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0793 - Als der Engel Trauer trug

0793 - Als der Engel Trauer trug

Titel: 0793 - Als der Engel Trauer trug
Autoren: Jason Dark
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Kindern, dieser ungewöhnlichen weißen Frau und Jenna Wade herzustellen.«
    Suko richtete sich wieder auf. »Okay, bleiben wir bei Jenna, der Erzieherin. Wer ist sie gewesen?«
    »Ein Rätsel.«
    »Richtig. Und die weiße Gestalt?«
    »Ebenfalls.«
    »War sie Jenna?«
    Diese Frage quälte natürlich auch mich, aber ich fand keine Antwort. Sie war ein Schemen gewesen, ein helles Etwas, eine geisterhafte Gestalt, in der einige Zeugen eine gewisse Ähnlichkeit mit Jenna Wade erkannt zu haben glaubten. Verlassen aber konnte man sich darauf auch nicht. Das war alles schlecht, wohin wir auch tasteten, wir griffen einfach ins Leere. Die fünf toten Kinder boten uns keine Lösung.
    Ich hob die Schultern.
    »Danke, das reicht«, sagte Suko.
    »Wieso?«
    »Mehr kann ich auch nicht tun.«
    »Wir können warten.«
    Mein Freund drehte sich zu mir um. »Ja, auf den teuflischen Engel. Dass er in der Nähe ist, steht fest.« Er schaute hoch in den Dunst, ohne die Gestalt jedoch erkennen zu können. Der Nebel bot einfach eine zu gute Deckung. Darin bewegten sich nicht einmal die dunstigen Wogen, und die Stille war bedrückend.
    Dann wurde ich zu Eis.
    Nichts regte sich mehr bei mir. Ich konnte nur nach vorn schauen, wo sich der Rand des Grabs befand.
    Dort stand die weiße Frau.
    Diesmal ohne das Kind!
    ***
    Wieder sagte ich kein Wort. Suko hörte an meinem leicht zischenden Atem, dass etwas passiert war. Er bekam mit, in welche Richtung ich schaute, er drehte sich ebenfalls, und ihm flossen die Worte über die Lippen.
    »Da ist sie ja…«
    In der Tat, sie stand da wie ein mit feinen Pinselstrichen gezeichnetes Gespinst. Sie rührte sich nicht vom Fleck. Die graue Masse hatte sie verschluckt, und dennoch schälten sich die Umrisse eines Körpers soeben noch hervor. Wir wussten beide nicht ob wir sie ansprechen sollten oder ob wir ihr die Gelegenheit dazu geben sollten. So warteten wir erst einmal und beobachteten die Gestalt.
    Der Kopf, der Körper mit seinen Armen und Beinen, es war alles vorhanden. Sogar die Unterschiede im Gesicht konnten wir ausmachen. Da hob sich eine Nase ebenso ab wie der Mund. Er bildete eine weiche fließende Linie, das Kinn sah ebenfalls weich umrandet aus, ich aber konzentrierte mich auf die obere Hälfte des Gesichts, weil ich sehen wollte, ob sich in den Augen Leben zeigte.
    Da war nichts.
    Sie stand einfach da, aber ich spürte seltsamerweise keine Feindschaft, die mir entgegenströmte, selbst eine Neutralität war nicht vorhanden, zwischen mir und ihr bestand ein dünnes Band der Verbundenheit. Das war schon ungewöhnlich und sie lächelte mir zu.
    Es konnte auch Einbildung gewesen sein, ich aber hatte es als eine Aufforderung angesehen und überwand mich selbst, denn ich sprach sie an.
    »Kannst du mich verstehen?«
    Ein Nicken.
    »Wer bist du?«
    »Der gute Geist!«
    Zwei Dinge passierten zugleich. Zunächst hatte ich die Antwort als Flüstern gehört, und gleichzeitig strömte mein Kreuz eine ungewöhnliche Wärme ab. Es war nicht die Hitze oder dieses schnelle Reagieren, das ich kannte, wenn es mit den Mächten der Finsternis konfrontiert wurde, nein, diese Wärme war einfach anders, und ich hatte sie so auch noch nie bei meinem Talisman erlebt.
    Sie blieb nicht auf das Kreuz konzentriert, sondern strömte von ihm ab und damit auch über den Rest meiner Brust hinweg. Ich empfand sie als wunderbar.
    »John, was hast du?«
    Sukos Frage störte mich. »Es ist okay, Suko, es ist alles wunderbar und okay.«
    »Gut.«
    Ich schaute der Gestalt ins Gesicht. Es war sehr fein geschnitten, und es würde mir schwer fallen, es genau zu beschreiben, denn es gab einfach nur einen Ausdruck dafür.
    Überirdisch…
    Eben so überirdisch wie das Lächeln der Mona Lisa, das seit Generationen die Menschen verzaubert, und hinter deren Geheimnis noch niemand gekommen ist.
    Dieses Wesen wollte mir eine Botschaft überbringen, und ich hatte meine Sinne auf Empfang eingestellt. »Wer ist der gute Geist?«, fragte ich leise.
    »Der Hüter der Kinder…«
    »Der toten Kinder?«
    Deutete sie so etwas wie ein Nicken an? Ich war mir nicht ganz sicher und fragte deshalb noch einmal nach. »Wirklich der toten Kinder?«
    »So ist es.«
    »Wenn es stimmt, bist du zu spät gekommen, guter Geist. Oder soll ich dich als Engel bezeichnen?« Ich hatte den Versuchsballon gestartet, erhielt zwar keine direkte Antwort, aber das von einem Lächeln begleitete Schweigen sagte mir genug.
    Ein Engel also, ein Schutzengel womöglich. »Ich bin
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