Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0908 - Das Golem-Trio

0908 - Das Golem-Trio

Titel: 0908 - Das Golem-Trio
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
gekommen. Die Ruhe in der Maschine war beinahe schon unnatürlich.
    Das Erdmonstrum glotzte mich an.
    Ich schaute zurück.
    Augen befanden sich ebenfalls in diesem Gesicht. Nur waren sie nicht mit denen eines Menschen zu vergleichen. Sie glichen eher irgendwelchen künstlichen Knöpfen oder Steinen, was auch immer. Aber sie glotzten starr nach vorn.
    Ich mußte ruhig bleiben und eine Panik unter den Passagieren verhindern, wenn ich die Beretta zog und es mit einem Schuß versuchte. Das wollte ich ihnen auch sagen, denn noch war Zeit genug, und das Monster hielt sich auch zurück. Vielleicht war es auch nicht richtig fertig und würde sich auch innerlich regenerieren müssen.
    »Ladies and Gentlemen!« rief ich nach einem kräftigen Luftholen. »Was hier passiert ist, kann sich keiner von uns erklären. Ich möchte Ihnen nur sagen, daß Sie sich bisher toll verhalten haben. Ich möchte Ihnen nur sagen, daß ich Polizeibeamter bin. Erschrecken Sie bitte nicht, wenn ich gleich eine Waffe ziehen werde und auf das Monstrum schieße. Ich muß es tun, und ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis.«
    Der geschniegelte, arrogante Typ vor mir lachte. »Glauben Sie denn, daß Sie mit der Situation fertig werden?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und wenn Sie fehlen?« schrie jemand. »Wenn Ihre Kugel ein Fenster durchschlägt, dann…«
    »Ich werde nicht vorbeischießen.«
    Jemand lachte. Es klang nicht echt, sondern verdammt bedrückt. Auch mir ging es ähnlich, aber ich blieb bei meinem Vorsatz und holte die Beretta hervor.
    Sie lag gut in meiner Hand. Ich hatte mich all die Jahre auf sie verlassen.
    Ich hatte nicht übertrieben: Dieses Monstrum war nicht zu verfehlen! Ich rief den Passagieren noch zu, ihre Sitze auf keinen Fall zu verlassen. In den Gang hineinschauen, sollten sie ebenfalls nicht. Schließlich mußte ich damit rechnen, daß die Kugel den Körper durchschlug und auf der anderen Seite wieder austrat. Dabei konnte es passieren, daß sie jemanden verletzte.
    Das Lehmmonster, für mich ein Golem, was mich wieder an Prag und den alten Judenfriedhof erinnerte, auf dem ich Cigam zuletzt gesehen hatte, glotzte mich an. Es zeigte sich unbeeindruckt von der Waffe.
    Wahrscheinlich bekam es gar nicht mit, was ich vorhatte, und mein Ziel war nicht der Kopf, sondern die Brust.
    Dann schoß ich.
    Es wurde trotz meiner Vorwarnung geschrien. Die Menschen waren nicht so abgebrüht. Wer geschrien hatte, interessierte mich nicht. Für mich war einzig und allein der Golem wichtig, und in dessen breite Brust schlug die Kugel ein.
    Es sah beim Aufprall so aus, als hätte jemand eine Faust gegen die braune Masse gerammt. Ein harter, wuchtiger Stoß, der die Gestalt durchschüttelte.
    Sie hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Sie schwankte, aber sie fiel nicht um.
    Ich schoß noch einmal.
    Diesmal hatte ich höher gehalten. Dicht unter dem Hals jagte das geweihte Silbergeschoß in die Luft. Wieder franste das Einschußloch etwas aus. Die Wucht der Kugel war so groß, daß die den Körper auch durchschlug. Ob sie an der anderen Seite austrat, konnte ich nicht sehen. Zum Glück wurde niemand verletzt.
    Der Golem schüttelte sich.
    Sein Gesicht zuckte nicht. Auch in den Augen nahm ich keine Veränderung war. Er hob nur den linken Arm an und stützte sich auf einer Sitzkante ab.
    Die Echos waren verklungen. Die Maschine flog ruhig weiter. In meinem Rücken hörte ich zischelnde Stimmen, um die ich mich nicht kümmerte.
    Ein Mann sagte etwas laut und deutlich, etwas, das mir in dieser Lage überhaupt nicht gefiel.
    »Der ist kugelfest!«
    »Unbesiegbar!« rief ein anderer.
    »Wir sind verloren!« Das sagte eine Frau.
    »Mummy, guck mal, jetzt geht er!«
    Plötzlich war es vorbei mit der Ruhe. Hatte ich kurz zuvor noch einzelne Sprecher unterscheiden können, so änderte sich dies schlagartig. Was ich nicht hatte haben wollen, war eingetroffen. Die Panik jagte wie ein Windstoß durch die Kabine, und mit der Beherrschung der Menschen war es vorbei.
    Noch blieb es bei den Schreien, noch drehte niemand durch und warf sich dem Monstrum entgegen, das seine Starre abgeschüttelt hatte und den Kopf nach rechts und links bewegte, als wäre es dabei, sich irgendein Opfer auszusuchen.
    »Hier bin ich!« rief ich.
    Es schaute mich an.
    »Komm her!«
    Es kam nicht.
    Dafür ging ich auf den Golem zu. Die Waffe hatte ich weggesteckt. Jetzt konnte ich nur noch mit dem Kreuz und mit meinen Fäusten gegen den perversen Witz der Schöpfung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher