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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III
Autoren: Karl May
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betrogen zu haben, als wir dich als Gast bei uns aufgenommen hatten?“
    „Nein!“
    „Hast du unsere Krieger mit ermordet?“
    „Nein!“
    „Uff! Du wirst meine Antwort auf dieses Leugnen gleich zu hören bekommen!“
    Der Osage trat zu uns und fragte:
    „Warum wollen meine Brüder diesen Menschen mit hinauf nach dem Devils-Head nehmen? Brauchen sie ihn da oben?“
    „Nein“, antwortete Winnetou.
    „Ist er euch notwendig in irgendeiner andern Weise?“
    „Nein.“
    „So hört, was Schahko Matto euch zu sagen hat! Ich bin mit euch hierhergeritten, um zu rächen, was damals an uns verübt worden ist. Wir haben Tibo taka gefangen, und wir werden auch den ‚General‘ ergreifen. Ich bin bisher zu allem still gewesen. Jetzt weiß ich, daß ich den ‚General‘ nicht bekommen kann, weil die Rache anderer größer als diejenige der Osagen ist. Dafür will ich diesen Tibo taka haben; ja, ich will und muß ihn haben, heut, gleich jetzt! Ich will ihn nicht töten, wie man einen Hund abschlachtet. Ich habe gesehen, wie ihr handelt und daß ihr selbst demjenigen, welcher den Tod verdient, Gelegenheit gebt, für sein Leben zu kämpfen. Er gehört mir; ich sage es; aber er soll sich wehren dürfen! Beratet darüber! Überlaßt ihr ihn mir, so mag er mit mir kämpfen; seid ihr aber nicht damit einverstanden und wollt ihn schützen, so erschieße ich ihn, ohne euch zu fragen. Ich gebe euch eine Viertelstunde Zeit. Tut, was ihr wollt; aber ich halte mein Wort! Soll ich nicht mit ihm kämpfen, so erschieße ich ihn! Ich habe gesprochen. Howgh!“
    Er ging ein Stück zur Seite und setzte sich dort nieder. Sein Antrag kam uns ganz unerwartet. Er mußte ernst, sehr ernst genommen werden, denn wir waren fest überzeugt, daß er jedes seiner Worte einlösen werde. Der Fall war sehr einfach: Erlaubten wir den Kampf nicht, so war Thibaut in einer Viertelstunde eine Leiche; erlaubten wir ihn, so konnte er sich wehren und sein Leben retten. Unsere Verhandlung war also kurz; sie dauerte kaum fünf Minuten; der Kampf sollte stattfinden. Thibaut weigerte sich freilich, darauf einzugehen; als er aber merkte, daß es dem Osagen Ernst mit dem Erschießen war, fügte er sich. In Beziehung auf die Waffen war Schahko Matto stolz genug, die Wahl seinem Gegner zu überlassen; dieser entschied für die Kugel. Es sollte jeder drei Schüsse auf Winnetous Kommando haben, mehr nicht; die Schüsse waren zu gleicher Zeit abzugeben, und zwar auf die Entfernung von fünfzig Schritten.
    Ich steckte draußen im Tal diese Distanz ab; dann wurde an jedem Endpunkt der Linie ein Feuer angezündet, damit das Ziel gesehen werden könne. Wir banden Thibaut die Hände los; an die Füße bekam er einen Riemen, der ihm bequem zu stehen, auch langsam zu gehen, aber nicht zu fliehen erlaubte. Hierauf gaben wir ihm sein Gewehr und drei Kugeln und führten ihn an seinen Platz. Wir waren natürlich alle auf dem Plan; nur die Squaw war am Lagerfeuer sitzengeblieben.
    Als Winnetou das Zeichen gab, fielen die beiden Schüsse fast wie einer; keiner hatte getroffen. Thibaut lachte höhnisch auf.
    „Lacht nicht!“ warnte ich ihn. „Ihr kennt den Osagen nicht! Habt Ihr für den Fall Eures Todes einen Wunsch? Habt Ihr einen Auftrag, den wir ausfüllen können?“
    „Ich wünsche, daß, wenn ich erschossen werde, auch euch alle der Teufel holen möge!“
    „Denkt an die Squaw!“
    „Denkt Ihr an sie; mich geht sie nichts mehr an!“
    „Well! Jetzt eine Frage: Der ‚General‘ ist Dan Etters?“
    „Fragt ihn selbst, nicht mich!“
    Er legte das Gewehr wieder an; Winnetou gab das Zeichen und die Schüsse krachten. Thibaut wankte, griff mit der Hand nach der Brust und sank nieder. Winnetou beugte sich zu ihm nieder und untersuchte seine Wunde.
    „Wie auf zwei Schritte getroffen, genau in das Herz; er ist tot“, sagte er.
    Der Osage kam langsamen Schrittes herbei, sah ihn an, ohne ein Wort zu sagen, ging zum Lagerfeuer und setzte sich dort nieder. Er war wieder nicht getroffen worden; wir aber hatten wieder ein Grab herzustellen, eine Arbeit, an welche sich Hammerdull und Holbers auf der Stelle machten. Die Squaw ahnte nicht, daß sie jetzt Witwe war; der Verlust, welcher sie jetzt betroffen hatte, war aber jedenfalls mehr ein Gewinn für sie.
    Über die nun folgende Nacht kann ich hinweggehen; es geschah nichts, was ich erwähnen müßte; am Morgen brachen wir ebenso zeitig wie gestern auf. Apanatschka ritt neben seiner Mutter und sprach sehr viel mit ihr, doch
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