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074 - Der Sohn des Zyklopen

074 - Der Sohn des Zyklopen

Titel: 074 - Der Sohn des Zyklopen
Autoren: Dämonenkiller
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Trance gegen die Wand. Er näherte sich dem Bett. Das Gewehr hätte ohnehin zuviel Krach gemacht. Wozu besaß er seine Hände? Sie waren kräftig; mit ihnen konnte er es völlig lautlos tun. Inez würde überhaupt nichts merken. Und wenn sie am nächsten Morgen aufwachte, würde er sie schonend darauf vorbereiten, was sie im Keller erwartete. „Gibst du mir einen Gutenachtkuß, Vater?"
    Miguel beugte sich über das Bett. in dem der blauhäutige Zyklopenjunge lag. Seine Hände zuckten nervös, aber die Arme waren steif; er konnte sie nicht gebrauchen.
    Er küßte Tirso auf die hohe, glatte Stirn. Dabei rann ihm ein Schauer über den Rücken.
    „Gute Nacht, Tirso!" brachte er mühsam hervor.
    „Gute Nacht, Vater!"
    Vater! Das klang in Miguels Ohren wir ein Schimpfwort. Als er das Kinderzimmer wieder verließ, glich sein Abgang einer überstürzten Flucht.
    Diese Mißgeburt nannte ihn Vater. Aber es war nicht sein Kind. Es war ein Ungeheuer - und es war stärker als er.
    Miguel sank auf die Kellertreppe und blieb liegen. Sein Körper zuckte krampf artig; er schluchzte. Von oben erklang Inez' Stimme: „Das Essen ist fertig, Miguel!

    Des Dämonenkillers Notizen zur baskischen Religion.
    In der Mythologie der alten Basken spielen zahlreiche Geister eine bedeutende Rolle, an die man in den Schluchten und Tälern der Pyrenäen auch noch heute glaubt. Und wie ich es selbst erlebte, haben die Basken allen Grund, an die Existenz von Dämonen zu glauben. Früher einmal müssen die zerklüfteten Bergtäler ein beliebter Zufluchtsort für Dämonen gewesen sein, aber seit sie sich zur Schwarzen Familie zusammengeschlossen hatten und das Tageslicht nicht mehr scheuten, fand man in Ballungszentren der Zivilisation mehr Dämonen als in den entlegenen Winkeln.
    Torto heißt eine der teuflischen Erscheinungen aus der baskischen Religion. Als ich von dem Dämon, der Don Chapman in die Pyrenäen entführen ließ, den Hinweis erhielt, daß Torto nun im Besitz des hermetischen Kreisels war, konnte ich mir unter diesem Namen nichts vorstellen. Erst einer aus der Sekte klärte mich auf.
    „Torto ist ein einäugiger Teufel, der in der alten Religion seinen festen Platz hat. Seine Haut ist blau. Er hat kein Fell, so daß er sich vor der Kälte des Winters in die wärmeren Täler flüchtet oder in einer seiner Höhlen Winterschlaf hält. Torto ist nicht tot - er lebt. Und wir wissen, daß er einen Sohn gezeugt hat, der sein Ebenbild ist. Diesen Kinddämon müssen wir finden und töten, damit das Geschlecht der Zyklopen ausstirbt."
    Ich hatte den Hinweis bekommen, daß Torto im Nationalpark Ordesa hause, und war mit einer Gruppe bewaffneter Sektenmitglieder dorthin unterwegs.

    Vom Nationalpark Ordesa zum Baztan-Tal war es ein langer und beschwerlicher Weg. Im Sommer hätte er diese Strecke mühelos bewältigen können, denn er war groß und stark; aber jetzt lag überall tiefer Schnee, und er mußte die Straßen meiden, weil er den Menschen nicht begegnen wollte.
    Er ging ihnen aus dem Weg, wo er nur konnte. Nur, wenn es sich nicht anders machen ließ, gab er sich mit den Menschen ab; etwa, wenn einer seiner vielen Brüder in der weiten Welt einen Gefallen von ihm wollte.
    So wie vergangenen Sommer, als ein Dämon, dessen Namen er längst vergessen hatte, von ihm verlangte, er sollte einen der Touristen töten, der in den Nationalpark Ordesa kam.
    Seit damals hatte Torto kein Menschenfleisch mehr genossen. Im allgemeinen ließ er die Touristen in Ruhe, die kamen, um die Naturwunder zu bestaunen. Nicht etwa, daß er ein Kostverächter war - aber seine Vorsicht überwog seine dämonischen Triebe. Er saß in seiner Höhle hinter den Cacadas de Cotatuero und starrte durch die herabstürzenden Wassermassen verlangend auf die Menschen, die zum Greifen nahe waren.
    Aber er war feige. Und er war auch nicht so klug wie seine anderen Brüder, um sich einen Plan auszudenken, wie er ohne Risiko an seine Opfer herankommen konnte. So hielt er sich an die Haustiere der Menschen.
    Er hatte eine kleine Schafherde gestohlen, die er jetzt durch die verschneite Bergwelt in Richtung Baztan-Tal trieb. Manchmal versanken die Schafe so tief im Schnee, daß er sie mit den Händen freischaufeln und ein Stück tragen mußte.
    Er fror erbärmlich. Selbst schwerste körperliche Arbeit konnte ihn nicht erwärmen. Dabei hatte er vor Antritt seines Marsches einige Schafe gerissen und sich in deren Pelze gehüllt. Doch nicht doppelt so viele Pelze und auch nicht hundert
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