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090 - Moerderische Knochenhaende

090 - Moerderische Knochenhaende

Titel: 090 - Moerderische Knochenhaende
Autoren: Frank Sky
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etwas sein, dann rufen Sie mich bitte an“, sagte der Arzt. Adriano di Cosimo brachte ihn bis zum Wagen, während Carlotta Vespari es übernahm, dem Nachbarn zu berichten, was vorgefallen war. Dabei achtete sie sorgfältig darauf, daß sie ihn nie zu vertraulich ansprach.
    „Ich habe vorgeschlagen, die Polizei zu verständigen“, schloß die Erzieherin. „Ich bin der Ansicht, die Kriminalpolizei sollte den Fall untersuchen.“
    „Hm“, machte die Abbaccio. „Und was dann? In meinen Augen ist das ein ziemlich dummer Teenagerstreich.“
    Silvana und Julia erröteten. Beide erhoben sich voller Zorn. Die sensiblere Julia war sprachlos, aber Silvana überfiel den Nachbarn mit einem wütenden Redeschwall, in dem sich ihr ganzes Temperament entlud.
    Sie wurde unterbrochen, als die Marchesa unvermittelt hereinkam. „Was ist hier los?“ fragte sie herrisch.
    „Der Teufel“, erwiderte Adriano ironisch. „Er sitzt auf Silvanas Zunge und gibt Gas.“
    „Idiot“, sagte Silvana verächtlich.
    „Ich bestehe darauf, daß Polizei hinzugezogen wird“, erklärte Carlotta Vespari. „Sie soll den Fall untersuchen.“
    Die Marchesa griff sich ans Herz.
    „Nein“, entgegnete sie scharf. Tiefe Falten bildeten sich in ihren Mundwinkeln. „Polizei will ich hier nicht sehen, es gibt gerade Aufregungen genug.“
    „Marchesa, bitte, verstehen Sie doch. Dies ist kein Streich, der so ohne weiteres…“
    „Können Sie denn keine Rücksicht auf meine Gesundheit nehmen?“ schrie die Marchesa mit schriller Stimme. „Ich bin bestürzt über Ihr Benehmen, Signorina Vespari. Ich will keine Polizei, und in diesem Haus bestimme immer noch ich.“
    „Weshalb wollen Sie unbedingt die Kriminalpolizei holen?“ erkundigte Piero di Abbaccio sich.
    „Liegt das nicht auf der Hand?“ fragte Carlotta. „Ich bin neu hier, der Verdacht könnte doch auf mich fallen.“
    Marchesa Luisa di Cosimo blickte die Erzieherin überrascht an. Sie schüttelte den Kopf und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    „Machen Sie sich bitte keine Sorgen, meine Liebe. Sie würde ich nie verdächtigen, etwas so Häßliches getan zu haben.“
    Carlotta Vespari senkte den Kopf. Sie verschränkte die Hände unschlüssig ineinander.
    „Wer kann denn überhaupt so etwas tun?“ fragte sie.
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte die Marchesa fast heiter. „Lassen wir das Thema jetzt. Ich habe es schon fast vergessen. Habt ihr gehört, daß Liebermann in der Oper von Florenz inszenieren soll? Ich bin ganz außer mir. Endlich einmal wieder ein Intendant, der wirklich etwas von seinem Fach versteht.“
    „Ihnen scheint es wirklich wieder besser zu gehen“, sagte Piero di Abbaccio lächelnd.
    Julia legte schüchtern ihre Hand auf den Arm der Erzieherin.
    „Carlotta, könnte ich Sie einen Moment sprechen?“
    „Gern, komm, wir gehen nach draußen.“
    Sie wechselte mit Piero di Abbaccio einen kurzen Blick, der sagen sollte, daß ihre Gefühle füreinander noch dieselben waren wie in der Nacht zuvor. Gemeinsam mit Julia ging sie in den Park. Sie schlenderten einige Minuten lang schweigend nebeneinander her, bis die Siebzehnjährige endlich den Mut fand, zu beginnen.
    „Carlotta – ich habe Angst“, sagte sie. Die Erzieherin erwiderte nichts, sondern sah sie nur stumm an, um sie dazu aufzumuntern, weiter zu reden.
    „Ich … ich beginne an meinem Verstand zu zweifeln, Carlotta.“
    „Warum?“
    „Ich habe in den letzten Tagen Dinge erlebt, die einfach nicht wahr und wirklich sein können.“
    „Du bist ein gesundes, geistig normales Mädchen.“
    Julia hängte sich bei der Erzieherin ein. Zunächst stockend, dann aber immer flüssiger, berichtete sie, was sie in der Kapelle durchgemacht hatte.
    „Ich weiß, daß ich an der Tür war, sie war wirklich verschlossen. Ich weiß, daß diese Truhe wirklich in der Kapelle gestanden hat. Ich begreife nicht, warum sie jetzt verschwunden ist.“
    „Julia – ich halte es für wahrscheinlicher, daß du beim Einschlag des Blitzes einen Schock erlitten hast. Alles andere, was du glaubst gesehen, gehört und gefühlt zu haben, ist so etwas wie ein Traum. Es kann nicht anders sein.“
    „Warum sollte ich so etwas träumen?“
    „Weil dieses Mädchen aus dem Dorf in der Kapelle ermordet worden ist. Du bist mit diesem Ereignis nicht fertig geworden, und dein Unterbewußtsein hat dir deshalb etwas vorgegaukelt, um dir ein Ersatzerlebnis zu liefern, um dir eine Vorstellung davon zu geben, was in jener Nacht geschehen sein
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