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0895 - Schattenkiller

0895 - Schattenkiller

Titel: 0895 - Schattenkiller
Autoren: Jason Dark
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Ziehen im Arm, wo ein bestimmter Nerv malträtiert worden war.
    Lucille drehte sich um.
    Die Tür war dunkel. In diesem verdammten Haus war sowieso alles dunkel. Ein Haus, das sie nicht mochte, das aber zu ihrem Erbe zählte. Sie hätte es am liebsten verbrannt oder in die Luft gesprengt.
    Lucille wußte, daß sie sich das nicht leisten konnte. Sie war gefangen in diesem verfluchten Kreis, und sie würde noch einen letzten Versuch unternehmen, um dem Schatten zu entkommen.
    Dabei hatte die Flucht geklappt. Ich habe nur den Fehler begangen, dachte sie, in dieses Haus zu laufen. Ich hätte es nicht tun, sondern mich irgendwo verkriechen sollen. Tief in der Erde verstecken, in einer Höhle, wo ich…
    Endlich war die Tür offen.
    Zweimal hatte Lucille es probiert, und die Tür hatte immer wieder geklemmt. Jetzt war sie aus dem Schlafraum heraus und fand sich in diesem hohen Wandelgang wieder, in dem sie sich ebenfalls so schrecklich verloren vorkam. Wenn sie die Arme seitlich ausstreckte, war es ihr nicht möglich, die Wände zu berühren. Sie sahen düster aus, sie waren alt, und sie sahen aus wie graue Fahnen, die an ihr vorbeiglitten. Dabei war sie es, die lief, und sie hörte das Schmatzen der Sohlen auf dem glatten Gestein. Ihr Kopf bewegte sich, sie tat es nicht mal bewußt, es kam ihr vor wie eingeimpft. Stets nach rechts und nach links schauen, auf der Suche nach irgendwelchen Verfolgern, denn so etwas war sie gewohnt.
    Verfolger im Nacken!
    Nie direkt spürbar, aber Augen, die sie belauerten. Dort, wo sie herkam, war sie nicht akzeptiert worden. Man hatte sie kontrolliert, ständig unter Beobachtung gehalten, auch wenn die anderen so getan hatten, als wäre dies nicht wahr.
    Lucille lief weiter. Nicht sehr schnell, sie schonte ihre Kräfte, aber die Bilder der Erinnerung konnte sie nicht vertreiben. Die waren in ihrem Gedächtnis wie eingraviert, und es kam ihr vor, als wäre sie in der Lage, sie abrufen zu können. Jedes Bild stand für eine winzige Dauer da, bevor es verschwand.
    Die enge Kammer - der Schnee draußen - die anderen Frauen - die bösen glatten Gesichter - die verkniffenen Lippen - manchmal ein wissendes Lächeln - die taxierenden Blicke…
    Es war nie groß darüber gesprochen worden, aber all diese Dinge hatten Lucilles Angst aufgewühlt.
    Kleinigkeiten, die sich zu einer gewissen Summe addierte hatten, und unter dem Strich war dann ihre schreckliche Angst geblieben.
    Sie war geflohen.
    Mitten in der Nacht.
    Einfach weggelaufen. Dabei hatte sie auf ihr Glück vertraut, und dies nicht zu Unrecht, denn es war ihr gelungen, ein Auto anzuhalten. Dessen Fahrer hatte sie weggebracht. Zusammen mit seiner Frau war er unterwegs gewesen, und die Dankbarkeit der jungen Frau diesen Leuten gegenüber war grenzenlos.
    Lucille bekam einen Schub. Diesmal erwachte sie aus ihren Tagträumen und fand sich wieder in der Düsternis der großen Schloßhalle, dem Zentrum des Baus.
    Sie war nicht leer, aber die wenigen Möbelstücke verloren sich in dieser grauen, schattigen Weite.
    Bis hierher hatte sie es geschafft. Lucille war nicht froh darüber, nur ein wenig erleichtert. Sie drehte sich und schaute den Weg zurück, aber es war niemand zu sehen, der ihr gefolgt wäre. Kein Schatten mit roten Augen bewegte sich lautlos über den Steinboden. Die Stille hielt sie fest. Sie umschmiegte sie. Hier war das Rauschen der Wellen nicht mehr zu hören. Die dicken Mauern hielten alles ab.
    Lucille erholte sich. Sie hatte es eilig, aber sie wollte nicht in Panik verfallen. Sie mußte nachdenken und zu einem Ergebnis kommen, um dann das Richtige zu tun.
    Urplötzlich fielen ihr wieder die Sätze aus dem Traum ein. So ungemein schnell und motivationslos, daß sie zusammenzuckte und sich duckte. Ihr Gesicht verzog sich. Sie dachte dabei an eine geistige Folter, die sie sich selbst zufügte. Es gab einfach keinen Grund, so zu denken, nur konnte sie nicht anders.
    »Warum hört das nicht auf?« fragte sie keuchend und schaute gegen die hohe Decke. »Was habe ich euch denn getan? Was ist denn los? Warum hört es nicht auf…?«
    Die Decke schwieg. Keine Antwort. Stille, die dumpfe Ruhe zwischen den alten Wänden, die eine gewisse Kühle abstrahlten und sie umfaßten wie kalte, tödliche Schatten.
    Lucille ging weiter. Mechanisch bewegte sie sich auf das Portal zu. Eine hohe Tür, verziert mit Schnitzereien, passend zum Château, aber von ihr nicht gemocht.
    Mit beiden Händen mußte sie die Tür aufziehen. Dabei holte sie tief
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