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078 - Im Netz der Lüge

078 - Im Netz der Lüge

Titel: 078 - Im Netz der Lüge
Autoren: Claudia Kern
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heiße Urin, der hineinlief, dampfte in der Morgenluft.
    »Sie wollen, dass du die Holzschale füllst.«
    Matt stand ebenfalls auf und tat, was man von ihm verlangte. Er bemerkte, dass Jed seinem Blick auswich, als er die Schale entgegennahm und sie dem Woiin'metcha reichte. Der hielt sie vor sein Gesicht, und dann, in einem Moment, der Matts Magen zusammenkrampfte, trank er daraus.
    Dann reichte er seine eigene Metallschale Jed.
    Matt hatte sie auf einmal in den Händen, ohne zu wissen, wie sie dort hingekommen war. Der bitterscharfe Geruch des Urins stieg ihm entgegen.
    Tausend Alternativen schossen ihm durch den Kopf. Umdrehen und wegrennen war eine davon, aber damit verurteilte er die Menschen hinter den Mauern zum Tode.
    Menschen, die du nicht kennst oder nicht leiden kannst , flüsterte eine böse kleine Stimme.
    Vor ihm begannen die Woiin'metcha unruhig zu werden. Sie schienen sein Zögern als Beleidigung zu empfinden.
    »O shit« , sagte Matt leise. »Shit, shit, shit.«
    Und dann trank er.
    ***
    Majela bewegte sich wie in einem Traum. Einen Moment noch hatte sie vor dem kleinen tödlichen Mann gestanden, im nächsten schob man sie bereits aus dem Stadttor und drückte ihr den Schlaf sack in die Hand. Hinter ihr fuhren die Panzer aus der Stadt. Kuttenträger saßen darauf, sorgten wohl dafür, dass keiner der Insassen das Feuer eröffnete.
    Sie sah eine kleine Gruppe Menschen.
    Brax stand zwischen ihnen mit einem Wasserschlauch in der Hand. Er spülte sich immer wieder den Mund aus und schüttelte sich. Sie hörte Smythe vom Panzer etwas schreien. Seine Stimme überschlug sich. Vermutlich begriff er ebenso wie Majela, dass die kleine Gruppe um Matthew Drax ihn gerettet hatte. Für Smythe musste das eine unglaubliche Demütigung sein.
    Dann erst sah sie Jed. Er stand etwas abseits von den anderen und hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben.
    Sie ging auf ihn zu. Die harten Kanten, die sie unter dem Stoff des Schlafsacks spürte, erinnerten sie an etwas.
    »Ich habe dein Tagebuch für dich aufgehoben« , log sie und blieb vor ihm stehen. »Damit ich es dir wiedergeben kann.«
    Er nahm es entgegen. Seine Finger streiften ihre Hand, streichelten ihre Haut. In seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den sie nicht lesen konnte.
    »Danke« , sagte Jed. Dann drehte er sich um und ging.
    Epilog Maddrax behauptete, es sei
    Tekknik , aber Aruula stand dem sprechenden Schädel mit gemischten Gefühlen gegenüber. Für sie war es Magie, dass er alles, was mit fremder Zunge gesprochen wurde, in Maddrax'
    Sprache übersetzte. Und Magie, das wusste sie, konnte sich immer auch gegen den Benutzer wenden.
    Trotzdem hatte sie sich nicht gewehrt, als Maddrax sie bat, ihn bei der Jagd zu tragen. Er meinte, es wäre besser, die Bewohner dieses Landes zu verstehen, wenn sie auf welche traf.
    Glücklicherweise war das bislang nicht geschehen, und so blieb auch die Magie im Schädel stumm. Aruula hoffte, dass das so blieb.
    Vorsichtig tastete sie sich durch das Unterholz. Die Spur des Vierbeiners, die sie verfolgt hatte, war kaum zu erkennen, aber sein Geruch hing deutlich in der Luft. Er musste ganz in der Nähe sein.
    Es war eine ihrer größten Freuden, auf diese Weise zu jagen. Nichts zählte außer ihr, der Beute und dem Speer in ihrer Hand. Keine äußeren Kräfte beeinflussten ihr Schicksal, niemand sagte ihr, was sie zu tun hatte. Die Jagd war ihre eigene Belohnung, die Beute am Ende nur Nahrung.
    Sie sah die Bewegung aus den Augenwinkeln, konnte jedoch nicht mehr reagieren. Etwas schloss sich um ihren Hals und riss sie vom Boden hoch. Instinktiv griff Aruula nach ihrem Hals, versuchte die Schlinge, die gegen ihre Kehle drückte, zu lösen. Der Speer fiel zu Boden.
    Sie keuchte, rang um Atem. Das Blut rauschte in ihren Ohren, ihre Lunge schrie nach Luft. Schwärze senkte sich über sie, doch dann spürte sie, wie plötzlich frische Luft in ihren Hals drang.
    Aruula hustete. Jemand griff nach ihr und zog sie über den Boden. Sie versuchte sich zu wehren, aber ihr fehlte die Kraft. Irgendwann setzte sie sich dann doch auf und öffnete die Augen.
    Ein Mastr'ducha hockte vor ihr, die Hände auf die Knie gestützt. Er sagte etwas in seiner zischenden Sprache.
    »Schlingpflanzen sind gefährlich« , übersetzte der magische Schädel. »Du musst besser aufpassen.«
    »Bist du mir gefolgt?« Aruula schwankte zwischen Misstrauen und Erleichterung.
    »Ja, um dich zu schützen, so wie jeder Mastr'ducha eine von euch schützen
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