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0814 - Mister Amok

0814 - Mister Amok

Titel: 0814 - Mister Amok
Autoren: Jason Dark
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gestanden, und diese wiederum umrahmten die Fratze des knöchernen Sensenmanns.
    Furchtbar war so etwas.
    Eine Halluzination, die sehr schnell wieder verschwunden war.
    Ein normales Schild, eine normale Kurve, in die der Wagen hineinfuhr. Sam war sehr konzentriert. Er schaffte die erste Hälfte auch.
    Danach wurde es gefährlich. Er musste stark einschlagen, und ausgerechnet hier bekam sie das Gefühl, und das bei dieser überfluteten Fahrbahn.
    Der Wagen bekam den Schub.
    Etwas umkurbelte ihn, stieß von hinten in seine Reifen hinein. Sie verloren den Kontakt mit der regenglatten Fahrbahn. Amy glaubte, sterben zu müssen.
    Dabei saß sie starr. Was sie da sah, war unwahrscheinlich. Das Entsetzen hatte ihre Nerven blank gelegt. Durch das Scheinwerferlicht huschten noch die zahlreichen Regentropfen wie helle Perlen.
    Sie brachen das Licht und gaben der Umgebung ein anderes Aussehen, in das der Wagen hineinflog.
    Du musst nach links! Du musst nach links! Es waren stumme Schreie, die in Amys Kopf aufbrandeten. Sie wollte nicht akzeptieren, dass Sam es nicht mehr schaffte, das Lenkrad herumzureißen, und sie erlebte die nächsten Sekunden wie einen zeitlupenhaft ablaufenden Albtraum, in dem alles überdeutlich hervortrat.
    Das Schicksal spielte mit ihr. Der Tod hatte seine langen Knochenarme ausgestreckt, er griff nach ihr, er wollte sie, Sam und auch die nicht geborenen Kinder umarmen.
    Sie sah den dicken Baumstamm, der auf sie zuflog? Oder war es umgekehrt? Für Amy verwandelte er sich in ein schwarzes Loch, in einen Tunnel. Hinten, weit hinten loderte Feuer, da sah sie die Fratze des Teufels, sie hörte sein Lachen.
    Oder war es ein Krachen?
    Wahrscheinlich, denn der Mustang fand keine Lücke zwischen den Bäumen, durch die er hindurchfegen konnte. Er krachte mit der rechten Fahrerseite frontal dagegen.
    Die Welt ging unter.
    Sie drehte sich.
    Amy schrie.
    Blut spritzte gegen sie. Die Scheibe war nicht mehr vorhanden. Regen peitschte in die Fahrgastzelle. Eine knochige schwarze Faust schoss vor und traf Sams Gesicht. Sie zerschmetterte es zu einem blutigen Klumpen.
    Amy presste ihre Hände gegen den Bauch. Sie dachte an ihre Kinder. Sie dachte an Sam, dann dachte sie an nichts mehr. Neben ihr öffnete sich die Tür von allein, als wäre sie von einer Geisterhand aufgerissen worden.
    Kälte und Regen peitschten in den Wagen, der seine ursprüngliche Form längst verloren hatte. Er war nur mehr ein Haufen zusammengedrücktes Blech, besonders stark an der rechten Seite deformiert, wo jemand saß, der kein Gesicht mehr hatte.
    Sam…
    Amy wimmerte nur noch.
    Es gab keine Zeit mehr für sie. Minuten, Sekunden, dies alles war verschwunden. Sie saß in einem Blechberg, sie hörte das Rauschen des Wassers, das Ächzen und Kreischen von Metall, und sie wusste für einen Moment nicht, wo sie sich befand.
    Man hatte sie vergessen. Das Leben war an ihr vorbeigerauscht.
    Jetzt existierte nur der Tod, dieses grausame Etwas, das kaum zu beschreiben war.
    Ich bin tot!, dachte sie. Die Kinder sind auch tot. Die Kinder und ich! Sie wurde verrückt, sie drehte beinahe durch, sie riss die Hände hoch und drückte sie gegen ihr Gesicht, wo sich eine schmierige Nässe verteilte hatte.
    Das war nicht nur Wasser, das war auch Blut. Beides hatte sich miteinander vermischt.
    Ihr Blut…
    Schmerzen peinigten ihre Haut. Ihr Hals fühlte sich wund an, aber sie lebte.
    Plötzlich war der Gedanke da.
    Ja, sie lebte.
    Und wenn sie lebte, dann lebten auch die beiden Kinder.
    Amy schaute nicht nach rechts. Plötzlich wollte sie nicht mehr wissen, was mit ihrem Mann geschehen war. Nein, es zählte ihr ureigener Egoismus. Wenn sie ihm nachgab, bestand auch eine hauchdünne Chance für ihren Mann Sam.
    Das alles hoffte sie, das war die Flamme, die für eine Energie sorgte. Noch immer stand die Tür an ihrer Seite offen. Regen und Wind hatten freie Bahn, sie peitschten hinein und schlugen wie mit langen, kalten Totenarmen.
    Amy wollte aussteigen und stellte fest, dass sie noch angeschnallt im Gurt hing. Er hatte gehalten und ihr wahrscheinlich das Leben gerettet. Doch welch ein Leben sollte sie führen, wenn Sam nicht mehr so bei ihr war, wie sie es sich ausgerechnet hatten.
    Kein Leben.
    Nur noch…
    Sie löste den Gurt. Endlich hatte Amy es geschafft, die Gedanken zu unterdrücken. Der nachträgliche Schock würde sich noch einstellen, davon ging sie aus, zunächst aber musste ihr Hirn frei sein für all die Dinge, die ein Überleben möglich
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