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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse
Autoren: Edgar Wallace
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einander. Grüß Lila von mir, und wenn du gerade nichts Besseres zu tun hast, kannst du ihr ein paar nette Worte über mich sagen. Ich wäre ein guter Ehemann, habe mir die Hörner schon abgestoßen. Willst du Geld?« Er schob die Hand in die Brusttasche.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann es ja nicht ausgeben«, sagte sie, und Oaks lächelte.
    »Dein Kopf ist ganz klar«, sagte er, blinzelte ihr zu und ging. Sie wartete noch einige Zeit, ehe sie die Tür wieder verriegelte und zu Lila ging. Ihr Gesicht war fast wieder so angespannt und verkrampft wie früher. »Nein, nein, es ist nichts, mein Liebes«, beschwichtigte sie das Mädchen.
    Sie holte ein Messer aus der Tischschublade und stieß es ohne zu zögern in die Decke. Es regnete Gips und Mörtel, und sie war ganz mit weißem Staub bedeckt. Dünne Latten kamen zum Vorschein. Sie griff hinauf und holte sie herunter, nahm die Lampe, die an einer Litze hing, und drehte die Glühbirne so, daß sie die Öffnung ausleuchtete. »Da ist die Falltür«, sagte sie. Aber sie mußte noch mehr Putz und noch einige Latten herunterholen, bevor sie die Falltür ganz freigelegt hatte, und dann ließ sie sich nicht öffnen. Im Abstellraum fand sie einen Besen. Mit vereinten Kräften drückten Lila und Anna den Stiel nach oben und schafften es schließlich, die Tür ein paar Zentimeter aufzustoßen.
    Es war kein ungefährliches Unterfangen. Die Tür war schwer. Auf dem Stuhl balancierend, der wiederum auf dem Tisch stand, versuchte Anna, verschiedene Hebel anzusetzen, was ihr erst nach größeren Anstrengungen gelang. Immer breiter wurde der Spalt, ein immer größeres Stück Nachthimmel wurde sichtbar, und endlich, gegen drei Uhr morgens, konnte sie sich, beinahe völlig erschöpft, durch eine unglaublich schmale Öffnung auf das Dach ziehen. Nachdem sie wieder zu Atem gekommen war, mobilisierte sie ihre letzten Kräfte, zog die knarrende Tür weiter auf, legte sich flach auf den Boden, streckte Lila die Hand entgegen und zog auch sie ins Freie. Sofort fingen sie an, die Kästen und die Strickleitern zu suchen, doch wenn es sie wirklich je gegeben hatte, waren sie entfernt worden. In einer knappen Stunde begann die Morgendämmerung. Wenn sie auf dem Weg zurückkehrten, auf dem sie gekommen waren, riskierten sie, daß ihr Ausbruchsversuch entdeckt wurde. Weit und breit war kein Polizist zu sehen, den sie auf sich aufmerksam hätten machen können. Anna ließ sich als erste wieder hinunter und hielt den Stuhl fest. Die Falltür wieder zu schließen, gelang ihnen nicht. Falls jemand tagsüber auf das Dach stieg, mußten sie die Folgen eben tragen.
    Obwohl sie unaussprechlich müde war, schlief Lila sehr unruhig. Schon lange bevor das Frühstück gebracht wurde, war sie wach und angezogen. Gleichzeitig mit dem Frühstück kam Oaks. Er war nicht so freundlich wie sonst. Offenbar hatte sich etwas ereignet, das ihn beunruhigte.
    »Heute abend bringe ich euch beide von hier weg«, sagte er. »Gegen neun Uhr. Zwar kann ich euch nicht selbst begleiten, aber zwei meiner Freunde werden sich um euch kümmern. Ihr werdet ihnen keine Schwierigkeiten machen, verstehst du, Lila? Denn wenn ihr welche macht, kann ich für nichts garantieren und wasche meine Hände in Unschuld.« »Wohin bringen sie uns?« fragte Lila. Er antwortete nicht.
    »Die Sachen, die ihr anhabt, reichen völlig. Und sag Anna, daß es sich für sie lohnen wird, den Mund zu halten. Geht es ihr gut? Spielt sie nicht wieder verrückt oder so?« Lila schüttelte den Kopf. Sie versuchte, ihren ganzen Mut zusammenzunehmen, um eine Bitte vorzubringen. »Glaubst du, daß du mit ihr fertig wirst?« Trotz ihrer Sorgen lächelte Lila. »Aber ganz bestimmt«, sagte sie.
    »Ich nehme an, sie hat dir alles über deine Großmutter erzählt und so. Nun ja, früher oder später hättest du es ohnehin erfahren müssen.«
    Er war schon im Gehen, drehte sich aber noch einmal um, als sei ihm eben erst etwas eingefallen. »Übrigens hat es Wade heute nacht erwischt. Einer von den Jungs hat ihn mitten durchs Herz geschossen.« Er beobachtete sie sehr aufmerksam, sah, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich und ihre Augen riesengroß wurden vor Entsetzen.
    »Hat Pech gehabt, der Mann. War ein guter Kerl, dieser Wade. Kein besonders tüchtiger Polizist, aber ein guter Kerl.« Etwas in seinem Tonfall, seinem eindringlich forschenden Blick sagte ihr, daß er log. Daß er John Wades Tod nur erfunden hatte, um sie zu prüfen. An diesen Gedanken mußte
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