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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld
Autoren: Tom Clancy
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entfernt, war nie jemand auf
die Idee gekommen, in einer Nacht wie dieser Jäger über der Hauptstadt
kreisen zu lassen. Seine Lügen und ausgeklügelten Manöver wären
überhaupt nicht notwendig gewesen. Sato flog eine quälend langsame
Kurve, um einen defekten Jumbo-Jet zu simulieren, und wurde dabei auf
jedem Zentimeter seines Weges von einem sehr besorgten und
fachkundigen amerikanischen Fluglotsen geleitet. Und das, dachte er, war
doch wirklich ein Jammer.
    »Ja!«
»Gegenstimmen?« Zunächst hörte man nichts, einen Moment später
dann lauten Applaus. Der Speaker stand auf.
»Der Saaldiener wird den Vizepräsidenten in den Plenarsaal geleiten,
damit er vereidigt werden kann.«
»Das ist dein Stichwort. Viel Glück«, sagte Trent, stand auf und ging zur
Tür. Die Secret-Service-Agenten verteilten sich über den Flur und führten
die Prozession dann durch den Tunnel, der dieses Gebäude mit dem Kapitol
verband und eine langgezogene Kurve beschrieb. Ryan betrat den Tunnel
und sah auf eine in einem scheußlichen Gelb gestrichene und mit Bildern
behängte Wand, seltsamerweise zumeist Bilder von Schulkindern. »Ich kann keinen Schaden erkennen, keinen Rauch, kein Feuer.« Der
Fluglotse im Tower hatte sein Fernglas auf das anfliegende Flugzeug
gerichtet. Es war jetzt nur noch ein Meile entfernt. »Kein Fahrwerk zu
sehen!«
»Sechs-fünf-neun, Ihr Fahrwerk ist nicht ausgefahren, wiederhole, Ihr
Fahrwerk ist nicht ausgefahren!«
    Sato hätte antworten können, tat es aber nicht. Er beschleunigte jetzt von seiner Anflugsgeschwindigkeit, die einhundertundsechzig Knoten betrug, behielt seine Flughöhe von eintausend Fuß jedoch vorläufig bei. Das Ziel war inzwischen in Sicht, und er mußte nur vierzig Grad nach links drehen. Nach kurzem Nachdenken schaltete er die Logobeleuchtung seines Flugzeugs ein, so daß man den roten Kranich auf dem Seitenruder erkennen konnte.
    »Was zum Teufel macht er da?«
»Das ist doch nicht KLM! Schauen Sie mal!« Der Unteroffizier deutete
nach draußen. Direkt über der Rollbahn legte sich die 747 in eine
Linkskurve. Der Pilot hatte sie eindeutig vollkommen unter Kontrolle, und
alle vier Triebwerke liefen jetzt laut heulend auf voller Kraft. Die beiden
sahen sich an, wußten genau, was passieren würde, und wußten ebenso
genau, daß sie nichts dagegen tun konnten. Den Kommandanten der Air
Base anzurufen war eine reine Formalität und würde keinerlei Einfluß mehr
auf den Gang der Dinge haben. Sie taten es dennoch und alarmierten dann
außerdem die Erste Hubschrauberstaffel. Dann fiel ihnen nichts mehr ein,
und sie wandten sich um, um das Drama zu verfolgen, dessen Ausgang sie
schon erraten hatten. Es sollte nur noch etwas mehr als eine Minute dauern.
    Sato war schon oft in Washington gewesen, hatte dort all das getan, was man als Tourist so tut, und dabei auch mehr als einmal das Kapitol besichtigt. Es war ein groteskes Bauwerk, dachte er wieder, während er darauf zuflog und es größer werden sah. Er änderte seinen Kurs geringfügig, so daß er jetzt direkt über der Pennsylvania Avenue flog und den Anacostia überquerte.
    Der Anblick war so überraschend, daß der Secret-Service-Agent, der oben auf dem Dach des Plenarsaals stand, einen Moment lang erstarrte, doch es war nur ein Moment, und auch der war letztlich bedeutungslos. Der Mann ging auf die Knie und klappte den Deckel des großen Plastikgehäuses auf.
    » JUMPER rausholen! Sofort!« schrie er, während er die Stinger auspackte.
»Los!« brüllte ein anderer Agent so laut in sein Mikrofon, daß den Sicherheitsleuten im Gebäude die Ohren weh taten. Für den Secret Service bedeutete dieses kurze Wort, daß der Präsident von dem Ort, an dem er sich gerade befand, weggeschafft werden mußte. Sofort setzten sich die Agenten, die es an Fitneß und Zielstrebigkeit mit jedem Footballspieler der National Football League aufnehmen konnten, in Bewegung, obwohl sie keine Ahnung hatten, was für eine Gefahr eigentlich bestand. Die Sicherheitsbeamten auf der Empore über dem Plenarsaal hatten es nicht so weit, eine der Agentinnen stolperte zwar auf der Treppe, konnte Anne Durling dann aber am Arm packen und wegzerren.
»Was?« Andrea Price war die einzige im Tunnel, die etwas sagte. Die übrigen Agenten in der Nähe der Ryans zogen sofort ihre Waffen, hauptsächlich Pistolen, bis auf zwei, die Maschinenpistolen dabeihatten. Alle hielten ihre Waffen hoch und suchten den gelbweißen Flur nach irgendeiner Gefahr ab, doch sie fanden
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