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0910 - Der Totflüsterer

0910 - Der Totflüsterer

Titel: 0910 - Der Totflüsterer
Autoren: Oliver Fröhlich
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»Vielleicht war es wirklich nur eine vorübergehende Störung.«
    Zamorra sah Nicole an und nickte nur. Er wollte sie nicht mit seinen Gedanken beunruhigen. Tagelang hatte er sich den Kopf zermartert, warum Merlins Stern solche Aussetzer hatte. Mit seinen Theorien hätte er eine neunhundertzehnteilige Romanserie füllen und noch ein paar Bücher obendrauf packen können, so vielfältig waren sie.
    War Merlins Tod schuld an der Misere? Möglich! Andererseits, warum sollte die Schöpfung beim Tod des Schöpfers versagen? Als Thomas Alva Edison starb, brannten ja auch nicht alle Glühbirnen durch!
    War die Kraft der entarteten Sonne verbraucht oder neigte sich dem Ende zu?
    Oder war Taran, das Amulettbewusstsein, auf irgendeine Art dafür verantwortlich? War er wahnsinnig geworden und steuerte Merlins Stern mit der Vernunft eines Irrsinnigen? Hatte er, als er vor zwei Jahren wieder mit dem Amulett verschmolz, die Magie der Scheibe durcheinandergebracht? War er im Amulett gestorben und verwirrte es dadurch?
    Lag es an Rhetts erwachender Llewellyn-Magie? Ein eigentlich absurder Gedanke, aber es ließ sich nicht leugnen, dass die erste Fehlfunktion vor ungefähr acht Wochen in genau dem Augenblick aufgetreten war, als Rhett Saris ap Llewellyn versucht hatte, auf geistigem Wege Kontakt mit Zamorra aufzunehmen. War es dabei zu einer magischen Rückkopplung oder etwas Vergleichbarem gekommen?
    So vielfältig die Theorien waren, die Möglichkeit einer - wie hatte Nicole es bezeichnet? - einer »vorübergehenden Störung« hatte Zamorra nie auch nur im Ansatz in Betracht gezogen.
    Das Klingeln des Visofons rettete Zamorra davor, etwas zu Nicoles Hoffnung sagen und ihr damit entweder widersprechen oder sie anlügen zu müssen.
    Chefinspektor Pierre Robin war am Apparat. Der Leiter der Mordkommission von Lyon kam ohne große Vorrede zur Sache.
    »Wir haben hier eine eigenartige Serie von Todesfällen, die dich interessieren könnte. Fünf Tote in den letzten vier Wochen. Zwei durch Unfall, drei durch Selbstmord.«
    Zamorra drückte auf den Knopf für den Raumlautsprecher, dass auch Nicole am Gespräch teilnehmen konnte.
    Robin räusperte sich. »In allen fünf Fällen scheidet Fremdverschulden sicher aus. Die Unfälle und zwei der Selbstmorde ereigneten sich vor Zeugen. Insofern wäre es eigentlich recht unauffällig. Und doch…«
    »Ja?«
    »Du erinnerst dich an Clement Luynes?«
    Zamorra war von dem plötzlichen Themenwechsel irritiert. »Natürlich!«
    Clement Luynes war ein Großindustrieller gewesen, dessen Tod Zamorra Anfang des Jahres beschäftigt hatte. Der Professor hatte herausgefunden, dass ein Dämon namens Agamar vor beinahe zweitausend Jahren den Fehler begangen hatte, Lucifuge Rofocale herauszufordern. Deshalb hatte er einer Reihe mächtiger Dämonen und Konkurrenten nach und nach eine Falle gestellt, sie mit einem magischen Gift verbrannt und ihre Asche verzehrt. Dadurch übernahm er die Fähigkeiten seiner Opfer und wurde stärker und stärker. Doch nicht stark genug für Lucifuge Rofocale! Der damalige Ministerpräsident des Satans besiegte Agamar. Statt ihn zu töten, verbannte er ihn in eine winzige, einsame Schattendimension. Nach Hunderten von Jahren war es Agamar gelungen, ein Loch in sein Gefängnis zu bohren. Aber bevor der Dämon seiner Verbannung endgültig entkam, konnte ein Weißmagier mit Zamorras Hilfe die Schattendimension verschließen und dadurch vermutlich auch Agamar vernichten.
    Leider hatte der Ausbruchsversuch des Dämons einige Opfer gefordert, darunter Clement Luynes.
    »Und du erinnerst dich auch noch an Roger Luynes?«, fragte Robin.
    Zamorra konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Diesen aufgeblasenen, arroganten Fatzke? Wie könnte ich den vergessen? Warum fragst du?«
    »Er hat die Firma seines Vaters geerbt. Alle Toten waren wichtige Mitarbeiter der Firma.«
    »Was?«, entfuhr es Zamorra. Als er sah, wie Nicoles Augenbraue missbilligend in die Höhe zuckte und sie ihn anlächelte, korrigierte er sich: »Wie bitte? Fünf Leute sterben innerhalb von vier Wochen im Umfeld des Sohns eines Dämonenopfers durch Unfall oder Selbstmord? Das kann unmöglich Zufall sein!«
    »Das sehe ich auch so. Außerdem geschieht es immer schneller. Der erste warf sich vor die Metro. Neun Tage später fiel der zweite aus dem Fenster. Noch einmal sieben Tage später erhängte sich das dritte Opfer, diesmal eine Frau. Sie hinterließ einen Abschiedsbrief, der nur aus einem Satz bestand. Sie werden mich
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