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0900 - Der Magier

0900 - Der Magier

Titel: 0900 - Der Magier
Autoren: Volker Krämer
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hinausschieben, aber eine Wende zum Leben konnte sie in diesem Fall nicht mehr schaffen. Merlin muss das gewusst haben. Und wenn wir ehrlich sind, dann wussten wir es auch.«
    Einen weiteren Satz ließ er unausgesprochen, doch er schwebte zwischen den beiden Lebens- und Kampfgefährten in der Luft: Dennoch, man hofft immer auf ein Wunder.
    »Mir schickt er seine Schmerzen - dir einen Traum. Wie passt das zusammen?« Zamorra war sicher, dass Merlin nichts umsonst tat - hinter all seinen oft unverständlichen Aktionen hatte es stets einen Sinn gegeben, wenn der sich auch oft erst viel später erschloss.
    Nicole Duval hatte beide Handflächen gegen ihre Schläfen gepresst, ganz so, als könne sie damit die verwehende, flüchtige Traumerinnerung wieder zurücklocken und festigen. »Alles bekomme ich nicht mehr zusammen«, meinte sie schließlich. »Aber ich weiß noch genau, dass Merlin vor mir her ging. Mit einer Hand winkte er mir zu, sprach aber kein Wort. Ach ja - er hielt Merlins Stern in der linken Hand, doch dann ließ er das Amulett achtlos zu Boden fallen. In der Rechten hielt er eine Waage, so ein altmodisches Ding. Er schien Mühe zu haben, sie nicht ebenfalls fallen zu lassen. Ich hatte den Eindruck, die Waage wurde immer schwerer und schwerer für ihn. Dann… kam ein mächtiger Schatten über Merlin, und er drehte sich um, schrie mich plötzlich an: Schütze Zamorra! Und dann war ich abrupt wach.«
    Die beiden sahen einander an. Wie passte das zusammen? Merlin lag im Sterben - und dennoch war es sein größtes Bestreben, sich um den Parapsychologen zu sorgen? Nein, bei aller Freundschaft… das sah dem Alten nicht ähnlich. Es war vielleicht ein wenig hart, Merlin als Egoisten zu bezeichnen, der sein ureigenes Süppchen kochte, das er andere oft nicht einmal probieren ließ, doch tendenziell war das sicher nicht falsch gesagt.
    Wenn er Zamorra vor einer Gefahr zu schützen suchte, dann sicherlich, weil die etwas mit seiner eigenen Situation zu tun hatte. Zamorra konnte im Allgemeinen selbst auf sich achten - das wusste Merlin sehr wohl. Doch das Fallenlassen von Merlins Stern , die symbolische Schicksalswaage, all dies hatte sicher eine Bedeutung.
    »Kannst du dich erinnern, in welcher Umgebung sich Merlin im Traum befunden hat? Vielleicht Caermardhin, also in Wales? Oder war die Gegend neutral?« Zamorra versuchte alle Informationen aus dieser Traumszenerie zu ziehen.
    Nicole wiegte den Kopf hin und her. »Caermardhin war es sicher nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht vielleicht…« Sie stockte kurz. Dann stand sie langsam auf, denn plötzlich war sie sich ihrer Erinnerung absolut sicher. Sie ging ein paar Schritte hin und her. »Weit hinter Merlins Gestalt konnte ich ein Objekt erkennen - riesig groß, unverkennbar! Zamorra, es war der Kokon, der um Armakath liegt! Und der Schatten… er kam direkt aus dieser Richtung.«
    Professor Zamorra griff nach Nicoles Händen. »Ich glaube, der alte Zausel wartet dort auf uns. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie er noch einmal die Kraft entwickeln will, um aus der Regenerationskammer zu kommen. Nun, eigentlich ist das gleichgültig, jedenfalls denke ich, wir wissen, was zu tun ist.«
    Nicole war viel zu müde, um ein Veto einzulegen. Es hätte ihr sowieso nichts genützt.
    Denn wenn Merlin rief…
    ***
    Eupha blickte sich um. Ihr Reittier stand apathisch einige Schritte von ihr entfernt. Das Tier hatte seinen Körper in eine Art Ruhezustand versetzt, denn so konnte es die sengende Hitze viel besser ertragen.
    Eupha hingegen schwitzte unsäglich. Sie trug die gelbe Toga heute nur mit Widerwillen. Der feine Stoff klebte an ihrem verschwitzten Körper - es war einfach nur unangenehm. Eigentlich kann sie es nicht anders, denn schließlich war sie ein Kind dieser Wüstenwelt. Heute jedoch brannte der Stern oben am Himmel extrem heiß. Eupha beneidete ihre normalen Brüder und Schwestern, die sich an solchen Tagen in den Oasen vergnügten, die ohne jede falsche Scham ihre Kleidung ablegten und das kühlende Nass genossen.
    Für Eupha war das unmöglich, denn sie war die Enkeltochter von König Neth, und kein Mitglied der königlichen Familie durfte sich nackt zeigen - das war einfach undenkbar!
    Hier oben jedoch, auf dieser Düne, da war ja niemand außer ihrem faulen Reittier.
    Eupha sah sich noch einmal verstohlen um und streifte dann schnell die klitschnasse Toga ab. Die Sonne brannte sich nun direkt in ihre Haut hinein, doch wer auf dieser Welt
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