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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben
Autoren: Christian Schwarz
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Franziskus, Svantevit und der Donaumetropole.
    Es galt also, schnell zu handeln.
    Um neun Uhr Morgens betete Bruder Claudius die Terz. Nach Beendigung suchte er sofort die Telefonzentrale auf. Danach ließ er sich von seinem Prior freistellen und eine Reisegenehmigung erteilen.
    ***
    »Die Post, Mademoiselle.«
    Nicole Duval stellte ihre Schwimmbewegungen ein und trat das Wasser. »Na, sagen Sie schon, William. Ist's heute dabei?«
    »Ich wäre geneigt, Ihre Frage mit einem deutlichen Ja zu beantworten«, erwiderte der Butler von Château Montagne, noch etwas würdevoller und geschraubter als sonst.
    »Dann wäre ich geneigt, mich tierisch zu freuen.« Nicole Duval grinste auf ihre unnachahmliche Art, zog sich prustend aus dem Pool und trocknete sich ab. William wartete so lange unbewegt. Dann drückte er Nicole ein paar Briefe und ein Päckchen in die Hand. Die Dämonenjägerin hatte den Butler vor drei Tagen angewiesen, ihr umgehend die Post zuzustellen, sobald er sie in Händen hielt, egal, wo immer sie sich gerade aufhalten mochte. Einzige Ausnahme: das stille Örtchen. Denn sie erwartete eine Sendung, auf die sie unheimlich neugierig war.
    »Die Rechnungen unserer Lebensmittellieferanten und den Vollstreckungsbescheid vom Finanzamt können Sie behalten«, sagte sie, schob die Briefe weg und schnappte sich lediglich das Päckchen.
    »Derartige Dinge hätte ich selbstverständlich umgehend aussortiert«, behauptete William todernst, dem es indes niemals eingefallen wäre, den Herrschaften irgendwelche Post vorzuenthalten.
    Nicole fragte sich immer wieder, wie der Butler so ruhig, nachgerade gleichgültig bleiben konnte, wenn sie, lediglich mit Badeschlappen und einem Ring bekleidet, vor ihm stand.
    William entfernte sich dezent.
    Sie setzte sich auf die Liege und begann gespannt, das Päckchen aufzureißen. Der Absender bestätigte ihr, dass es sich um das sehnlich erwartete neue Haarkleid handelte.
    »Wow«, entfuhr es ihr, als sie die strohblonde, hüftlange Löwenmähnenperücke in der Hand hielt. Der eigentliche Gag daran waren die linksseitig eingelassenen schwarzen Strähnen, die ihre Initialen bildeten.
    Nicole stülpte sich das edle Teil sofort über den Kopf. »Atemberaubend«, flüsterte sie selig, »einfach atemberaubend. Frauen, haltet eure Männer fest. Nicole Duval ist in der Stadt.«
    Sie kicherte, weil es für sie ohnehin keinen anderen als Zamorra gab, schlüpfte in ihre engen Jeans, zog eine leichte Bluse mit einem nach dem Jugendschutzgesetz völlig inakzeptablen Ausschnitt über und ging in den Fitnessraum des Châteaus. Dort, so wusste, sie, plagte sich gerade besagter Zamorra mit diversen Kampfsportübungen herum. Normalerweise machte sie mit, doch heute war ihr nicht danach.
    Der Professor, nur mit einer halblangen, gelben Sporthose bekleidet, übte gerade Kendo, die abgewandelte, moderne Art des ursprünglichen japanischen Schwertkampfes und hier die Kihonwaza , die Grundübungen. Mit schweißbedecktem Oberkörper wirbelte er das Übungsschwert aus vier Bambuslamellen, das Shinai , durch die Luft, holte weit aus und zog den Schlag bis in Kniehöhe eines imaginären Gegners durch. Ein lauter Schrei rundete die präzise Aktion ab.
    Nicole klatschte anerkennend. »Super gemacht, Chéri.«
    »Äh, wer sind Sie? Und warum nennen Sie mich Chéri?« Zamorra, kaum außer Atem, grinste sie an.
    »Hallo, ich bin's doch, deine Nici.«
    Er musterte die schwarzen Strähnen. »Ah ja, tatsächlich. ND. Nur wo Nicole Duval drauf steht, ist auch Nicole Duval drin. Du siehst heute so… fremdartig aus. Hast du ein neues Haarwuchsmittel ausprobiert?«
    »Männer«, zischte sie. »Alle Ignoranten und Wüstlinge. Da wollte ich dich als Vamp überraschen und du hast nichts anderes zu tun, als mich zu verspotten. Hat dich vielleicht der wilde Affe gebissen? Pff. Weißt du was? Heute Nacht kannst du alleine schlafen.«
    Zamorra merkte, dass er zu weit gegangen war. Nicole war ernstlich eingeschnappt. Sofort kam er näher, entschuldigte sich und nahm sie in den Arm.
    »Wieder Freunde?«, flüsterte er an der Stelle, unter der er ihr Ohr vermutete.
    »Wenn du mir das rotschwarze Top kaufst, das ich vorgestern in dieser neuen Boutique in Feurs gesehen habe«, flüsterte sie ebenso leise zurück und kitzelte ihn mit ihrer neuen Haarpracht sanft am Hals. Gänsehaut bildete sich bei Zamorra.
    »Was denn, vierhundert Euro für zehn Quadratmillimeter Stoff? Das sind Forderungen, die ich unmöglich erfüllen kann«,
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