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0776 - Racheengel Lisa

0776 - Racheengel Lisa

Titel: 0776 - Racheengel Lisa
Autoren: Jason Dark
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drei Gebäude der Klinik abzeichneten. Sie standen versetzt zueinander, waren nicht miteinander verbunden, sodass jeder Trakt eine Welt für sich bildete. In dem einen Gebäude waren die leichten, in dem anderen die mittelschweren und in dem dritten die sehr schweren Fälle untergebracht. Lisa musste in den letzten Trakt.
    Sie sah die Bäume, die Büsche, überhaupt die gesamte Kulisse des Gartens, die so anders wirkte, so gespenstisch, als hätten sich die Schatten der Dämmerung darin verfangen.
    Lisa blieb stehen und drehte sich zur Seite. Auch Betty hatte ihre Schritte gestoppt. Allerdings ein Stück weiter. Sie blickte zurück und hatte die Brauen gerunzelt, um Lisa ansehen zu können, die sich plötzlich etwas unruhig benahm.
    »Was hast du?«
    »Ich suche das Licht.«
    Betty lächelte. »Welches Licht denn, meine Liebe?«
    »Es gibt das Licht.«
    »Ja, bei den Häusern.« Sie deutete nach vorn. »Dort ist es hell und warm. Dort wird es bald etwas zu essen geben, und dann wirst du wieder müde werden und dich auf die Nacht freuen, um am Morgen frisch aufzustehen.«
    Lisa hatte zugehört, aber sie machte nicht den Eindruck, dass sie die Worte besonders interessiert hätten. Die gesamte Zeit über hatte sie nach rechts geschaut, dort jedoch nichts gefunden. Nun ging sie auf ein dichtes Gebüsch zu, das eine undurchdringliche Mauer bildete. Im Spätsommer konnten dort herrliche Brombeeren gepflückt werden, was die Patienten sehr gern taten.
    »He, wo willst du denn hin?«
    Lisa gab keine Antwort. Sie lief schneller, um das Gestrüpp zu erreichen.
    Betty ging ihr nach.
    Da stolperte Lisa. Sie schrie leise auf, während sie fiel und aufschlug. Sie rutschte noch ein Stück nach vorn und landete mit den Armen in dem dornigen Brombeergestrüpp.
    Betty schüttelte den Kopf. Lisa war verrückt. Es gab kein Licht.
    Und wenn, dann hatte es nur in ihrer Einbildung existiert. Jedenfalls wollte sie der Patientin auf die Beine helfen. Sie lief über den weichen Boden, noch immer kopfschüttelnd, denn Lisa hatte sich nicht gerührt, sie lag auf dem Bauch und atmete heftig.
    »Hast du dir wehgetan?«
    »Nein.«
    »Kann ich dir helfen?«
    »Nicht, nein. Weißt du, es war der Stein, ich habe ihn nicht gesehen. Dann ging alles schnell. Nur mein Knie ist…«
    Betty beugte sich zu Lisa hinab. »Lass mich mal schauen, bitte.«
    Sie war voll und ganz die besorgte Therapeutin, die sich für ihren Patienten in allen Lebenslagen verantwortlich fühlte. Lisa schien tatsächlich Ärger mit ihrem Bein zu haben, mit dem rechten, denn es zuckte einige Male, und dabei stöhnte sie auf.
    »Kannst du allein aufstehen?«
    »Weiß nicht… du … du musst mir schon helfen.«
    »Okay, bleib ruhig.« Betty war erfahren genug, um zu wissen, dass die Patienten nicht immer normal mit ihren kleinen Verletzungen umgingen. Sie waren oft sehr wehleidig, und das schien sich auch bei Lisa wieder einmal zu bestätigen.
    Betty schob ihre Hände unter die Achseln der jungen Frau hinein und half ihr auf die Beine. Sie zerrte ihren Körper hoch und erhielt dabei keine Unterstützung, weil er ziemlich schlaff und schwer war.
    Zudem hatte Lisa sich etwas nach rechts gedreht, und Betty schaute dabei auf ihren Rücken, die Hände oder Arme sah sie nicht.
    Lisa stand.
    Sie knickte nach rechts weg, weil sie zu sehr das rechte Bein belastete.
    Um sie vor dem Hinfallen zu bewahren, griff Betty zu, hielt sie fest und wurde von der plötzlichen und blitzschnellen Drehung der anderen Person überrascht.
    Was nun folgte, glich einem fürchterlichen Albtraum, denn Lisas Gesicht hatte sich verzerrt. Es war zu einer schreckensstarren Maske geworden, und nur in den Augen leuchtete noch etwas wie ein Versprechen.
    Es bedeutete Tod!
    Betty wollte schreien und gleichzeitig einen der Griffe ansetzen, die man ihr in langen Trainingsstunden beigebracht hatte, aber das war alles nur Theorie gewesen, hier erlebte sie die Praxis, und sie war einfach schlimm.
    Lisa hielt etwas mit der rechten Hand umklammert. Es war lang, bestand aus Holz und war auch spitz, wobei die Spitze gelblich schimmerte.
    Es war der Pflock!
    Schon zweimal hatte sie damit getötet, und nun sollte ein dritter Mord folgen.
    Er sauste nach unten.
    Ein brutaler und zielgenauer Stoß, dem Betty nicht entkommen konnte, weil sie zu langsam war. Für einen Moment spürte sie noch die erste Berührung an der Brust, dann schien ihr gesamter Oberkörper in einem wahren Feuersturm zu zerplatzen.
    Lisa hatte sie losgelassen.
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