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0876 - Die Welt des LARD

Titel: 0876 - Die Welt des LARD
Autoren: Unbekannt
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Jahren, Junge, und weißt so genau wie ich, daß ich keines von beiden bin. Was meine geistige Gesundheit anbelangt, so will ich jederzeit in einen Wettstreit mit dir treten und rechne mir dabei gute Gewinnchancen aus.
    Nein, mein Junge: was ich den Leuten erzähle, sind keine Lügengespinste. Es sind die Ergebnisse jahrelanger Untersuchungen. Von Anbeginn der Zivilisation im Lande Quostoht stand es in ihrem Geschick geschrieben, daß die Wahrheit einst ans Tageslicht kommen werde. Die Stunde der Wahrheit ist jetzt gekommen, und weder du, noch das LARD selbst wird sie auch nur um eine Sekunde hinausschieben können. Denk' darüber nach, was du gestern gehört hast - während der wenigen Minuten, die du mir im Rededom zuhörtest.
    Denk meinetwegen darüber nach, was die Begriffe „gestern'' und „Tag" bedeuten, da auf dieser Welt doch eine Stunde gleich der anderen ist. Frag' dich, wo die Asogenen herkommen und wohin sie gehen. Und denk' vor allem darüber nach, was für eine merkwürdige Macht das LARD sein muß, daß es Ruhe über Erkenntnis und Zufriedenheit über die Wahrheit stellt.
    Und jetzt, Tarmair: Sag' mir, was du von mir verlangst!"
    Der Spötter zögerte nicht.
    „Ich verlange einen vollständigen-Widerruf all deiner Aussagen - vor allen Leuten. So, wie du ihnen gestern die Zweifel eingeredet hast, sollst du sie ihnen heute wieder ausreden. Aus deinem eigenen Mund sollen sie hören, daß du Fehler gemacht und Irrtümer begangen hast. DSu du falsche Schlüsse gezogen und die Quellen, aus denen du deine angebliche Weisheit schöpfst, falsch gedeutet hast."
    Cainstors Augen leuchteten.
    „Niemals werde ich dergleichen tun!" rief er.
    Sofort aber wurde er wieder ruhig, und in demselben ruhigen Tonfall wie zuvor fugte er hinzu: „Dagegen will ich dafür sorgen, daß das LARD sich über mich nicht mehr zu ärgern braucht."
    „Wie?" verlangte Tarmair zu wissen.
    „Du wirst es erfahren, wenn du heute mittag, in der Arbeitspause, zum Rededom kommst."
    Tarmair stand auf.
    „Gut, ich gehe darauf ein", erklärte er. „Ich gebe dir eine Frist bis zur heutigen Arbeitspause. Stellst du mich heute mittag zufrieden, so ist mein Auftrag erledigt. Wo nicht, habe ich dafür zu sorgen, daß du nicht weiterhin Unruhe unter den Leuten stiften kannst.
    Ich warne dich! Das LARD hat die Weisung ausgegeben, dich mit allen Mitteln unschädlich zu machen."
    Cainstor machte die Geste des Ver-stehens.
    „Ich habe damit gerechnet", sagte er. „Ich weiß es mir zu schätzen, daß du mir diese Warnung hast zukommen lassen. Wird man dich heute mittag im Rededom sehen?"
    „Du kannst dich darauf verlassen", versprach Tarmair.
    Als Tarmair in seine Wohnung zurückkehrte, waren es noch etwa drei Stunden bis zur mittäglichen Arbeitspause. Der Spötter war unruhig. Zuviele neue Dinge waren ihm seit gestern über den Weg gelaufen. Er hielt es für frevelhaft, sich im Ernst mit den Gedanken zu beschäftigen, die Cainstor ihm nahegelegt hatte. Gleichzeitig aber entwickelte sein Verstand ein nahezu unkontrollierbares Verlangen, eben dieses zu tun.
    Zum ersten Mal, seit er sich erinnern konnte, empfand Tarmair den Wunsch, mit dem LARD sprechen zu können. Er wollte von sich aus mit dem Mächtigen in Verbindung treten, anstatt von ihm angerufen zu werden, und ihm all die Fragen vorlegen, die Cainstor aufgeworfen hatte. Er war sicher, daß das LARD die richtigen Antworten kannte, aus denen hervorgehen würde, daß Cainstor sich in der Tat in ein Phantasiegespinst verrannt hatte.
    Aber das LARD konnte von seinen Untertanen nicht angesprochen werden. Das LARD entschied aus eigener Vollkommenheit, wann es nötig war, mit einem Untertanen, mit einer Gruppe von Leuten oder mit dem ganzen Volk von Quostoht zu sprechen.
    Tarmair besann sich auf die alten, die ewigen Wahrheiten, wie sie von dem LARD gelehrt wurden: Quostoht ist die Welt. Es gibt keine Welt außer Quostoht. Keiner ist, der nicht auf Quostoht geboren wurde, und keiner war, der nicht auf Quostoht starb.
    Es lag auf der Hand, daß Cainstors Äußerungen der ewigen Wahrheit widersprachen. Aber auch Cainstor nahm für sich in Anspruch, daß er die Wahrheit sagte. Plötzlich hatte Tarmair einen erregenden Gedanken: Wenn das LARD in der Tat allmächtig war, wie es von sich behauptete, warum bedurfte es dann der Spötter, um Meinungen zu unterdrücken, die der Lehre zuwiderliefen? Warum sorgte es nicht aus eigener Machtvollkommenheit dafür, daß derartige Irrmeinungen gar nicht erst
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