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0749 - Hort der Wölfe

0749 - Hort der Wölfe

Titel: 0749 - Hort der Wölfe
Autoren: Timothy Stahl
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Regel keine Gelegenheit, danach von dieser Begegnung zu berichten - weil er sie schlicht nicht überlebte. Zwei oder drei hatten dieses Kunststück bislang fertig gebracht, sagte man. Und auch, dass dieses Glück kein Segen für diese zwei oder drei gewesen sei…
    Mit einer mehrschwänzigen Peitsche, in deren Lederriemen silberne Dornen geflochten waren, hatte der Jäger auf Rebecca eingedroschen. Die Striemen unter ihrem Fell brannten jetzt noch, da sie inmitten des Maisfeldes stand und über die Stauden hinweg Ausschau hielt, ohne eine verdächtige Regung wahrzunehmen.
    Ihr Blick wie auch ihre Gedanken kehrten zu der Scheune zurück, die sich in einiger Entfernung wie ein Felsbuckel aus dem silbrigen Ozean erhob.
    Die Peitsche, auch das wusste Rebecca aus den Elegien ihrer Artgenossen, zählte zu den harmloseren Waffen des Jägers. Über ein ganzes Arsenal verfügte er angeblich, und gerade zu diesem Thema kursierten die wildesten Gerüchte. Von silbernen Fangeisen war die Rede, die der Jäger auslegte, ebenso von Schlingen aus Silberdraht, die er Wölfischen um den Hals legte, um ihnen denselben durchzuschneiden, und dergleichen - und Grausameres! - mehr…
    Rebecca hatte es geschafft, von dem schmerzhaften Peitschenhieb abgesehen, unbehelligt aus der Scheune zu entkommen, indem sie dem Jäger, eher im Reflex als wirklich beabsichtigt, den Farmerssohn entgegengeschleudert hatte, wodurch beide zu Boden gegangen waren. Diesen Augenblick hatte sie genutzt, um zum Tor hinaus- und davonzustürmen, ziellos, nur fort und aus dem Blickfeld des Jägers, den sie allenfalls für Sekunden aufgehalten haben konnte.
    Tatsächlich hatte Rebecca mit langen, kräftigen Sätzen kaum das Maisfeld erreicht, als sie auch schon spürte , wie der Jäger die Verfolgung aufnahm, wie die Jagd begann!
    Und jetzt schien sie vorbei.
    Nichts rührte sich ringsum. Kein Laut war zu hören.
    Nur die Ahnung der Gefahr war in Rebecca noch vorhanden und mochte der Beruhigung, die sie empfinden wollte, nicht weichen.
    Aus gutem Grund.
    Denn die Jagd war noch nicht vorbei! Sie fand ihr Ende erst…
    ... jetzt !
    Urplötzlich, wie ein Schatten im Licht des Vollmonds fällt, wenn der hinter einer Wolke hervortritt, war er da.
    Der Jäger.
    Langhaarig und bärtig, beides wie mit Fäden aus purem Silber durchwirkt, ansonsten nackt, stand er zwischen den Maisreihen. Groß, kräftig war er und wirkte im Vergleich zu der immer noch hoch aufgerichteten Wölfin doch klein.
    Rebecca hätte keines sonderlich weiten Sprunges bedurft, um ihn zu erreichen. Die Entfernung betrug vier, allenfalls fünf Schritte.
    Aber sie war zu langsam. Ließ sich den entscheidenden Sekundenbruchteil lang ablenken von dem, was der Jäger in der rechten Faust und auf sie gerichtet hielt.
    Auf den ersten Blick schien es sich um eine klobige Pistole zu handeln.
    Auf den zweiten erst erkannte Rebecca, was es wirklich war - just in dem Moment, da der Jäger die handliche Armbrust auslöste und der Bolzen auf sie zuschoss, dem Bruchstück eines Blitzes gleich.
    Ein Sirren und - Fffwwopp!
    Mitten ins Herz fuhr ihr der handspannenlange Pfeil!
    Zuerst spürte sie nichts außer der bloßen Wucht, die sie lediglich einen halben Schritt nach hinten trieb.
    Die Wölfin verzog die Lefzen zur Abart eines Grinsens.
    Mehr hatte der Jäger nicht aufzubieten? Waren am Ende die Schauergeschichten, die man sich über ihn erzählte, allesamt übertrieben?
    Nein.
    Hatte sie vorhin, auf der Flucht, noch den Eindruck gehabt, die Todesangst wolle sie einem Gift gleich lähmen, spürte sie jetzt, wie sie tatsächliche Lähmung befiel. Von ihrer Brust ausgehend griff eisige Kälte um sich, floss durch ihr Aderwerk, getrieben durch den Schlag ihres eigenen Herzens, hin in jeden Winkel ihres Körpers.
    Starr, wie versteinert, stand sie da. Dann verlor sie die Balance. Und stürzte schwer vornüber..
    Sie kam so zu liegen, dass sich der Blick ihrer Lichter mit dem der Augen des Jägers kreuzte.
    Die Kälte in ihr nahm zu, wurde unerträglich, beißend, fraß ihr Leben.
    Ihr Todeskampf währte lange. Als sei das Gift, das ihr Herz getroffen hatte, nicht nur bestimmt, sie zu töten, sondern auch dazu, sie das Leid ihrer Opfer nachfühlen, sie büßen zu lassen.
    Reue verspürte Rebecca Dale dennoch nicht. Denn Reue war wider ihre Natur.
    Wogegen sie nicht gefeit war, das war der Blick des Jägers, waren seine Augen, war die Kälte darin. Sie war auf ganz eigene Art ungleich schlimmer als jene, die Rebecca
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