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0893 - Der Atem des Bösen

0893 - Der Atem des Bösen

Titel: 0893 - Der Atem des Bösen
Autoren: Adrian Doyle
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Seite eilte und ihn Schritt für Schritt auf den makabren Tatort zu begleitete.
    »Wer ist der Mann?«
    »Ein Angestellter namens Simon Kennedy. Er war für mehrere Säle auf diesem Flügel zuständig.«
    »Angehörige?«
    »Ledig, keine Kinder - wenigstens das nicht. Seine Eltern leben beide noch - in einem Seniorenstift in Chelsea. Sie wurden noch nicht verständigt. Nichts von dem, was hier passiert ist, wird an die Öffentlichkeit dringen. Ich habe absolute Informationssperre verhängt. Der Tod des Mannes wird sich nicht dauerhaft verheimlichen lassen, aber die Umstände, unter denen er erfolgte… Aber das sehen Sie ja selbst. Wer könnte damit an die Presse gehen?«
    Oh, dachte Zamorra, da gäbe es gewiss einige, die sich danach geradezu die Finger lecken würden. In erster Linie die Journaille selbst natürlich.
    »Wer hat ihn gefunden?«
    Hogarth schien neben ihm kurz ins Wanken zu kommen. Zamorra ahnte es mehr, als dass er es sah. Sein Blick war nach vorne gerichtet. Auf den stehenden Toten, der regelrecht mit dem Gemälde verschmolzen war. Sein Kopf jedenfalls.
    »Ein anderer Nachtwächter.« Hogarth kramte einen Notizblock aus der Tasche, blätterte darin und fügte nach einer Weile hinzu: »Malfoy Cummings. Der wiederum von einem dritten Kollegen entdeckt wurde.«
    »Was heißt das«, fragte Zamorra, ohne den Blick von dem bedauernswerten Toten zu lösen, »ist er ebenfalls tot?«
    »Nein. Nur zusammengeklappt. Sein Kollege Carl Christie fand ihn bewusstlos mitten auf einem Gang liegen, ein gutes Stück von hier. Wie sich inzwischen herausstellte, war Cummings wie von Sinnen davon gestürmt, nachdem er das hier entdeckt hatte. Irgendwann machte sein Kreislauf das nicht mehr mit. Er kollabierte, ist aber außer Gefahr, wie der Notarzt mir versicherte. Er wartet in einem der Büros und wird, ebenso wie alle anderen Bediensteten, bereits von uns befragt… Mit aller gebotenen Rücksichtnahme, versteht sich«, schob Hogarth hinterher, als ahnte er, dass es nicht sonderlich gut ankam, wenn es so klang, als würde die Polizei ihre Ermittlungen über das Wohl derer stellen, die hier zu den Mitbetroffenen gehörten.
    Zu den Opfern, auch wenn sie glimpflicher davongekommen waren als dieser Mann hier.
    Simon Kennedy.
    Ledig, keine Kinder.
    Ein geringer Trost für ihn selbst.
    Zamorra blieb stehen, als ihn nur noch drei Schritte von der Wand trennten, an der Kennedy klebte.
    Nicht wirklich an der Wand, sondern Millimeter davor, an dem aufgehängten Gemälde, das eine Szene mit mehr als einem halben Dutzend Menschen zeigte, wie sie sich vor langer Zeit sonst wo in England hätte abgespielt haben können.
    Ein Schmied und seine Helfer, dazu wahrscheinlich seine Frau mit mehreren Kindern, die ihm bei der Arbeit zusahen.
    Zamorra konnte sich eines Schauderns nicht erwehren.
    Glühendes Eisen wurde auf dem Gemälde über eine Esse gehalten. Und in dieser Feuerstelle…
    ... lag nicht nur Kohle in roter Glut, sondern auch - Simon Kennedys fast zur Unkenntlichkeit verbrannter Kopf!
    ***
    Das Gemälde hieß The Iron Forge, »Die Eisenschmiede«, wie der herbeigeeilte Direktor des Tate Britain zu berichten wusste. »Der Maler, ein gewisser Joseph Wright, schuf es im 18. Jahrhundert. Wir haben mehrere seiner Werke in der Ausstellung«, schloss Brunswick leise seine Ausführungen, so als fürchtete er, das, was hier wirkte - wütete! - könne durch ein zu lautes Wort neuerlich aufgeschreckt werden. »Aber keines hat sich so… so verändert wie dieses!«
    Verändert , hallte es in Zamorra nach. Ja, etwas stimmte wohl wahrhaftig nicht mehr mit dem Gemälde. Etwas war vollkommen falsch daran, das war auf den ersten Blick zu erkennen - ganz abgesehen von dem Mann, den es umgebracht hatte.
    Das Feuer war nicht echt, konnte es nicht sein, und dennoch hatte es Simon Kennedy getötet. Hatte ihn verheert, seine Haut geschwärzt und schrumpeln lassen wie eine reale Flamme.
    Darüber hinaus aber war das Gemälde in seiner Gesamtheit… entartet!
    Entartet - das traf es weit besser als »verändert«. Zum einen war das Bild mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit künstlich »aufgebläht« worden und bedeckte eine Wandfläche von geschätzten zehn Quadratmetern. Und zum anderen entsprach der visuelle Effekt, den es hatte, nicht mehr dem eines in Ölfarben gemalten, vom Zahn der Zeit angenagten Kunstwerks, sondern vielmehr dem einer gestochen scharfen Fotografie.
    Merlins Stern erwärmte sich schwach. Aber es war kein Vergleich
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