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0891 - Geschenk der Götter

Titel: 0891 - Geschenk der Götter
Autoren: Unbekannt
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von den Wütenden dort zerrissen. Den Priestern deines Gefolges ergeht es nicht anders", erklärte Menketre mit einem Gesichtsausdruck, als sei sein Kopf aus Bronze. „Es dauert nicht lange", versicherte Hesirä abschwächend. „Die Menge ist sehr zornig. Mir scheint, daß die Götter abermals auf deiner Seite waren, Pharao Chnemu Chufu."
    „Hathor!" flüsterte Chufu nach einer Weile. Er war völlig in sich gekehrt. „Horus! Ich habe es nicht glauben wollen. Dein Traum, Göttin! Ich habe nicht einmal mit Ma-et'kere darüber gesprochen."
    Die Priester starben schnell. Die Menschenmenge, aufgestachelt bis zum Wahnsinn, erschlug sie und zerriß die Körper. Als das Blut im Sand vertropfte, kamen sie zu sich, jene Untertanen des Göttkönigs, die den Angriff mitangesehen hatten. Wieder breitete sich ein Schweigen aus, diesmal jedoch war es eine Ruhe der Scham und der Betäubung. „Mein Sohn und Herrscher", sagte die Königinmutter leise. „Dein Schreiber hat den Mörder aufgehalten und stolpern lassen. Deine beiden Baumeister haben ihn daran gehindert, dich mit zwei Dolchen zu töten." Der Pharao schwieg und blickte nacheinander die Männer an. „Ich werde wissen, wie ich euch danken kann", sagte er sehr leise. Als er geendet hatte, kam aus dem offenen Schacht ein dumpfes, knirschendes und berstendes Dröhnen und Krachen.
    Menketre verlor augenblicklich jegliches Interesse an seinem zukünftigen Status und rief: „Soldaten! Zurück! Der Zertrümmerer kommt!"
    Das gewaltige, unvollendete Bauwerk schien zu zittern und zu beben. Aber in Wirklichkeit geschah nichts, kein Quader regte sich. Das Donnern und Rumpeln wurde lauter, aus dem Tunnel fauchte ein kühler Hauch, der nach Fett und verbranntem Lampenöl roch. Die Menschen zogen sich schweigend und zitternd vor Erwartung und Furcht zurück. Der Zertrümmerer rannte um sein Leben. Er hatte erkannt, daß er keineswegs jeden einzelnen Krug zertrümmern mußte.
    Die Krüge barsten.
    Augenblicklich sackte der daraufliegende Quader tiefer. Das Gewicht von Steinen von fast achtzig Ellen Höhe preßte ihn senkrecht tiefer.
    Eine senkrechte Reihe von Quadern, an den Gleitkanten mit einem Gemisch aus Fett, Öl und Mehl schlüpfrig gemacht, sank auf den Boden des Schachtes. Einer dieser riesigen Stempel nach dem anderen sank tiefer und schien den Zertrümmerer zu verfolgen. Knapp vierhundert Ellen lang war diese Hälfte des Ganges.
    Der Pharao sagte laut: „Das Auge der Götter ruht sicher auf den Säulen der Kammer. Ich habe lange mit Hathor gesprochen."
    Fast krank vor Spannung warteten Ranofer und Menketre darauf, daß der Zertrümmerer, mit Staub und Sand bedeckt, aus dem Stollen springen würde.
    Das knirschende Donnern hielt an und wurde sogar noch lauter.
    Der Sand, der in die Krüge gestampft, gewässert und wieder getrocknet worden war, wurde mit den Trümmern der Krüge zusammen unter dem gigantischen Gewicht zusammengepreßt und zermahlen. Breite Rillen an den Seiten des Ganges nahmen die heranrückende Flut des Sandes auf. Der Sand schien sich in Honig zu verwandeln; in dieser Dichte floß er hinter dem dahinjagenden Zertrümmerer her. Jetzt kam ein neuer Windstoß aus dem Stollen. Ein Schrei folgte. Dann, als Menketre bereits an den Tod des Mannes glaubte, warf sich der schlanke Jäger, nach Luft schnappend, mit einem Satz aus dem Tunnel und ging vor den Sohlen des Pharaos zu Boden.
    Mit einem letzten, grauenvollen Knirschen senkten sich die Quader. Eine gewaltige Wolke aus seltsam riechendem Sand hüllte das Ende der Rampe und alle Menschen, die sich darauf befanden, ein.
    Die Bauarbeiter, die alles genau beobachtet hatten, begannen abermals wie rasend zu schreien und zu toben.
    Das Attentat war vergessen. Der Jubel war unbeschreiblich. Und als am Nachmittag der Löwen Jäger von der anderen Kante der Pyramide her auch den zweiten Teil des Ganges zum planmäßigen Einsturz brachte, wußten alle, daß das Auge der Götter, der segensreiche Fund, für alle Zeiten im Nilland bleiben und die Not von den Menschen nehmen würde.
    An diesem Abend gab es ein Fest, über das Hesirä nur statistische Angaben machen konnte: soundso viele Krüge Bier, so viele Ochsen, so viele Verletzte und so fort.
    Das Auge der Götter ruhte in einem sicheren Versteck. Niemand würde es je stehlen können.
    Der Pharao kam spät nachts in das große Zelt des Baumeisters. Erst jetzt war er in der Lage, zu begreifen und zu sprechen. Er ließ den Kopf und die Vorderfront des Bildwerks
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