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0735 - Die Armee aus dem Ghetto

Titel: 0735 - Die Armee aus dem Ghetto
Autoren: Unbekannt
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mittelgroßer, hagerer und zumeist schlampig gekleideter Mann von schwer definierbarem Alter, war einem Geheimnis auf der Spur. Denen, die ihn nur flüchtig kannten, machte das wenig aus. Sulliman Cranoch galt als verschroben.
    Nur sein Freund, der Arzt - ein wenig größer und ein wenig fülliger als Sulliman, blond und blauäugig wie das Urbild des Nordländers, dabei jedoch südamerikanischer Herkunft und auf den klangvollen Namen Oli-veiro Santarem hörend - wußte, daß diesmal wirklich etwas Geheimnisvolles im Gange war.
    Schließlich hatte Santarem selbst die Behandlung des Patienten geleitejt, der von seinem letzten Einsatz mit einem künstlich aufgepfropften Gedächtnis zurückgekehrt war. Stück um Stück hatte er die Pseudoerinnerung aus seinem Bewußtsein entfernt und ihm ebenso Stück um Stück das wieder eingetrichtert, was normale Menschen an Erinnerung mit sich herumtragen.
    Santarem wußte also aus erster Hand, was da in Ranjit Singhs Bewußtsein gesteckt hatte, hineingepfercht von einem tückischen Suggestivfeld, das die aphilische Regierung ausprobiert hatte, um zu erfahren, ob es nicht möglich war, die natürlich gewachsene Erinnerung der Menschen durch ein aphiliegerechtes Pseudogedächtnis zu ersetzen. Im Zustand der Tiefhypnose hatte Ranjit Singh von sich gegeben, was er wußte, und Oliveiro Santarem hatte es Wort für Wort aufgezeichnet.
    Als er sich die Aufzeichnung in seinem Privatquartier vorspielte, war Sulliman Cranoch dazugekommen. Er hatte Ranjit Singhs verschlafenes Gemurmel gehört und war sofort wie elektrisiert gewesen. Er hatte sich eine Kopie der Aufzeichnung erbeten, und seitdem saß er Tag und Nacht am Rechner und jagte hinter einem Geheimnis her, von dem er nicht einmal Santarem sagen wollte, worum es sich eigentlich handelte.
    Der, Arzt öffnete die Tür zu dem kleinen Rechnerlabor, das Cranoch mit Beschlag belegt hatte. Wie üblich saß sein Freund im Halbdunkel und starrte auf Zeichenketten, die auf einem Bildschirm über sein Blickfeld wanderten. Santarem stand eine Weile und wartete, daß Cranoch ihn bemerke. Als das nicht geschah, sagte er: „Ranjit erinnerte sich!"
    Cranoch fuhr in die Höhe.
    „Wie ... was ... wer ...?!"
    Er erkannte den Freund, lächelte matt und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
    „Du bist es", sagte er wie erleichtert. „Verzeih! Ich war ziemlich ... vertieft."
    „Das konnte ich sehen", spottete Santarem. „Also: Ranjit erinnert sich an alles. Das Zeug hat wirklich in seinem Bewußtsein gesteckt. Das wolltest du wissen, nicht wahr?"
    „Ganz richtig", bestätigte Sulliman Cranoch. „Weißt du, es wäre nämlich möglich gewesen, daß das, was er auf dein Band sprach, nicht wirklich aus seinem Bewußtsein kam, sondern ihm im Zustand der Hypnose von außen her durch irgendeinen telepathischen Mechanismus zugetragen wurde."
    Santarem machte ein ungläubiges Gesicht.
    „Das ist ziemlich weit an den Haaren herbeigezogen, findest du nicht auch?"
    Sulliman Cranoch schüttelte den Kopf. Er hatte eine Gewohnheit, selbst bei dem nichtigsten Anlaß äußerst energisch den Kopf zu schütteln, wie es kleine Kinder oder auch Geistesgestörte tun.
    Das war eine der Eigenheiten, denen er seinen Ruf als Sonderling verdankte.
    „Nicht ganz so, wie du denkst", verteidigte er sich.
    „Die Wortgehalte sind die gleichen, wenn auch die Satzgehalte sich voneinander deutlich unterscheiden."
    „Wortgehalte ... Satzgehalte ...", protestierte Santarem.
    „Ich verstehe von solchen Dingen nichts. Worauf willst du hinaus?"
    „Es gibt bei uns ein Dokument", erklärte Cranoch, „das auf dieselbe Weise abgefaßt ist wie das, was dein Patient auf Band gesprochen hat. Verstehst du? Es hat dieselbe semantische Struktur. Und da diese Struktur eine sehr eigenartige ist, ließ es mir keine Ruhe, als ich die Aufzeichnung hörte."
    „Und du hast herausgefunden, was es ist?" erkundigte sich Santarem neugierig.
    „Nein", antwortete Sulliman Cranoch so offen, wie man es von ihm gewöhnt war. „Ich weiß nur jetzt mit Sicherheit, daß es hier ein Geheimnis gibt."
    Oliveiro Santarem seufzte ergeben.
    „Irgendwann, hoffe ich, wirst du mir erklären, wovon du redest.
    Fürs erste interessiert mich nur, was das für ein Dokument ist, von dem du sprichst."
    „Das BUCH", antwortete Sulliman Cranoch trocken.
    Tausende von Kilometern entfernt. Imperium-Alpha, Innensektor. In einem großen, fast kahlen Raum zwei Männer, die ein Gewirr aus leuchtenden Linien und Flächen auf
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