Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0793 - Als der Engel Trauer trug

0793 - Als der Engel Trauer trug

Titel: 0793 - Als der Engel Trauer trug
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
zu stark.«
    »Dachte ich mir.« Er deutete auf mein Kreuz. »Sei mir nicht böse, ich will mich auch nicht drücken, aber ich nehme an, dass es unsere einzige Chance ist.«
    »Das denke ich auch.«
    »Warum hast du es nicht aktiviert?«
    »Es ging nicht«, sagte ich leise. »Es war mir einfach unmöglich. Es ging alles zu schnell…«
    Suko nickte und schaute sich um. Er blickte auch in die Höhe, aber über uns war das Dach aus Nebel geblieben, und auch die Dunkelheit hatte weitere Fortschritte gemacht.
    Wir kamen uns beide vor wie auf einer Insel im Nirgendwo schwebend oder stehend. Die normale Welt war so fern geworden, es gab nur uns allein, und die Düsternis.
    Irgendwo lauerte der Feind…
    Suko beschäftigten die gleichen Gedanken wie mich. »Er lässt sich Zeit«, flüsterte er. »Ich spüre, dass er sich in der Nähe aufhält, aber er will uns in Sicherheit wiegen. Ich glaube nicht, dass ein zweiter Angriff schwächer sein wird als der erste.«
    »Das stimmt.«
    »Was tun?«
    »Abwarten, bis er kommt.«
    Suko war damit nicht einverstanden, das sagte mir sein Blick. Ich wollte ihn fragen, ob er einen besseren Vorschlag hätte, als mir etwas auffiel.
    Es war ein Geräusch, ein Kratzen. Es hörte sich gerade in dieser tiefen, nebligen Stille schlimm an. Irgendetwas schabte über einen harten Gegenstand hinweg, und ich kriegte eine Gänsehaut. Auch Suko hatte das Geräusch gehört, er wusste ebenfalls nicht, woher es kam, stand da und bewegte seinen Kopf.
    Plötzlich weiteten sich meine Augen. Genau in diesem Augenblick wusste ich Bescheid, und der Schock fegte wie ein heißer Strahl durch meinen Körper.
    Das Geräusch war aus dem offenen Sarkophag gekommen!
    Ich schaute auf Suko und sah ihm an, dass auch er den Ort lokalisiert hatte. »John, das ist doch unmöglich… oder …« Zweifel schwangen in seinem letzten Wort mit.
    »Ich denke nicht.«
    »Der teuflische Engel?«
    Ich nickte und hörte abermals das Kratzen. Uns beiden wurde klar, dass wir einen Fehler begangen hatten. Wir hätten uns nicht zu sehr auf die Umgebung konzentrieren sollen, sondern mehr auf das Grab. Es war einfach wichtiger, und dieser verdammte Nebel hatte unserem Gegner nur Vorteile gebracht.
    Ich ging auf den breiten Sarkophag zu. Es waren nur wenige Schritte über feuchte Graberde hinweg, aber ich hatte den Eindruck, ein Minenfeld betreten zu haben. Durch ein Zeichen gab ich Suko zu verstehen, zurückzubleiben. Wenn es zu einer Konfrontation zwischen mir und dem gefallenen Engel kam, dann musste ich mich auf mein Kreuz verlassen. Ein widerliches Schlürfen klang mir entgegen.
    Es war wie ein Startsignal.
    Ich sprang vor, nahm keine Rücksicht mehr, und gleichzeitig reagierte auch der Feind.
    Er schoss in die Höhe!
    Arme und Krallen, ein schrecklich verzogenes Gesicht mit bösen Augen, ein nackter, gedrungener Körper, ein verzerrtes Maul, aus dem weißgelber Rauch fegte.
    Dieses Bild nahm ich innerhalb einer winzigen Zeitspanne wahr.
    Für mich zählte nur, dass die Gestalt aus der Steintruhe gesprungen war, in der die fünf toten Kinder lagen.
    Mit einem letzten Fauchen kam sie hoch, breitete die Flügel aus, klammerte sich für einen Moment am Rand fest, dann stieß sich das Wesen ab und fiel genau auf mich zu…
    ***
    Eigentlich war mir eine derartige Szene nicht neu. Ähnliches hatte ich erlebt, wenn ich gegen einen Riesenvampir kämpfte, der versuchte, mich mit seinen Schwingen zu Boden zu hämmern. Auch hier erinnerten mich die Flügel an harte Lederlappen, die einen Menschen mit einem Schlag zertrümmern konnten. Ich wurde von den Schwingen umfangen. Vor mir tanzte das Gesicht als böses, kreischendes Etwas. Zwischen den Zähnen hing stinkender Geifer, die Augen waren Kugeln, in denen das Grauen stand. Das alles durfte mich nicht ablenken.
    Ich wollte den Sieg!
    Und ich ließ es zu, dass mich das Wesen umklammerte. Zugleich hatte ich den Dolch gezogen. Mein Arm konnte den relativ schmalen Körper umfassen und ich rammte die Klinge mit einem harten Stoß in den schuppigen Rücken. Ein Gurgeln umspülte meine Ohren. Ich merkte kaum, dass ich auf den weichen Grabboden gefallen war.
    Wieder tobten in meinem Hirn die bösen Gedanken die so schlimm waren. Als Ganzes wollten sie mich überrollen und brutal vernichten.
    Aber mein Kreuz handelte von allein.
    Seine Kraft stemmte sich gegen das Böse. Sie war stark, sie ließ sich nicht beeindrucken, und die Stimmen der bösen Flut in meinem Kopf verwandelten sich in schmerzerfüllte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher