Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0883 - Mörderisch

0883 - Mörderisch

Titel: 0883 - Mörderisch
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Wilde lächelte dünn, als er das hörte. »Ein Spiel«, sagte er, »nur ein Spiel.«
    Ich kurbelte die Scheibe wieder hoch, was schwer genug ging. »Sicher, mehr nicht.«
    Er hob die Schultern.
    »Sie glauben mir nicht?«
    »Wie leicht kann aus einem derartigen Spiel eine ernste Sache werden, John!«
    »Was macht Sie so pessimistisch?«
    »Mein Gefühl.«
    Ich beließ es dabei, denn Sam brauchte seine Konzentration, um den Wagen lenken zu können. Gerade jetzt, denn eine Gruppe verkleideter Kinder setzten sich plötzlich in Bewegung und lief quer über die Straße. Sie taten so, als wäre der Wagen nicht vorhanden.
    Sam fluchte und bremste, denn die Kinder waren mitten auf der Fahrbahn stehengeblieben. Sie schwenkten ihre Lampen und Laternen, die bei den Lichtverhältnissen tatsächlich aussahen wie hüpfende Geister. Wir hörten ihre Stimmen durch die geschlossenen Scheiben, und immer wieder fiel dabei das Wort Halloween. Zu dieser Zeit übte es wirklich eine magische Anziehungskraft aus.
    Sam Wilde schüttelte den Kopf. »Wenn ich daran denke, daß auch ich mich einmal so benommen habe, kann ich mir das in meinem Alter kaum noch vorstellen.« Er schaute mich kurz an.
    »Wie war das denn mit Ihnen? Sind auch Sie bei Halloween losgezogen?«
    »Hin und wieder.«
    »Hat es Ihnen gefallen?«
    »Als Kind schon.«
    »Mir auch.«
    Die Gruppe hatte sich endlich entschlossen, die Straße freizugeben und zog ab. Sie tanzten dabei, sangen wieder ihre Lieder und liefen auf einen schmalen Weg zwischen den Häusern zu, wo die Dunkelheit sie verschluckte.
    Wir fuhren weiter.
    Bis zum Dorfende war es nicht weit, und es kamen uns auch keine kleinen Gespenster mehr entgegen. Uns umfing die Ruhe des angebrochenen Abends und eine Natur, die sich allmählich zum Schlafen niederlegte, um erst Stunden später zu erwachen.
    Ich drehte mich wieder und schob die Klappe auf.
    Der Gefangene hockte noch immer auf seinem Platz. Die gleiche Haltung, die gleichen Bewegungen des Mundes. Er führte Selbstgespräche oder redete mit dem Teufel, das wußte ich nicht so genau, aber er traf keinerlei Anstalten, den Kopf zu heben.
    Die Straße verengte sich zusehends. Es lag auch an den zahlreichen Kurven, die serpentinenartig das Gelände durchschnitten und so manchen kleinen Hügel hochführten, wo der Nebel dünner lag und wir einigermaßen weit nach vorn schauen konnten.
    Einmal sahen wir das nächste Dorf. Es lag ebenfalls etwas erhöht, und die schwachen Lichter blinkten wie vom Himmel gefallene Sterne. »Wenn wir dort sind, haben wir nur mehr ein paar Meilen bis zur Autobahn«, sagte Sam Wilde.
    Ich entspannte mich und streckte die Beine aus. »Wunderbar.« Ich gähnte. »Müde?«
    »Nur ein wenig.«
    »Natas wird uns schon auf Trab halten.«
    Ich wunderte mich über die Antwort. »Wieso? Bisher ist er doch ruhig geblieben.«
    »Ja, aber das kann sich ändern.«
    »Sprechen Sie aus Erfahrung, Sam?«
    »Auch das.« Er schaltete herab, weil es bergab ging. »Je näher wir dem eigentlichen Ziel kommen, um so nervöser werden die Burschen. Sie denken ja zuerst immer noch, daß sie einen Ausbruch schaffen. Wenn sie aber feststellen, daß dies nicht so einfach ist, drehen sie oft durch. Es ist gut, wenn sie dann bereits angekettet sind. Sonst kann es leicht zu Gewalttätigkeiten untereinander kommen.«
    Ich wollte ihm nicht widersprechen, er hatte seine Erfahrungen, und es ging auch bei uns nicht alles glatt.
    Zuerst waren die Geräusche nur dumpf zu hören. Ein Klopfen oder Trampeln. Harte Stöße gegen den Metallboden, der die Echos aufgrund seiner Beschaffenheit locker weiterleitete. Sie verstärkten sich auch, und sie dröhnten in unseren Ohren.
    Sam fuhr langsamer. »Das ist er«, sagte er, »und das ist es auch, wovon ich gesprochen habe.«
    »Aber er ist allein.«
    »Was sagt das schon?«
    Die Geräusche verstärkten sich. Ich hielt es nicht mehr aus und schaute durch das Guckloch. Dabei sah ich, daß der Mann trotz seiner Kette aufgestanden war. Er machte damit sogar Sprünge, die den Wagen erschütterten.
    Die Kette würde halten, mußte halten, aber gewettet hätte ich darauf nicht, denn ein Blick in das Gesicht des Mannes sagte mir einiges.
    Es war nachgedunkelt. Zwei große Augen standen hervor und gaben einen grauen, kalten Glanz ab.
    Bei jedem Sprung spannte sich die Kette. Ihre Kraft mußte sich auch auf die Handschellen des Gefangenen übertragen und dessen Arme malträtieren, dies allerdings schien ihn nicht im geringsten zu stören. Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher