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0737 - Kreaturen der Finsternis

0737 - Kreaturen der Finsternis

Titel: 0737 - Kreaturen der Finsternis
Autoren: Jason Dark
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Hintergrund brannten einige Lampen. Sie bestanden aus glänzenden Metallhalbkugeln und hingen an langen Stäben von der Decke. Ihr Licht verteilte sie wie Glocken. Es floß über die zahlreichen Regale, die sehr hoch und vollgestopft mit Büchern waren. Wer hierher kam und lesen wollte, dem wurde ein gewaltiger Querschnitt durch die Literatur geboten.
    Ein langer Tresen trennte die Halle. Auf ihm standen Kartenkästen, eine Rechenmaschine, eine Kasse, aber kein Monitor oder Computer. Man hatte noch nicht auf EDV umgestellt.
    Waren wir die einzigen Besucher?
    Es konnte sein, aber wer hierher kam, der verhielt sich meistens still, um andere nicht zu stören, wenn sie sich Bücher aussuchten. Ich ging davon aus, daß sich jenseits der Regale ein für uns noch nicht einsehbarer Leseraum befand.
    Wir hörten Schritte. Nun drehten wir die Köpfe nach rechts. Dort sahen wir eine schmale Tür im Halbdunkel. Sie stand offen. Jemand verließ den anderen Raum und betrat die Halle.
    Es war eine Frau mittleren Alters. Sie trug ein graues Kostüm und eine cremefarbene Bluse mit ebenfalls grauen Tupfen darunter. Der Rock war lang und schaukelte um ihre Waden. Die braunen Haare waren halblang geschnitten, in der Mitte gescheitelt. Das Gesicht wirkte blaß, um die farblosen Lippen zuckte ein Lächeln.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Sie fragte erst, als sie hinter ihrer Rechenmaschine stand. Eine Hand hatte sie dabei auf die Kasse gelegt, als wollte sie sie bewachen.
    »Das können Sie«, sagte ich. »Es geht um einen Mann. Er heißt Norman Fiddler und soll hier wohnen.«
    Sie wischte mit der Hand über die Kasse, als wollte sie diese streicheln. »Hier wohnen?«
    »Ja.«
    »Wir haben hier eine Bücherei.«
    Ich verdrehte die Augen. Neben mir stand Jiri Sabka und schüttelte den Kopf. Ein Zeichen, daß die Frau normal war und sich keine Kreatur der Finsternis hinter ihrem normalen Anblick verbarg. »Also, Madam, kennen Sie Fiddler, oder kennen Sie ihn nicht?«
    »Was wollen Sie von ihm?«
    Ich zeigte ihr meinen Ausweis.
    Sie starrte ihn an, schluckte einige Male und fragte mit Flüsterstimme: »Scotland Yard?«
    »Ja.«
    »Das ist etwas anderes.« Sie nickte und löste endlich ihre Hand von der Kasse. »Ja, er wohnt hier. Über der Bücherei sind einige Wohnungen, unter anderem lebe ich auch dort.«
    »Mit Fiddler in einer Bude?«
    »Nein, was denken Sie!« Ihre Stimme klang entrüstet. »Wir sind nur Nachbarn.«
    »Hat er allein gewohnt?«
    »Nein, mit seiner Schwester.«
    »Und die ist oben?«
    »Die arbeitet hier.«
    »Ist sie da?«
    Die Frau nickte. »Hinten. Sie archiviert. Die heißt Rose Fiddler. Ich kann sie rufen und…«
    »Das ist nicht nötig«, wehrte ich ab.
    »Wir werden den Weg schon finden.«
    »Wie Sie wollen.« Interesse glomm plötzlich in ihren Augen. »Sagen Sie mal, was ist eigentlich los? Weshalb sind Sie gekommen? Was ist mit Norman passiert?«
    Ich hatte beschlossen, ihr noch nicht die Wahrheit zusagen. »Es sind nur einige Auskünfte, die wir haben wollen. Die kann uns auch Rose Fiddler geben.«
    »Gut.«
    Sie hielt uns nicht auf, als wir links an dem langen Tresen vorbeigingen und das Allerheiligste betraten. Allerdings schaute sie uns nach, die Stirn in Falten gelegt. Sie machte den Eindruck, als hätte sie uns nicht geglaubt.
    Die Welt der Bücher nahm uns auf.
    Rechts und links rahmten uns Regale ein. Die dort stehenden Bücher waren nach Sachgebieten geordnet worden, was wir den zahlreichen Hinweisschildern entnehmen konnten. Auf dem kurzen Weg zwischen den Regalwänden hatte ich das Gefühl, als würde sich mir die Welt der Bücher regelrecht öffnen. Es roch nach Abenteuern eines James Fenimoore Cooper, eines Charles Dickens, einen Mark Twain und anderen Autoren.
    Einmal sahen wir einen Besucher. Er schnüffelte wie ein Detektiv in einem der Quergänge herum, hatte sich den Buchrücken weit entgegengebeugt und es hätte nur die Lupe gefehlt, um ihn aussehen zu lassen wie Sherlock Holmes.
    Das Büro oder Archiv nahm jenseits der Regale die gesamte Breite des Raumes ein. Lesetische und Holzstühle erinnerten mich an die alten Schulen, die ich hin und wieder auf Fotos gesehen hatte.
    Fehlte nur noch der Kanonenofen. Hier war er durch klobige Heizkörper ersetzt worden. Zwei Personen saßen an den Tischen und lasen. Bücherstapel vor sich, schauten sie nicht auf, als sie unsere Schritte hörten. Wir bemühten uns, leise zu gehen.
    Rose Fiddler saß abseits. Sie las nicht, sondern schrieb etwas auf
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