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0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

Titel: 0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht
Autoren: Jason Dark
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schlaffer und natürlich kleiner. Der Raum sah noch immer so aus wie früher. Mit seinen feuchten, verschimmelten Wänden, den alten Steinfliesen, die in einem rostigen Rot schimmerten und ebenfalls einen dicken Schwamm angesetzt hatte. Die Duschtassen waren verklebt, und Wasser hatte an den Wänden Streifen hinterlassen.
    Eine schreckliche Dusche, in der sich wirklich kein Mensch freiwillig aufhalten würde.
    Die fünf aber waren da.
    Sie bewegten sich über die Fliesen und versuchten, ihre Gesichter aus dem Lichtstrahl wegzudrehen, der sie immer wieder erwischte, weil auch Fink seine Hand bewegte.
    Kleine Gestalten mit einer Kleidung, die sie behinderte, weil sie viel zu groß für sie war. Dieses Gespenst hatte ihnen die Kraft aus den Körpern gesaugt, sie hatte ihnen die Lebensenergie genommen, sie hatte sie leichter und kleiner gemacht, denn es war ihr gelungen, das Leben der anderen zu trinken.
    Er schauderte.
    Er wußte aber auch, welches Schicksal ihm bevorstand, denn einer fehlte in diesem makabren Reigen, nämlich er.
    Einer kam auf ihn zu. Ein glatzköpfiger Zwerg, der beim Gehen über seine eigenen Hosenbeine stolperte, weil sie einfach viel zu lang geworden waren. Sein Gesicht sah aus, als würde es verschwinden, denn die Haut war auch bei ihm nicht mehr als ein großer Lappen.
    Albert Fink erinnerte sich, daß dieser Mann Herbert Walter geheißen hatte. Er war für diese Räume hier unten verantwortlich gewesen, und er hatte die Gefangenen immer wieder gequält, wenn sie unter den eiskalten Strahlen standen.
    Jetzt war er nur mehr ein Schatten seiner Selbst. Die Hälfte der Kraft steckte in seinem Körper, und als er stehenblieb, wobei er mit einer bitteren Geste die Hände vorstreckte, da verdichtete sich der Schauer auf Finks Rücken.
    »Du bist auch da!« seiberte Herbert Walter. »Du bist auch da. Aber du bist nicht wie wir. Warum nicht, blutiger Albert?«
    Fink hob die Schultern.
    Walter kicherte motivationslos. »Keine Sorge, Albert. Es wird auch dich erwischen. Sie ist gnadenlos. Sie rechnet mit uns ab. Sie ist aus dem Totenreich zurückgekehrt. Sie ist ein Geist, der dich fertigmacht, der deinen Körper aussaugt. Niemand entkommt ihr, auch du nicht, das kann ich dir versprechen.«
    Fink nickte. »Ich weiß, daß sie hier ist. Ich weiß inzwischen, wo ich euch gesehen habe. Ich weiß auch, daß es gefährlich werden wird, aber noch lebe ich und…«
    Vielleicht hätte er es nicht sagen und keinen Optimismus zeigen sollen, denn plötzlich spürte er den Ansturm der Kälte in seinem Nacken. Es war der eisige Nebel, der sich auf seiner Haut festsetzte und sie einzufrieren schien.
    Er wagte nicht, sich zu drehen. An Walters Reaktion erkannte er zudem, wer hinter ihm stand, denn der kleine Mann wankte zurück, und Fink ging vor. Er lief zu schnell, ohne dabei auf seinen ehemaligen Kollegen zu achten. Deshalb stolperte er über ihn.
    Es war Herbert nicht mehr möglich, sich auf den Beinen zu halten.
    Er kippte zu Boden und kroch wie ein übergroßes Insekt zur Seite, zu den anderen hin, die wie Zinnsoldaten unterhalb der Duschtassen standen, als warteten sie darauf, daß kaltes Wasser aus den schmalen Löchern hervor nach unten strömte.
    »Dreh dich um!«
    Fink zuckte, als er die Stimme hörte. Dieses schrille Singen hatte er noch gut in Erinnerung, denn diese Stimme kannte er vom Telefon her.
    Er ging einen Schritt nach vorn, dann erst hatte er die Kraft gefunden, sich zu drehen und wurde von den interessenlosen Blicken der anderen beobachtet.
    Sie glotzten ihn an.
    Er aber sah sie nicht, da er ihnen den Rücken zugedreht hatte. Er sah nur Rita Reinold.
    Er konnte die Erscheinung deutlich erkennen, denn dieses Gespenst leuchtete von innen, als hätte es dort seine Kraft gespeichert.
    Es war nicht zu begreifen. Es war erfüllt vom kalten Licht einer anderen Welt, von der Kraft der Toten, und um den Körper herum hatte sich eine Aura gelegt wie ein dichter Nebelstreif. Im Innern war die Gestalt durchsichtig, da zitterten unzählige Partikel, aber das Gesicht war das eines Menschen geblieben. Wer sich nicht auf den feinstofflichen Körper konzentriert hatte, der hätte meinen können, daß dieses Gesicht einfach darüber hinwegschwebte und in der Luft hing.
    Es war so lebendig, es kam ihm vor wie eine finstere Botschaft der Rache.
    Kalte Augen starrten ihn an. Wenn er sich nur auf das Gesicht konzentrierte und alles andere vergaß, dann hatte er den Eindruck, eine lebendige Person vor sich zu sehen,
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