Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0897 - Monster-Maar

0897 - Monster-Maar

Titel: 0897 - Monster-Maar
Autoren: Simon Borner
Vom Netzwerk:
still und der wolkenverhangene Himmel klärte sich auf. Erschöpft fiel Zamorra auf die Knie.
    ***
    »Glauben Sie, dass sie recht hatten? Dass der Garten Eden wirklich eine Dimension ist, in die man Tore öffnen kann?«
    Astrid Lessbrück sah Zamorra fragend an. Sie saßen in Mendig, im Gasthof Zur Krone , an einem der schweren Holztische im Schankraum, und sprachen über das Erlebte. Ulrich und Franz waren da, Hedi und Nicole, Astrid und Zamorra. Struttenkötter war längst nach Koblenz zurückgekehrt, wo ihn seine Steine und Studenten beschäftigt hielten und von den dramatishen Geschehnissen ablenkten.
    Die Fenster waren geöffnet, um den beißenden Gestank der frischen Farbe nach draußen zu lassen.
    Vor Zamorra, Nicole und den Lessbrücks stand ein großer Teller mit Schinkenbroten, nach dem aber niemand zu greifen wagte. Zu tief saßen die Narben der jüngsten Vergangenheit, als dass ihnen allen der Sinn nach einem geselligen Gelage gestanden hätte. Immerhin hatte es einen Toten gegeben in der Mendiger Familie.
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Glauben ist eine Sache, die man nicht diskutieren kann. Entweder man tut es, oder man lässt's. Was ich aber weiß, ist dies: Bauerschwan und sein kleiner okkulter Zirkel, so fehlgeleitet er auch war, befand sich grundsätzlich gesehen auf dem für sie richtigen Weg. Sie wollten ein Dimensionstor öffnen, und genau das ist ihnen gelungen, nicht zuletzt dank der wirklich umfangreichen Bestände an okkulter Literatur, die im Kloster lagerten.«
    »Aber dieses Ding«, sagte Astrid, und ihre Stimme klang fast flehend. »Dieses Maar-Monster. Das kann doch nicht aus Eden stammen!«
    Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf Zamorras Züge, als er antwortete: »Nur weil man ein Telefon besitzt, heißt das nicht, dass man sich nicht auch mal verwählt, oder?«
    »Und die Nazis? Und dieses Flugzeug?«
    »Über die Versuche der Nationalsozialisten, sich vor und während des Zweiten Weltkrieges mit Hilfe okkulter Methoden einen Machtvorteil zu verschaffen, sind schon ganze Bücher geschrieben worden«, dozierte der Professor sachlich. »Organisationen wie der Thule-Orden und die Vril-Gesellschaft haben, so wird ihnen zumindest nachgesagt, entsprechende Forschungen betrieben, von denen das NS-Regime zu profitieren hoffte. Nicht selten motiviert von theosophischen und okkulten Texten, welche Stärke, Macht und die Fähigkeit versprachen, andere kontrollieren zu können.«
    Astrid nickte langsam. »Sie meinen also, die Werke von Blavatsky und Co. mussten damals für eine Fehlinterpretation herhalten.«
    »Damals und heute«, betonte Zamorra. »Aber… was Autoren und Denker wie Helena Blavatsky und Edward Bulwer-Lytton mit ihren Schriften wirklich beabsichtigten, liegt doch ohnehin immer im Auge des Betrachters. Man kann sie schlecht fragen.«
    Astrid schwieg einen Moment, dann hob sie den Kopf und blickte Zamorra und Nicole an. »Danke«, sagte sie leise.
    »Danken Sie nicht uns«, sagte Nicole ruhig. »Danken Sie Franz für die Warnung. Und danken Sie Holger. Ohne sein selbstloses Opfer wären wir alle nicht mehr hier.«
    Ulrich Lessbrück seufzte, dann erhob er sich und ging zur Theke. »Wat sull mer maache«, murmelte er leise und nahm einen Satz Biergläser aus dem Regal hinter dem Tresen. Langsam und mit geübten Handgriffen begann der Wirt zu zapfen. Niemand sprach ein Wort, und doch fühlte Zamorra eine Art stilles Übereinkommen zwischen ihren Gastgebern.
    Wenige Minuten später standen sechs Bier auf dem Tisch, sechs kühle, frische Gläser Basalt-Bräu. Mit festem Griff hob Ulrich ein Glas empor und prostete ihnen zu. »Auf Holger«, sagte er mit leiser, aber fester Stimme, dann nahm er einen tiefen Zug.
    »Auf Holger«, stimmten die anderen ein.
    Stunden später, als Zamorra und Nicole auf der Autobahn gen Heimat rasten, stellte Nicole die Frage, mit der der Professor schon gerechnet hatte. »Was meinst du, was jetzt passiert?«
    Zamorra hielt das Lenkrad des Jaguars fest und schaute nach links, während draußen die letzten Ausläufer der Eifel am Wagenfenster vorbeizogen. Zärtlich lächelte er seine Gefährtin an. Er verstand, was sie meinte: Was passierte mit den Lessbrücks. »Die kommen schon klar«, antwortete er. »Das sind starke, bodenständige Menschen. Hedi, Ulrich, Franz und Astrid - die schaffen das.«
    »Meinst du wirklich?«, fragte sie besorgt. Die Gefahren waren gebannt und überstanden, doch die Folgen für die Lessbrücks waren schwer. Schwer und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher