und nicht nur wegen
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