Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0777 - Die dritte Tafelrunde

0777 - Die dritte Tafelrunde

Titel: 0777 - Die dritte Tafelrunde
Autoren: Dario Vandis
Vom Netzwerk:
gesehen.
    »Er will seinen größten Widersacher töten…« flüsterte er.
    Nicole nickte. »Das kann nur der König sein. Ohne weltliches Oberhaupt zerfällt das Reich endgültig.«
    Zamorra winkte ab. »Mordred wurde von den Dämonen benutzt. Ihnen geht es nicht darum, die Herrschaft über England zu erringen. Die Dämonen wollen ihren größten Widersacher beseitigt wissen!«
    »Merlin…«, entfuhr es Nicole.
    »Wir müssen zu ihm! Vielleicht ist Mordred bereits im Turm!«
    Zamorra riss die Tür auf und stürmte auf den Gang. Er entsann sich der Worte Merlins, nach denen sie sich nicht allein durch die Burg bewegen sollten. Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht mehr nehmen.
    Sie rannten durch den Korridor und fragten einen Vasallen, dem sie begegneten, nach dem Weg. Er war so erstaunt über ihr Auftauchen, dass er ihnen sofort Antwort gab. Sie hetzten weiter und sahen nicht mehr, wie er die Stirn in Falten zog und ihnen misstrauisch hinterher blickte. Auf seine Rufe reagierten sie nicht.
    »Er wird die Wachen zusammentrommeln«, sagte Nicole keuchend. »Dann haben wir ausgespielt.«
    »Die werden zu spät kommen. Genau wie wir.«
    Sie erreichten die Treppe, die sich in einer gleichförmigen Spirale den Türm hinauf wand. Zamorra nahm drei Stufen auf einmal. Nicole folgte ihm mit derselben Geschwindigkeit. Zamorra rief Merlins Namen und rüttelte an jeder Klinke, an der sie vorüber kamen. Waren sie falsch? Vielleicht hatte der Vasall ihnen absichtlich den falschen Weg beschrieben. In Zamorras Kopf rasten die Gedanken. Wenn Merlin starb, würden sie womöglich nicht mehr in die Gegenwart zurückfinden.
    »Das muss der falsche Turm sein«, ächzte Nicole. »Noch zwei Stockwerke, dann sind wir ganz oben…«
    Zamorra stieß die letzte Tür auf. Der Raum war leer und von Spinnweben durchzogen. Durch eine Schießscharte fiel ein spärlicher Streifen Licht. Eine Ratte flüchtete quiekend in den hinteren Teil des Zimmers.
    »Weiter«, sagte Zamorra nur.
    »Hier gibt es kein Weiter«, antwortete Nicole und deutete auf die schwere, eisenbeschlagene Tür, die auf die Plattform des Turmes führte. »Glaubst du etwa, Merlin wohnt unter freiem Himmel?«
    Zamorra zögerte, dann drückte er die Klinke herunter.
    Der fünfte Mord, pochte es hinter seiner Stirn. Was, wenn er bereits geschehen war - wenn Merlin, der große Zauberer, tot war?
    Dann war alles verloren. Er wagte gar nicht über die Ausmaße dieses Zeitparadoxons nachzudenken.
    Ein eisiger Wind fuhr durch seine Kleidung.
    Sie befanden sich fast vierzig Meter über dem Erdboden. Keine Bäume, kein Hügel schützte die Zinnen vor den eisigen Böen, die über die Südwestspitze Englands wehten.
    Blitzschnell erfasste Zamorra die Szenerie. Ein Rascheln hinter ihm verriet, dass Nicole den Blaster hervor holte. Keine Sekunde zu spät. Auf einer der Zinnen stand Mordred, die Klinge zum Stoß erhoben - und vor ihm kniete Merlin, den Kopf gesenkt, bereit, den tödlichen Stich zu empfangen.
    Nicole legte an.
    Mordred fuhr herum. Zum ersten Mal erblickte Zamorra das Gesicht des verräterischen Ritters - oder jedenfalls Teile davon. Es war unter einer Kapuze verborgen, die vom Wind hin und her gerissen wurde.
    Auch Merlin fuhr herum. Auf seinem Gesicht spiegelte sich der Schrecken. »Nein!«
    Der Laserstrahl trennte Mordred die Messerhand vom Arm, die trudelnd in die Tiefe fiel.
    Voller Entsetzen starrte der Mörder an die Stelle seines Handgelenks, die von der Hitze des Strahls zu verbranntem, toten Gewebe verschmolzen war. Es kam kein Blut.
    Zu spät erkannte Mordred, dass er durch die überraschende Bewegung das Gleichgewicht verlor. Mit den Armen rudernd kämpfte er darum, es wiederzuerlangen.
    Und dann kippte sein Körper wie in Zeitlupe über die Zinnen.
    ***
    Den letzten Augenblick seines Lebens erlebte er wie im Traum.
    Merlin, den er mit dem Messer bedroht und auf die Turmzinnen befohlen hatte. Die beiden Fremden, die plötzlich auftauchten. Die Frau mit der seltsamen Waffe, die er erst als solche erkannte, als aus ihr ein greller Blitz hervor schoss, heiß und hungrig, der ihm binnen eines Herzschlags Fleisch, Adern und Knochen durchtrennte.
    Dann, unendlich langsam, als wolle das Schicksal seinen Triumph über ihn genießen, neigte sich sein Oberkörper zur Seite. Er registrierte mit sonderbar distanziertem hiteresse, wie ihn das Gewicht seines eigenen Leibes dem Erdboden entgegen zog. Er sah Merlin, nur zwei Schritte entfernt, der zu langsam war, um ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher