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0821 - Wo die Totenlichter leuchten

0821 - Wo die Totenlichter leuchten

Titel: 0821 - Wo die Totenlichter leuchten
Autoren: Jason Dark
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sah aus, als wollten sie den anderen Kräften gehorchen, und plötzlich war mein Blick frei.
    Ich konnte in den Boden hineinschauen, und mein Blick fiel in ein Grab. Die Erde war irgendwie durchsichtig geworden, sodass ich sehr genau erkennen konnte, dass dieses Grab nicht leer war. In der Tiefe lag eine Gestalt, die einmal ein Mensch gewesen war, nun aber nur mehr aus Knochen bestand. Das Fleisch und die Haare waren längst vergangen und zu Staub geworden.
    Als Elgath die Laterne wieder anhob, verschwand das Bild, und die Erde warnicht weiterhin durchscheinend. »Hast du es gesehen?« fragte er mich.
    »Natürlich. Nur weiß ich nicht, wer es gewesen ist. Wer ist da gestorben?« Ich ahnte die Antwort, aber ich wollte, dass er es mir sagte. »Das bin ich.«
    »Ach ja.«
    »Und ich stehe vor dir.«
    »Zweimal Elgath«, sagte ich. »So ist es.«
    »Wie ist es dazu gekommen?« Er schwenkte die Laterne, die ihr Licht von einer Seite zur anderen wehte und seinem Knochengesicht stets einen anderen Ausdruck verlieh. Es schien sich sogar in den Augen zu verlieren, die zwar leer aussahen, es aber nicht waren. »Ich bin derjenige gewesen, der versucht hat, die Grenzen der Natur zu finden und sie aufzureißen. Durch mich sollte die Wissenschaft vorankommen, aber man hat mich nicht gelassen.«
    »Wer war dagegen?«
    »Die Kirche.«
    »Dann hast du zu ihr gehört.«
    »Das stimmt. Ich bin ein Mönch gewesen, gleichzeitig auch ein Priester und Missionar. Ich kam in der Welt herum, auch ohne die Dinge, die es heute gibt.«
    »Wann hast du denn gelebt?«
    »Vor ungefähr hundert Jahren.«
    »Jetzt ist mir einiges klar.«
    »Nein«, widersprach er heftig und schwenkte die Laterne, »nichts ist dir klar, gar nichts, Mensch. Überhaupt nichts, denn die Menschen können nicht begreifen. Sie haben es damals nicht gekonnt, und sie schaffen es auch heute nicht.«
    »Das musst du mir erklären, Elgath.«
    »Deshalb bin ich hier und habe auf dich gewartet, obwohl ich schon woanders hätte sein müssen.«
    »Weshalb willst du dich ausgerechnet mir erklären?«
    Elgath warf den Kopf zurück und ließ so etwas wie ein Lachen hören. »Das kann ich dir sagen, Sinclair. Ich habe gespürt, dass du extra wegen mir hier erschienen bist, und ich merkte gleichzeitig, dass du zwar normal aussiehst, aber ein Wissen in dir birgst, das den anderen Menschen ein großes Stück voraus ist. Du hast versucht, mich zu stoppen, und ich muss sagen, dass du es nicht ungeschickt angefangen hast. Im ersten Moment war ich sogar irritiert, letztendlich aber gewinne ich.«
    »Dann beginn bitte von vorn.«
    »Das hatte ich vor.«
    »Gut, ich frage weiter. Wer so aussieht wie du und eine Kutte trägt, der muss ein Mönch gewesen sein. Das steht fest. Ich denke aber, dass man dich ausgeschlossen hat – oder?«
    »Ja, die Kirche wollte mich nicht. Ich war ihr plötzlich zu unheimlich. Man bezichtigte mich der Blasphemie, obwohl ich derjenige war, der ihre Lehren auch in ein Zuchthaus brachte. Dort habe ich mich mit den Gefangenen unterhalten, um sie auf den rechten Weg zu bringen. Das alles haben sie nicht zur Kenntnis genommen, der Abt und die hohen Herren. Man hat mich verstoßen.«
    »Bestimmt nicht wegen der Besuche bei den Gefangenen.«
    »Nein, das nicht, obwohl es dem Klerus damals suspekt war, denn viele meinten, der Teufel steckte in ihnen und hätte sie angeleitet, zu Räubern und Mördern zu werden.«
    »Gefällt dir der Teufel?« fragte ich.
    »Ich hatte nichts zu tun mit ihm. Meine Gebiete waren andere. Ich habe mich mit dem Leben beschäftigt. Mit dem Anfang und auch mit dem Ende – dem Tod.«
    »Und den wolltest du überwinden?«
    »Nein, das kann man nicht. Man kann ihn nur in gewisse Bahnen lenken, wenn man geschickt ist. Dann kann man auf eine bestimmte Art und Weise überleben.«
    Ich lächelte amüsiert. »Darf ich fragen, wer dir das alles gesagt hat?«
    »Ich habe es einzig und allein durch meine Forschungen herausgefunden, denn ich habe mich all die langen Jahre damit beschäftigt und war der offiziellen Wissenschaft weit voraus.«
    »Was fandest du heraus?«
    »Dass es im Prinzip zwar nur ein Leben gibt, doch mit den Körpern oder Leibern verhält es sich anders. Das, was du bei Begegnungen mit anderen vor dir siehst, sind zwar Leiber und Körper, doch es ist längst nicht alles. Ich habe herausgefunden, dass neben dem vergänglichen, stofflichen Körper noch ein anderer existiert, ein feinstofflicher. Man sagt auch Geist oder
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