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076 - Mimikri

076 - Mimikri

Titel: 076 - Mimikri
Autoren: Horst Pukallus
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des Kontinentalschelfs sickerte, blieb sie selbst auf weite Entfernung gut sichtbar.
    »Da tut sich nichts« , sagte Rulfan zum vierten oder fünften Mal. Die Wesen verhielten sich passiv. Er senkte das Fernglas.
    Die Transportqualle bewegte sich während des Aufwärtsschwebens allmählich in Richtung Küste. Unter ihr erstreckten sich Torkurs verlassene Rundund Pilzbauten. Gemächlich schickte sich die Qualle an, die Zentralkuppel zu überqueren.
    »Ob sie gemerkt haben, dass wir nicht an Bord sind?« , überlegte Dave McKenzie laut. »Bestimmt haben sie was gemerkt.« Unruhig kratzte er sich den Bart. Immer wieder fummelte er an seiner altmodischen Brille herum. »Ich bin sicher, dass sie was gemerkt haben.«
    Wulf knurrte missmutig. Rulfan presste die Lippen aufeinander. Bisweilen wäre er Dave gern über den Mund gefahren. Der Astrophysiker verbreitete nichts als Unruhe.
    In diesem Moment trat Mer'ol einen Schritt vor und streckte die Flossenhand aus. »Da! Es passiert etwas!«
    Ruckartig hob Rulfan das Fernglas - um zu sehen, dass Wellen über den Leib der kleineren Kreatur liefen.
    »Tatsächlich…!«
    Zunächst ließ sich nicht erkennen, welchen Zweck diese Regungen haben sollten. Dann jedoch zog sich das Geschöpf zusammen und löste sich vom Kuppeldach des Hydrosseums. Wie eine unregelmäßig gewachsene, zerfranste Schnecke erhob es sich in die Höhe. Rulfan schätzte, dass es in dieser geballten Klumpenform ungefähr siebzig bis achtzig Meter im Durchmesser maß.
    Mittels Kontraktionen schnellte es sich mit verblüffender Gewandtheit durchs Wasser. Zielstrebig strebte es zwischen Hydrosseum und Zentralkuppel in die Höhe.
    »Was passiert?!« , drängte McKenzie, der ohne Fernglas die Vorgänge nur erahnen konnte.
    »Die kleinere Masse bewegt sich auf die Transportqualle zu« , schilderte Rulfan. »Es wird sie abfangen…«
    Der Astrophysiker drückte sich an dem Bullauge die Nase platt. »Nur die kleinere Masse?« , fragte er nach.
    »Leider« , bestätigte sein Begleiter.
    »Die große über dem Hydrosseum rührt sich nicht.«
    Da sie ausschließlich als Beförderungsmittel konstruiert war, konnte sich die Qualle auf keinerlei Feindseligkeiten einstellen. Fast betulich setzte sie ihren Weg fort, als gäbe es keine nahende Gefahr.
    Als das Wesen in ihre Nähe gelangt war, bildete es aus schon vorhandenen Stummeln mehrere dicke Tentakel. Sekunden später umschlang es die Qualle, die vollkommen zwischen den breiigen Armen des Angreifers verschwand.
    Dann kam es zu mehreren wüsten Wallungen.
    Als die Kreatur ihre Greifer wieder entfaltete, rieselten die Überbleibsel der Transportqualle in zerfledderten Fetzen aus ihrer zerstörerischen Umklammerung.
    Sie trieben auseinander und sanken langsam auf den Meeresboden.
    »Sieht aus, als hätten wir die Viecher erst richtig wütend gemacht« , äußerte Dave McKenzie voller Ironie. »Das war ja der reinste Tobsuchtsanfall.«
    »So viel also zu eurer gewaltfreien Lösung « , konnte sich Rulfan eine Spitze nicht verkneifen. »Gehen wir es jetzt auf 'Menschenart' an?«
    »Immerhin besteht die Chance, dass sie uns für tot halten« , hielt Mer'ol dagegen.
    »Dann hätten wir bei der Befreiungsaktion das Überraschungsmoment auf unserer Seite.«
    »Dafür sitzen Dave und ich erst mal hier fest« , setzte Rulfan nach. »Und Wulf natürlich.«
    Mit einem lauten Klatschen ließ Quart'ol eine Flossenhand auf den Metallcontainer mit Ausrüstung der Londoner Community fallen. Selbstverständlich war das Behältnis entladen worden, ehe man die Transportqualle auf ihre letzte Fahrt geschickt hatte.
    Das Geräusch zog alle Aufmerksamkeit auf sich.
    »Du hast Recht, Rulfan von Coellen« , sagte der Hydrit. »Wir gehen nun den Weg der Menschen.« Er öffnete die Verschlüsse des Containers und nahm Sprengpatronen heraus, die er an Mer'ol und Ul'ba weiter reichte. Das geschah so rasch, dass Rulfan einige Sekunden brauchte, um zu begreifen, was der Hydrit vorhatte.
    »He, Moment mal« , sagte er gedehnt.
    »Ihr wollt das doch nicht ohne uns angehen…?«
    »Haben wir eine Wahl?« , lautete Quart'ols Gegenfrage. Aus dem Plastikband, mit dem die Sprengmittel verpackt gewesen waren, bastelte er eine Art Banderole und bestückte sie mit Sprengkapseln. Sie würden nicht ganz so wirkungsvoll wie der Plastiksprengstoff sein, aber dafür gab es einen weitaus größeren Vorrat davon. »Wie du schon ganz richtig erkannt hast: Ihr Luftatmer steckt erst mal hier fest, bis wir eine weitere
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