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0875 - Medusas Tochter

0875 - Medusas Tochter

Titel: 0875 - Medusas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mir selbst Mut und konzentrierte mich auf die Fahrt.
    Es ging nicht mehr so steil bergab. Es war nur mehr ein schwaches Gefälle zu spüren.
    Mit geschlossenen Augen brachte ich den Spiegel so hoch, daß er sich vor meinem Gesicht befand.
    Dann riskierte ich es.
    Ich öffnete die Augen - und schaute in den Spiegel!
    ***
    Mein Herz klopfte trotzdem fast zum Zerspringen. Die Echos hämmerten gegen die Rippen. Noch immer bestand die Gefahr, daß ich zu Stein wurde, aber ich sah mein eigenes Gesicht, nur mein Gesicht, und ich konnte es deshalb sehen, weil der Wagen und ich durch das hellere Licht glitten.
    Genau hier mußte die Medusa gestanden haben. Nur sah ich sie diesmal nicht.
    Ich riskierte es, den Spiegel leicht zu kippen, und zwar zur linken Seite hin, damit ich nach rechts schauen konnte, denn aus dieser Richtung war sie wohl aufgetaucht. So genau wußte ich es nicht. Es war schon ein Risiko, das ich einging, und plötzlich sah ich sie im Spiegel. Nicht sehr klar, leicht zitternd und verschwommen, was auch daran liegen konnte, daß sich die Medusa selbst bewegte.
    Sie wirkte auf mich kindlich und scheußlich zugleich.
    Ich kannte die Bilder der Medusen, aber damit hatte die Person hier nichts gemein. Sie sah eher aus wie eine Person, die sich in dem Alter zwischen Mädchen und Frau befand.
    Sie trug ein graues Kleid oder Gewand. Ich hatte sie bisher nur aus der Ferne sehen können, als einen huschenden Schatten, aber die Kleidung hatte sie nicht gewechselt.
    Ihr Gesicht war glatt, es war auch blaß und bleich, und es war nur bis zur Stirn normal.
    Darüber wirkte der Kopf wie aufgerissen. Und aus dieser Höhle hervor krochen die Schlangen. Widerlich anzusehen. Sie wirkten wie bleiche, dicke Würmer. Sie stachen in die Höhe, sie waren dabei nicht starr, sondern zuckten von einer Seite zur anderen, wobei sich die kleineren Schlangen heftiger bewegten als die größeren.
    Es war auch keine echte Medusa, denn ihr Kopf war nicht gespalten oder aufgeschnitten wie dieser hier. Sie hatte keine normale Gehirnmasse mehr, ihren Platz nahmen die Schlangen ein.
    Es war ein widerlicher Anblick, der sich im Spiegel zeigte, der jedoch plötzlich verschwand, als der Wagen plötzlich an Geschwindigkeit gewann.
    Die Medusa blieb zurück. Ich gelangte wieder in einen Tunnel hinein, der direkt zum Ausgang hinführte, denn ich sah bereits den Lichtspalt an der Schwingtür.
    Noch einmal hörte ich ein schauriges Lachen. Zum letztenmal wischte etwas Feuchtes über meinen Kopf hinweg, tanzten plötzlich Fledermäuse vor mir, aber das alles gehörte zum gruseligen Spaß der Geisterbahn, nicht aber die Medusa.
    Der Wagen rammte die Türen.
    Sie klappten auf, und eine scharfe Linkskurve drückte mich in die rechte Wagenhälfte.
    Noch ein Schuß, dann erfolgte der Stopp!
    Ziemlich abrupt. Zudem hatte ich mich nicht darauf vorbereitet. Ich kippte nach vorn, hielt mich fest und war trotzdem etwas durcheinander, denn ich konnte noch nicht richtig nachvollziehen, daß ich dieser Hölle entwischt war.
    Ich lebte, und ich hielt den Spiegel in der Hand, wobei ich zunächst einmal sitzenblieb.
    »He, Mister.« Ein Helfer turnte heran. »Wollen sie noch mal fahren oder aussteigen?«
    »Aussteigen«, murmelte ich, drückte mich hoch und kletterte aus dem Wagen, wobei ich einen Blick zum Ausgang hin warf, dort aber keine Medusa entdeckte.
    Sie war mir nicht gefolgt.
    »Haben Sie sich rasiert?« fragte mich der junge Mann.
    »Warum?«
    Er deutete auf den Spiegel.
    »Ach so, ja. Ich fand ihn zufällig in meiner Tasche.« Schnell steckte ich ihn wieder ein.
    »Oder wollten Sie die Monster doppelt sehen?«
    »Auch das.«
    Er schüttelte den Kopf. »Komische Typen gibt es.«
    Ich kümmerte mich nicht um ihn. Von der Rampe sprang ich nach unten. Vor der Geisterbahn blieb ich stehen, atmete tief durch und merkte sehr wohl, wie stark ich in den Knien zitterte. Es gab nichts daran zu rütteln, es war haarscharf gewesen. Ich hatte eben wahnsinniges Glück gehabt, dieser Person entwischt zu sein.
    Aber es ging weiter.
    Mich hatte sie nicht erwischt, und ich dachte natürlich an Jane Collins, mit der ich mich hatte treffen wollen. Von ihr war nichts zu sehen gewesen, auch jetzt entdeckte ich sie nicht, obwohl ich im Zentrum dieser kleinen Kirmes stand.
    Automatisch richtete ich mein Augenmerk auf das Kabinett des Victor Valendy.
    Im ersten Moment wunderte ich mich darüber, daß er keinen Zulauf hatte. Niemand war an die Kasse herangetreten, um sich eine Karte

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