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0757 - Das Reich der Großen Schlange

0757 - Das Reich der Großen Schlange

Titel: 0757 - Das Reich der Großen Schlange
Autoren: Roger Clement
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kam.«
    »Woher?«?
    »Weil ich aus der Zukunft komme, Oleg. Das Jahr 1908 ist für mich Vergangenheit.«
    Der junge Anarchist öffnete den Mund, um Hohn und Spott über Zamorra auszugießen. Hatte die Geheimpolizei Zamorra vielleicht so schlimm gefoltert, dass dieser den Verstand verloren hatte? Zuzutrauen war es der Ochrana schon. Aber andererseits war Zamorras Eingeständnis auch die Erklärung für zum Beispiel das grünliche Leuchten dieses Amuletts. Warum sollte es in der Zukunft solche Gegenstände nicht geben? Auch das elektrische Licht war ja schließlich erst vor wenigen Jahrzehnten erfunden worden.
    Oleg brauchte ein paar Minuten, um sich mit der Vorstellung anzufreunden, doch schließlich hatte er es akzeptiert. Nun gut, Zamorra kam aus der Zukunft. Das war dann wohl auch so. Gleichzeitig erwachte nun die Neugier des jungen Anarchisten.
    »Aus welcher Zeit kommst du, Zamorra?«
    »Aus dem Jahre 2003.«
    »2003! Das ist ja fast hundert Jahre in der Zukunft! Da hat sich in der Zwischenzeit wohl viel verändert?«
    »Kann man sagen.«
    »Wird Russland noch vom Zaren und seinen Schergen unterjocht?«
    »Nein, das nicht.«
    »Ha! Ich wusste es! Hat die schwarze Fahne der Anarchie dieses Kroppzeug hinweggefegt?«
    »Eher die rote Fahne der Bolschewisten. Aber das ist auch schon wieder Geschichte. Im Jahre 2003 steht ein Präsident an der Spitze des russischen Staates. Nach amerikanischem Vorbild.«
    »Ach so.« Oleg klang enttäuscht. »Und warum bist du nun ins Jahr 1908 zurückgereist, Zamorra?«
    »Weil ich herausfinden will, was bei dieser Tunguska-Katastrophe wirklich geschehen ist. Es hat zwischen 1908 und 2003 etliche Expeditionen in dieses Gebiet hier gegeben. Mit Wissenschaftlern aus aller Welt. Vieles hat man herausgefunden. Zum Beispiel, dass dieser Feuerball die zweitausendfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe hatte. Aber…«
    »Was für eine Bombe?«
    Zamorra hätte sich am Liebsten auf die Zunge gebissen. In gewisser Hinsicht kam Oleg aus einer glücklicheren Welt. Zwar hatte es auch im Jahre 1908 schon Unterdrückung und Elend auf der Welt gegeben. Aber die Ernährungslage in Afrika war beispielsweise besser als 2003. Und es existierten noch keine Massenvernichtungswaffen, mit denen man die Menschheit gleich einige hundert Mal zur Hölle jagen konnte.
    Selbst Giftgas, das im Ersten Weltkrieg so furchtbare Verheerungen angerichtet hatte, war im Jahre 1908 noch nicht eingesetzt worden.
    »Was für eine Bombe, Zamorra?«, wiederholte Oleg seine Frage. »Hiroshima ist doch eine Stadt in Japan, oder?«
    »Hiroshima war eine Stadt in Japan«, sagte der Dämonenjäger mit tonloser Stimme, und ein Blick auf Zamorras Gesicht veranlasste den jungen Anarchisten, nicht weiter nachzufragen. Plötzlich war Oleg die Lust vergangen, mehr über die Welt der Zukunft zu erfahren. Er hatte das unangenehme Gefühl, dass die Dinge sich zum Schlechteren entwickeln würden. Und zwar ganz gewaltig…
    Doch bevor Oleg sich in düsteren Gedanken verlieren konnte, erblickten sie das Lager der Tungusen!
    Die Einwohner der Tunguska-Region waren Nomaden. Ein Dutzend ihrer Hütten, die Jurten genannt wurden, schmiegte sich unterhalb eines Steilhanges an einen kleinen Berg. Die Jurten waren kreisrund und aus Birkenrinde, wie Zamorra wusste.
    Doch an diesem Morgen des 30. Juni 1908 hielt es keinen einzigen der Tungusen in den Jurten. Die Männer, Frauen und Kinder in den Wollmänteln und selbst geschneiderten Fellhosen drängten sich zwischen den Jurten ängstlich aneinander. Einige der Jünglinge versuchten allerdings, mit der Flinte in der Hand eine tapfere Haltung einzunehmen.
    Doch das wirkte angesichts der Bedrohung, die vom Himmel kam, bestenfalls Mitleid erregend. Wie wollten die Krieger mit ihren altertümlichen Schießeisen gegen eine riesige Masse aus Feuer und Stein kämpfen?
    All das ging Zamorra durch den Kopf, aber er sagte es nicht. Diese Sippe hatte einfach Glück gehabt. Wenn sie ihr Lager auf dem Nordufer der Tunguska aufgeschlagen hätten, dann wären sie genauso elend verbrannt wie viele andere Tungusen aus anderen Sippen.
    Auch die Rentiere, an denen Zamorra und Oleg und ihre beiden Begleiter nun vorbeigingen, waren unruhig. Das große Feuer, welches sich über viele Quadratkilometer ausdehnte, war auch hier immer noch nahe genug, um die Tiere nervös zu machen.
    Die Sippenmitglieder umringten Zamorra und Oleg. Der junge Anarchist schien sich gar nicht wohl zu fühlen in seiner Haut, doch die Tungusen waren
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