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0749 - Hort der Wölfe

0749 - Hort der Wölfe

Titel: 0749 - Hort der Wölfe
Autoren: Timothy Stahl
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wohl, denn er war an Herzversagen gestorben. Doch Merlow Vanduren hatte sich dem älteren Familienerbe stärker verpflichtet gefühlt.
    Es schien ihm, als sei in den Adern seines Vaters anderes als das alte Vanduren-Blut geflossen. In seinen Adern jedoch hatte es Merlow Vanduren seit jeher gespürt, und er war dem Ruf des Blutes nicht nur gefolgt, sondern fest entschlossen gewesen, mehr aus der Tradition zu machen, als seine Vorgänger es getan hatten.
    Zunächst aber war er, in jungen Jahren schon, nach Europa gegangen, um all jene Sachen zu holen, die von einer Generation seiner Familie zur nächsten weitergegeben worden waren und die sein Vater zurückgelassen hatte. Dafür hatte Merlow Vanduren Jahre gebraucht, denn nur ein kleiner Teil der Bücher, Dokumente und handschriftlichen Aufzeichnungen hatte sich noch im Keller und auf dem Dachboden ihres früheren Hauses befunden. Den Großteil hatte er in Antiquariaten und Privatsammlungen, in Bibliotheken und an höchst sonderbaren Orten aufstöbern und mühsam Zusammentragen müssen.
    Es war eine Reise in die Vergangenheit gewesen, die er da unternommen hatte, in die Historie seiner Familie, die ihn bis ins Baltikum und nach Russland geführt hatte, wo - nicht nur nach Vandurenschen Erkenntnissen - vielleicht die Wiege des Werwolftums stand, zumindest aber ein Herd des Glaubens daran lag.
    Noch während dieser Reise starb in New York sein Vater. Zurück in Amerika, verkaufte Merlow Vanduren das väterliche Unternehmen und widmete sich fortan ganz dem, womit sich seine Familie seit Jahrhunderten befasste: der Lykanthropie.
    Dabei stützte er sich auf jene Werke und Hinterlassenschaften, die ihm seine Ahnen vermacht hatten, ergänzte deren Wissen und Studien, unternahm Reisen, folgte ihren und neuen Fährten und erforschte die Werwolfsmythen der Welt. Nur eines fand er in all der Zeit nie heraus: den Ursprung dieser Tradition seiner Familie. Die entsprechenden Aufzeichnungen ihres Begründers, wenn es sie denn überhaupt je gegeben hatte, fehlten. Nicht einmal sein Name war überliefert.
    Aus späteren Unterlagen ließen sich lediglich zwei mögliche Erklärungen herausinterpretieren: Entweder wurde dem ersten Vanduren, der sich mit den Werwölfen beschäftigte, ein lieber Mensch durch ein solches Untier genommen - oder er war selbst ein Wolfsmensch gewesen!
    Allein der Gedanke an diese letzte Alternative ließ Merlow Vanduren frösteln, trotz der Hitze, die in diesem Keller, seiner Werkstatt, herrschte. Schließlich bedeutete sie, dass der Wolfskeim auch in ihm schlummerte…
    Er stieß sich von der Werkbank, an die er sich nach dem Leeren der Transportkisten gelehnt hatte, ab, so heftig, als müsse er den unangenehmen Gedanken mit einer körperlichen Bewegung abschütteln.
    In einem anderen Raum schaufelte Vanduren Eierkohle in den Brenner, der die Villa wie auch den Teil des Kellers beheizte. Vanduren brauchte die Wärme zum Auftauen seiner Beute.
    Als er in seine Werkstatt zurückkehrte, schlug ihm die Hitze wie eine Wand entgegen.
    Gut…
    Er zog sein Hemd aus und band eine lederne Schlachterschürze um. Dann wetzte er seine ohnedies schon höllisch scharfen Messer. Und dabei ließ er seine Gedanken abermals schweifen, zurückwandern…
    In Russland war ihm eine Geschichte zu Ohren gekommen, die zu seinem Vorhaben, mit der Erforschung des werwölfischen Wesens Geld zu verdienen, zu passen schien. Zwar hatte ihm niemand sagen können, ob die Geschichte beziehungsweise ihr Kern - das Rezept sozusagen - der Wahrheit entsprach, aber er hatte selbst die Probe aufs Exempel gemacht. Er hatte Versuche angestellt, Tests vorgenommen. Und schließlich hatte es funktioniert!
    Und seitdem - oder eher seit Vanduren über einen entsprechenden Kundenstamm verfügte - rollte der Rubel. Dieser Umschwung war gerade rechtzeitig gekommen, denn das Geld aus dem Verkauf des väterlichen Erbes war zu dem Zeitpunkt fast aufgebraucht gewesen.
    Seitdem nannten sie Merlow Vanduren den Jäger - sie, die er nicht etwa aus Hass, sondern aus reinem Kalkül jagte, weil sie sein Rohstoff waren…
    Er hatte es wahrlich zur Meisterschaft gebracht in seiner Profession, der Jagd auf Werwölfe, die ja eigentlich nur Teil seiner Arbeit war - der Beschaffungspart. Sie fürchteten ihn, das wusste er, und es erfüllte ihn mit Stolz, weil er das Werk seiner Vorfahren zu einer Blüte geführt hatte, von der sie sich wohl nie hätten träumen lassen.
    So tat er es also zu ihrer Ehre - und zu seinem eigenen
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