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0902 - Zurück zu den Toten

0902 - Zurück zu den Toten

Titel: 0902 - Zurück zu den Toten
Autoren: Jason Dark
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meinetwegen auch sie. Himmel, was sind schon Tote? Wir haben es doch gelernt, anders darüber zu denken, oder nicht?«
    »Das schon.«
    »Na bitte! Was macht dich so mißtrauisch?«
    »Dieser Mann.«
    Amanda winkte ab. »Er kann uns nicht gefährlich werden.« Ihre Stimme kriegte einen spöttischen Unterton. »Ausgerechnet ein Mann. Haben wir uns jemals von einem Mann die Butter vom Brot nehmen lassen? Hat uns je ein Mann gestört?«
    »Nein, das nicht.«
    »Was willst du dann?« Amanda lächelte. »Und der Mann, den wir bei uns haben, der wird sich wundern, wenn es soweit ist. Darauf kannst du dich verlassen.«
    »Ich hoffe es für uns.«
    »Das kannst du auch!« Amanda schlug mit den flachen Händen auf die Tischplatte und erhob sich. Tief atmete sie ein und sagte: »So, ich werde jetzt gehen.«
    »Wohin willst du?«
    »Frische Luft schnappen. Einen Spaziergang machen. Ich werde schauen, ob alles in Ordnung ist.«
    »Aha.«
    »Was heißt das?«
    »Nichts, Schwester. Ich bleibe hier und halte die Stellung. Soll ich einen kleinen Imbiß vorbereiten?«
    Amanda überlegte. »Eigentlich habe ich keinen Hunger, aber wenn du willst…«
    »Was denn?«
    »Nein, warte noch, bis ich zurückkomme. Dann werde ich es dir sagen.«
    Olivia war einverstanden. »Das ist gut, denn großen Hunger verspüre ich auch nicht.« Sie blieb sitzen und schaute ihrer Schwester nach, wie diese auf die Küchentür zuschritt, sie öffnete und im Flur das Licht einschaltete.
    Dort stand nicht nur, die alte Truhe, das wertvolle Erbstück, sondern auch ein Schrank, in dem die Garderobe der beiden Frauen untergebracht war. Amanda zog beide Türen auf. Sie griff zur rechten Seite hin, denn dort hingen ihre Kleidungsstücke. Die der Schwester hatten an der linken Seite ihren Platz gefunden.
    Es war zwar März, aber es war kein Frühling. Noch einmal hatte der Winter Luft geholt, und er blies seinen eisigen Atem über das Land. Es hatte wieder geschneit, und auf den Straßen war es zu Unfällen durch Glatteis gekommen. Das Wetter machte den beiden Frauen nichts aus, denn sie hatten schon seit Tagen das Haus nicht mehr verlassen.
    Amanda zog ihren Mantel an. Er bestand aus einem dunkelgrünen Stoff und umhüllte ihre Gestalt wie eine Glocke, wobei der Saum in Wadenhöhe das untere Ende bildete. Amanda band den Schal um, stellte den Kragen hoch und ging auf die Haustür zu.
    Dort drehte sie sich noch einmal um. Olivia stand in der offenen Küchentür. Sie winkte der Schwester zu. »Verlauf dich nicht! Und sei vorsichtig, damit dir nichts passiert!«
    »Aber mir doch nicht.«
    »Wer kann das wissen?«
    »Schon gut, bis gleich.«
    Olivia nickte. Sie sah, wie ihre Schwester die Tür öffnete und verschwand. Ein seufzender Atemzug verließ ihren Mund. Manchmal war das Leben eben nicht einfach, besonders nicht für sie, aber darüber wollte sie sich jetzt keine Gedanken machen…
    ***
    Das Haus der beiden Schwestern lag einsam, und zwar dort, wo Felder, Wiesen und Wald zusammenstießen. Es lag an einer Straße. Wer es erreichen wollte, mußte über einen Feldweg gehen, der zu dieser Zeit sogar befahrbar war. Taute es, war er wieder knietief und matschig.
    Amanda lächelte, als die Tür hinter ihr zufiel. Sie ging einen Schritt vor, um erneut stehenzubleiben. Ihr Blick glitt über die noch kahle Umgebung hinweg, und selbst der Wald war an derartigen Tagen anders. Ebenfalls kahl und ungemütlich, daran konnte auch die fahle Abendsonne nichts ändern, die sich hinter langen, grauen Wolkenbänken versteckte und sie rot anmalte.
    Es war kalt. Der Wind blies in das Gesicht der Frau, als wollte er ihre Haut vereisen. Das Gras hatte seine grüne Farbe verloren und wuchs wie ein brauner Pelz auf dem flachen Boden. Hoch über Amanda segelten dunkle Vögel durch die Luft. Raben oder Krähen, so genau wußte sie das nicht. Sah sie nach links, konnte sie hinter den Feldern die Landstraße erkennen, die gewissermaßen die Verbindung zur Außenwelt darstellte. Beide Frauen lebten doch recht einsam, von der übrigen Welt so gut wie abgekapselt. Sie wollten es auch nicht anders, denn sie waren auserwählt worden, und das machte sie froh.
    Amanda Serrano schlug nicht den Weg zur Straße hin ein, sondern bewegte sich in die andere Richtung, nach rechts hin, wo ein schmaler Trampelpfad ein brachliegendes Feld durchschnitt. Wenn sie dem Pfad weiter folgte, würde sie an ihr Ziel gelangen, eintauchen in den winterlichen Wald, der von irgendwelchen Spaziergängern längst vergessen
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