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0734 - Dem Wahnsinn nahe

0734 - Dem Wahnsinn nahe

Titel: 0734 - Dem Wahnsinn nahe
Autoren: Jason Dark
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Eisenbahnwagen.
    Sie stärkte mich, sie war immer bei mir, sie nahm mir die Augen, sie führte mich weg.
    Alles war so anders geworden, so seltsam, so träge, und ich fing an, müde zu werden.
    Ich sackte weg.
    Es war ein wunderbares Fallen. Zuerst leider zu schnell, dann aber etwas sanfter, danach fließender, so daß ich in die Tiefe hineinglitt, von der ich ebenfalls nicht sagen konnte, wo ihre Grenzen lagen.
    Mein Geist war manipuliert wurden, aber aus dieser mächtigen schwarzen Tiefe erklang das Signal der Hoffnung, des Schutzes, denn ich hörte wieder meinen Freund sprechen.
    »Wie fühlen Sie sich, John?«
    »Gut, sehr gut…«
    »Genauer bitte.«
    »Es ist alles so leicht, so weit, ohne Ende. Ich treibe, und ich lasse mich gern treiben.«
    »Das ist gut, John, weiter so. Sehen Sie ein Ziel?«
    Nur die Stimme hörte ich, nur die Stimme. Sie war für mich wie eine Mutter, sie gab mir Geborgenheit, sie nahm mir die Angst. So lange sie bei mir war und mich begleitete, konnte mir nichts passieren. Da war ich in Sicherheit. Gern hätte ich ihr den Gefallen getan und ihr ein Ziel genannt, aber ich konnte nichts sehen, ich trieb einfach durch die Finsternis. Die schwarzen Wolken verdeckten alles.
    »Sie suchen ein Ziel, John?«
    »Nein, ich sehe keines.«
    »Dann werden wir uns weiterbewegen, und Sie wissen ja, daß ich Sie an der Hand halte.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Sie sinken jetzt zurück. Sie lassen sich einfach fallen in den tiefen Trichter der Erinnerung, haben Sie verstanden? Und Sie werden nur dann hochkommen, wenn ich es Ihnen sage. Ansonsten werden Sie weiter nach unten schweben, denn Sie wollen herausfinden, welche Geheimnisse die Tiefe birgt. Ist es nicht so?«
    »Ja, so ist es.«
    »Fühlen Sie sich gut?«
    »Hervorragend.«
    »Ich wußte es. Ja, ich wußte es. Sie werden jetzt tiefer hineingleiten in das Dunkel der Erinnerung. Sie werden vielleicht Dinge erleben, die Ihnen fremd vorkommen werden, aber Sie müssen dabei immer bedenken, daß ich an Ihrer Seite bin. Ich halte Sie an der Leine, ich werde Sie nicht loslassen, mit mir zusammen werden Sie den Kessel der Furcht durchstreifen.«
    »Das weiß ich.«
    »Dann versuchen Sie, in das Dunkel hineinzuschauen. Vielleicht gelingt es Ihnen, Bilder zu sehen, die sich aus der Finsternis hervorschieben. Zuerst wie Schatten, später dann klar wie Kristall. Sie werden mir alles berichten, Sie werden mir erzählen, was Sie sehen und wen Sie getroffen haben.«
    »Ich möchte es gern.«
    »Sie fallen tiefer und tiefer, John. Sie tauchen ein in den Mahlstrom ihrer Existenz. Sie rühren alles auf, sie schaffen Bilder, Szenen, Perspektiven. Durch Ihren Mund werden wir erfahren, was sich da tut. Sie müßten die Erinnerung in sich hochsteigen lassen, damit sich diese zu Bildern formen, über die sie uns dann berichten können, denn auch wir wollen daran teilhaben.«
    »Ich will es versuchen!«
    »Das ist gut, John, sehr gut…«
    Ich gab mein Bestes. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Ich wußte nicht einmal mehr, ob ich einen Körper hatte oder aus einem Geist bestand. Es war einfach diese Schwerelosigkeit, die mich in diesen Taumel hineinversetzte.
    Ich ›segelte‹ weiter…
    Durchtrieb wie ein kleines Stück Holz ein gewaltiges, grenzenloses, unheimliches und schwarzes Meer, dessen Wellen mit mir spielten, als wäre ich ein Korken.
    Es war nicht die Zeit, um an einer Erklärung herumzubasteln. Es war möglicherweise meine Psyche, die sich so bemerkbar machte. Es gab auch noch einen Willen, ich hatte ihn, ja, aber ich konnte ihn nicht mehr selbst lenken.
    »John, bitte…«
    Da war wieder seine Stimme. Ich hörte sie deutlich, dennoch klang sie anders als sonst. War sie weiter von mir entfernt? Hatte mein Führer geschrieen, wobei der größte Teil des Volumens unterwegs verlorengegangen war?
    So weit, so entfernt…
    Ich bekam Angst!
    Es war ein Gefühl der Kälte, das mich erwischte. Es kroch zuerst von außen an mich heran, es berührte mich, es strich über meinen Körper - oder war es mein Bewußtsein? - hinweg. Es streichelte und marterte mich zugleich, es ließ sich nicht stoppen, und es machte mir klar, daß unser Band dünner wurde.
    Die Sicherheit ging verloren.
    Die Furcht verstärkte sich.
    Ich war bisher durch ein Dunkel getrieben, was nun folgte, war schlimmer, viel schlimmer.
    Es war das absolute Dunkel, das herausgerissen werden würde aus dem natürlichen Kreislauf des Lebens.
    Mein Gott, was war das? Warum fühlte ich mich plötzlich so
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