Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0770 - Sie suchen Menschen

Titel: 0770 - Sie suchen Menschen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
da kam es zu einem unerwarteten Zwischenfall. Die Oase der Besinnung wurde im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Stillen Zone. Die Gespräche verstummten, Schweigen senkte sich über den Freizeit-Bezirk. Selbst ich hielt unwillkürlich den Atem an, als hoch über unseren Köpfen plötzlich eine Leuchterscheinung durch den Raum schwebte.
    Jedermann erstarrte beim Anblick dieses hell leuchtenden und unsichtbar strahlenden Energiebildes zur Bewegungslosigkeit. Wie Statuen standen die Menschen da, mich eingeschlossen. Nur wer unter der direkten Flugbahn der Leuchterscheinung stand, der konnte sich wieder rühren.
    Diese „Erleuchteten" entwickelten eine eigenartige Aktivität. Sie wandten einander die Gesichter zu, drückten ihre Handflächen gegeneinander, hielten sich an den Händen fest, begannen sich wie bei einem Rundtanz im Kreis zu drehen, ließen sich nach einigen Umdrehungen wieder los, wechselten die Partner.
    Nach einer Weile ließen sie voneinander ab, zogen sich in einsame Winkel zurück, sanken, mit den Gesichtern zu den Wänden, wie zum Gebet nieder und begannen zu murmeln. Wer keinen Platz an den Wänden fand, der legte sich auf den Boden.
    Die „Erleuchteten" begannen zu meditieren. Seufzer erklangen. Hysterisches Schluchzen wurde laut. Jemand schrie. Eine Frau sprang von der „Klagemauer" zurück, als hätte sie sich die Handflächen daran verbrannt, taumelte mit konvulsivisch zuckenden Gliedern davon. Ein Mann drückte sie zu Boden, brachte sein Gesicht ganz nahe an das ihre heran und flüsterte auf sie ein. Dabei verdrehte er die Augen, daß nur noch das Weiße zu sehen war.
    Alle „Erleuchteten" - oder Besessenen - begannen ihre Augen so zu verdrehen, daß man nur noch den weißen, von roten Äderchen durchsetzten Augapfel sah... als hätten sie den Befehl erhalten, in sich selbst zu blicken.
    Ich starrte noch immer bewegungslos auf die Leuchterscheinung, die sich mir näherte. Gleich würde sie mich erreicht haben. Ich wollte mich aus ihrem Bann retten, wollte wegsehen, wollte meine Gedanken in den Griff bekommen, versuchte an andere Dinge zu denken. Doch ich brachte den Willen dazu nicht auf. Ich blickte weiterhin auf das Energiegebilde, das sich mir unaufhaltsam näherte.
    Da erhielt ich einen Stoß von links. „Bring dich in Sicherheit, Galto!" rief Joscan mir zu. Der Schlag und seine Stimme klärten meine Sinne. Die Leuchterscheinung war kein Segen, sie brachte nicht die Erfüllung, sondern versklavte.
    Rundum benahmen sich die Menschen wie Verrückte. Aber es waren harmlose Irre, die wie in Zeitlupe fremdartige Tänze vollführten; die die Wände hinaufzuklettern versuchten; weinten und gleichzeitig lachten; unartikulierte Laute ausstießen und kindische Stegreifreime von sich gaben; auf allen vieren herumkrabbelten, oder einfach nur auf dem Boden lagen oder die Wände anstarrten, meditierend, murmelnd -aber in jedem Fall besessen.
    Ich rannte mit gewaltigen Sätzen davon, bahnte mir rücksichtslos einen Weg durch die Menge und stieß Frauen und Männer beiseite. Irgendwie machten alle Besessenen den Eindruck, als ob sie nicht nur in sich blickten, sondern gleichzeitig auch in die unermeßlichen Fernen der übergeordneten Dimensionen.
    Ich blickte mich um. Hinter mir folgte Joscan Hellmut. Sein Gesicht war verzerrt. Wenige Meter hinter ihm veränderte die Leuchterscheinung ihre Richtung und schwebte hinter uns her, als folge sie unserer Luftströmung. Aber sie war langsamer als wir.
    Wir erreichten einen Verbindungsgang. Joscan schloß die Tür hinter uns. „Hast du es erkannt?" fragte er erschöpft. In seinen geweiteten Augen war Panik zu erkennen. „Das war ein Fragment des Shetanmargt. Es scheint, als hätte sich der Rechenverbund dazu entschlossen, die Menschen der SOL für das Dasein in den übergeordneten Dimensionen umzuschulen."
    „Aber das wolltest du doch", hielt ich ihm vor.
    Er schüttelte heftig den Kopf. „Die Wirklichkeit sieht anders aus als alle Theorie. Wir müssen etwas dagegen unternehmen."
    Ich nickte und fragte: „Wohin führt dieser Gang?"
    Er sagte, daß dies der Weg zu einem der Ausgänge sei und nannte auch die Bezeichnung des dahinterliegenden Korridors. „Das trifft sich gut, dort wurde ich nämlich von meinen Posbis getrennt. Sicherlich warten sie bereits voller Ungeduld auf mich", sagte ich und fügte im Falsett hinzu: „Du mußt mir nur versprechen, daß du mich nicht verrätst."
    „Sorgen hast du", meinte er kopfschüttelnd. „Die SOL ist in Gefahr,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher