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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III
Autoren: Karl May
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bedachten wir uns nicht lange und nahmen seinen Vorschlag an. Noch war keine halbe Stunde vergangen, so zogen sie, ihre Pferde führend und mit Feuerbränden in den Händen, durch das Dunkel des Waldes ab, und wir gaben ihnen Kolma Putschi mit, welche uns nach ihrer Rückkehr meldete, daß die Utahs wirklich fort seien und keine hinterlistige Absicht gegen uns hegten. Nun löschten wir das Feuer aus und legten uns schlafen; die Wache im Engpaß wurde aber die ganze Nacht unterhalten. Old Surehand schien, ohne gefragt zu werden, uns nicht sagen zu wollen, wie er wieder in die Hände der Utahs geraten war; wir aber wollten ihn nicht durch Fragen kränken, und so wurde die Sache totgeschwiegen.
    Wir warteten fast den ganzen Vormittag, ohne daß der ‚General‘ kam; da stieg der Gedanke in uns auf, daß wir von den Utahs belogen worden seien. Es war ja möglich, daß er gar nicht nach Devils-Head geritten war. Es blieb uns keine andere Wahl: wir mußten hin.
    Es war das zu Pferd ein außerordentlich schwieriger Weg. Harbour hatte recht gehabt, als er ihn als solchen beschrieb. Es ging immer zwischen ganz engen Felsenwänden oder an Abgründen hin, Kolma Putschi als Führerin voran. Wir mußten die größten Anforderungen an unsere Pferde stellen. Wir waren schon über zwei Stunden so geritten, als Kolma Putschi sagte, daß es nur noch eine gute halbe Stunde dauern werde. Kaum hatte sie das gesagt, so ertönte vor uns ein Ruf. Wir sahen einen Reiter, welcher um eine Biegung herum uns entgegenkam; es war der ‚General‘. Sein erster Ruf hatte unserer Führerin gegolten, an welcher sein Auge voll Entsetzen hing. Dann erblickte er mich, der ich hinter ihr ritt.
    „Alle tausend Donnerwetter, Old Shatterhand!“ schrie er auf.
    Er lenkte sein Pferd um, wozu er grad noch Raum hatte, und verschwand.
    „Ihm nach! Rasch, schnell! Was das Pferd laufen kann!“ rief ich Kolma Putschi zu. „Wenn er uns jetzt entkommt, sehen wir ihn nie wieder!“
    Sie spornte ihr Pferd an, und nun begann eine so halsbrecherische Jagd, daß mir noch jetzt graust, wenn ich daran denke. Wir waren hinter ihm; aber er trieb sein Pferd zu rasender Eile. Bald sahen wir ihn und bald nicht, je nachdem der Weg in gerader Richtung ging oder sich krümmte. Winnetou folgte mir. Noch nicht eine Viertelstunde hatte diese Hetze gedauert, so öffnete sich der Engweg auf einen breiten Querpaß. Der ‚General‘ lenkte rechts um. Kolma Putschi folgte ihm, drehte sich aber um und rief mir zu:
    „Einige nach links, ihm entgegen.“
    Ich lenkte also nach dieser Richtung und bedeutete Winnetou:
    „Du wieder rechts! Wir zwei sind genug!“
    Die beiden Wege führten, wie aus Kolma Putschis Verhalten zu schließen war, später jedenfalls wieder zusammen, und so mußten wir den Flüchtling zwischen uns bekommen. Ich ritt so schnell, wie der Weg es erlaubte, wieder zwischen Felsen hin, welche höher und immer höher wurden, und nahm, um für alles gerüstet zu sein, den Stutzen in die Hand.
    Jetzt erreichte ich eine Stelle, wo links ein tiefer Abgrund gähnte und rechts eine tief eingeschnittene, natürliche Schneuße fast gradlinig in die Höhe führte. Da hörte ich den Galopp eines Pferdes, welches mir entgegenkam. Es erschien um die Rundung; der Reiter war der ‚General‘. Er sah den Abgrund an seiner Seite, mich mit dem Gewehr vor sich und stieß einen gräßlichen Fluch aus. Fast noch im Galopp, warf er sich vom Pferd herunter und sprang in die Schneuße. Ich konnte ihn erschießen, wollte ihn aber lebendig haben. Da erschien auch zunächst Winnetou und Kolma Putschi, welche, wie ich auch, ihre Pferde parierten.
    „Hier hinauf ist er!“ rief ich. „Kommt nach, kommt nach!“
    „Das ist das Devils-Head“, antwortete Kolma Putschi. „Da gibt es keinen andern Weg als diesen. Er ist unser!“
    Nun ging ein Klettern los, welches einem Gemsjäger Ehre gemacht hätte. Der ‚General‘ war uns nur wenig voraus. Sein Gewehr hinderte ihn; er warf es fort. Ich hatte nur den Stutzen übergehängt, den Bärentöter aber unten gelassen. So arbeiteten wir uns höher und höher. Die Schneuße wurde enger und hörte da auf, wo ein schmaler Steinsims seitwärts führte. Auf diesem klimmte der ‚General‘ weiter; ich folgte ihm. Es war zum Schwindeln. Der Sims hatte eine Unterbrechung; es galt einen Sprung von fast Manneslänge. Der Flüchtling wagte ihn in seiner Angst; er erreichte auch den jenseitigen Stein; aber dieser hing nicht fest mit der Felsenmauer zusammen;
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