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092 - Piraten im Nordmeer

092 - Piraten im Nordmeer

Titel: 092 - Piraten im Nordmeer
Autoren: Ronald M. Hahn
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geraubt und seine Knechte erschlagen. Kein Wunder, dass König Skölnir Schädelspalter eine Belohnung von zwanzig Goldstücken auf den Kopf des dreisten Piraten ausgesetzt hatte.
    Und nun näherte sich der Katamaran eben dieses Schurken erneut Tromsoy!
    Joh, dachte Swafel, das ist die Meldung, auf die Seine Majestät gewartet hat! Die Meldung, die meine Karriere vorantreiben und mich ganz nach oben bringen wird.
    Er schob sein Fernrohr eilig zusammen, raffte schnell die Siebensachen zusammen, die zur Ausrüstung eines Küstenspähers gehörten, und eilte flink durch eine Ansammlung von Findlingen zu dem ausgetretenen Weg, der ihn zu seinem Herrn brachte.
    Der Pfad führte Swafel über Stock und Stein und eine von hüfthohem Gras bewachsene Wiese. Er watete durch einen flachen Bach und rannte dann durch einen Fichtenwald bis zu einer Lichtung, wo er zu seinem Schrecken auf ein Rudel hungrig fauchender Wildkatzen stieß, die sich natürlich sofort an seine Fersen hefteten.
    Zu seinem Glück rauschte einige Dutzend Schritte jenseits der Lichtung ein Gewässer dahin, das man unter dem Namen »Fluss der tückischen Strudel« kannte. Zwar konnte Swafel schwimmen – ohne diese Fähigkeit wäre es ihm nie gelungen, in die Dienste Seiner Majestät zu treten –, doch die Strudel ergriffen ihn, kaum dass er bis zum Hals im Wasser stand. Halb ersoffen trieb er einen Kilometer von seinem Weg ab. Nachdem er sich schnaufend und spuckend ans andere Ufer gerettet hatte, lief er klatschnass weiter durch die Fortsetzung des Fichtenwaldes, bis sich eine weitere Ebene vor ihm auftat, in deren Mitte die Stadt aufragte, über die Seine Majestät herrschte.
    Die Stadt hieß Skölnirziti, da sie nach dem Inselkönig benannt worden war. Vier Meter hohe Wälle aus oben angespitzten Baumstämmen umgaben sie zu allen Seiten, sodass sie an ein amerikanisches Fort aus dem 19. Jahrhundert erinnerte. Auch die Häuser hinter den Wällen bestanden aus Holz, denn davon gab es auf Tromsoy reichlich. Der Palast Seiner Majestät bildete da keine Ausnahme.
    Als Swafel in Schweiß gebadet, mit wehendem Haar und nassen Kleidern durch das Stadttor eilte, trafen ihn viele erstaunte Blicke, und mancher Tromsoyer fragte sich, was den als Faulpelz verschrienen Burschen zu solcher Eile trieb.
    Joh, glotzt nur, dachte Swafel, als er in die Prachtstraße einbog, an deren Ende auf einem Hügel das siebenstöckige Holzbauwerk aufragte, in dem Seine Majestät den Regierungsgeschäften nachging. Schon bald werde ich der Held des Tages sein!
    Da sich unter den Torwachen der Sohn eines Schweinehirten befand, den er schon aus Kindertagen kannte, fielen die Eintrittsformalitäten gering aus. Swafel zeigte das Papier vor, das ihn als Küstenspäher auswies, und durfte passieren.
    Wenige Minuten später hastete er durch von Fackeln erhellte Gänge, vorbei an bärtigen, behelmten und mit Brustpanzern versehenen Soldaten, bis er endlich an das Portal des Thronsaals gelangte.
    Eine Wache Seiner Majestät öffnete ihm, und nachdem Swafel eingetreten und einigermaßen wieder zu Atem gekommen war, durfte er vor Skölnirs Thron knien und seine Meldung abgeben.
    »Flybusta…«, keuchte der Küstenspäher. »Seeräuber… mit einem riesigen… Katamaran… eindeutig von den Meera-Inseln…« Er streckte den rechten Arm aus und deutete in die Richtung, in der sich sein Küstenabschnitt befand. »Ich kenne das Schiff… Es wird befehligt von dem abscheulichen und blutgierigen…« Swafel setzte eine fragende Miene auf. »Wie heißt er noch mal?«
    König Skölnir war ein kleiner Mann, kaum größer als ein Halbwüchsiger, aber von einer Verschlagenheit, die im Lande der Norweja selten war. Aufgrund seines Kleinwuchses lebte er in der ständigen Furcht, der Pöbel könne hinterrücks Witze über ihn reißen. Dies hatte seinen Charakter auch nicht gerade sonnig gemacht.
    »Kapitän Orland!«, keuchte Skölnir. Er hatte den Namen des Flybusta kaum ausgesprochen, als sein Küstenspäher eifrig nickte.
    »Orland…«, wiederholte Skölnir. In der gleichen Sekunde ging eine schreckliche Veränderung mit ihm vor. Seine Wulstlippen zogen sich zurück und zeigten das spitze Gebiss und die gespaltene Zunge einer Koobra. Seine bisher runden Pupillen wurden zu senkrecht stehenden Ovalen, und aus den Fingerspitzen seiner kleinen Hände schoben sich gekrümmte Krallen hervor.
    Swafel hatte zwar gelegentlich Schauermärchen gehört, die die Abstammung Seiner Majestät betrafen, doch er hatte sie
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