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0731 - Seelen-Tränen

0731 - Seelen-Tränen

Titel: 0731 - Seelen-Tränen
Autoren: M.H. Rückert
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hin selbst durch Raum und Zeit versetzen. Am Zielort rematerialisierten sie und waren nach kurzer Erholungszeit bereit, Personen zu transportieren.
    Ob dies an einer Mutation lag oder an einer unbekannten magischen Aufladung, konnte bis heute noch nicht geklärt werden.
    An'dean war dies auch egal. Für ihn war nur wichtig, dass ihn die Blumen ohne Zeitverlust zu weit entlegenen Welten versetzen konnten. Hauptsache, er konnte seinen Auftrag ausführen und Rehabilitation erlangen, damit er wieder ein Gesicht bekam.
    Daran glaubte er ganz fest. Sonst hätte sein Leben allen Sinn verloren.
    Der Caltar trat als Erster zwischen den mannshohen Blütenkelchen hervor und besah sich die Umgebung genau.
    Seine Gedankenbotschaft, dass keine Feinde in der Umgebung seien, wurde durch die Blumen an seine Genossen auf K'oandar gesendet.
    Nur wenige Sekunden danach erschienen seine Gefährten, einer nach dem anderen, zwischen den Blütenkelchen. Sobald der erste sich entfernt hatte, wurde schon der nächste materialisiert. Solange, bis alle sechzehn Caltaren versammelt waren.
    Alles geschah lautlos, damit keine eventuellen Gegner auf die Caltaren aufmerksam wurden.
    An’dean atmete tief ein. Die kalte Luft stach wie kleine Nadeln in der Luftröhre.
    Dabei ist es ein Wunder, dass ich ohne Nase noch atmen kann, dachte der hagere Mann. Anstelle einer Nase besaß er nur noch zwei schmale Atemöffnungen.
    Der Gedanke, ein Außenseiter in seinem Volk zu sein, brachte ihn fast um den Verstand. Doch was sollte er dagegen unternehmen? Er hatte noch nie das Bedürfnis verspürt, etwas Besonderes zu sein. Lieber war ihm, wenn er inmitten seiner Artgenossen unterging und niemand von ihm Notiz nahm. Als Gesichtsloser war das nur schlecht möglich.
    Reiß dich zusammen, beschwor er sich in Gedanken. Die anderen brauchen nicht zu wissen, wie es um dich steht!
    Kroan trat auf ihn zu. Der große, athletische Caltar war ihr Anführer.
    »Hier muß es sein«, stieß er hervor. »Die Spur endet auf dieser Welt.«
    An'dean blickte auf ihn und wunderte sich zum unzähligsten Mal darüber, wie er ohne Augen sehen konnte.
    »Ich hoffe es.« An’deans Sprechweise? klang immer etwas abgehackt. Holprig, als ob es ihm Schmerzen bereiten würde, mit anderen Wesen zu kommunizieren.
    Kroan verzog das Gesicht. »Nein, im Ernst«, sagte er. »Wir haben alle anderen Spuren der Verräter verfolgt. Keine hat uns bis jetzt ans Ziel geführt, aber hier…«
    Er verstummte. An'dean hustete, um ihm zu zeigen, dass er auf weitere Details wartete.
    »Aber hierhin führen auch die magischen Spuren«, vollendete Kroan seinen Satz.
    »Das ist ganz… sicher?«, fragte An'dean. Während des Sprechens musste er öfters Pausen einlegen.
    »Ja. Das ist es. Auf den anderen Welten, die wir in der letzten Zeit besuchten, waren immer nur leichte Spuren der Tränen zu fühlen. Doch so deutlich wie hier war noch keine Spur«, bestätigte Kroan. Er strich mehrmals über ein breites, besticktes Lederarmband an seinem Handgelenk.
    »Aber so weit zurück in der Vergangenheit?«, wandte An'dean zweifelnd ein.
    »Das ist bei den Transportblumen eben so«, antwortete Kroan. Transportblumen hießen die Regenbogenblumen in der Sprache der Caltaren.
    Kroan war der einzige Caltar, in dessen Nähe sich An'dean wohl fühlte. Der Anführer schien sich nicht darum zu kümmern, dass er ein bestrafter Gesichtsloser war. Er behandelte ihn genauso, wie die anderen Männer und Frauen aus ihrer Gruppe.
    »Dann stimmt es, dass man mit den Transportblumen… nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Zeit… reisen kann?«, wollte An'dean wissen.
    Kroan hob beide Hände mit den Greifflächen nach oben, das caltarische Äquivalent des menschlichen Nickens.
    »Das hat Seanzaara gesagt«, bestätigte er.
    »Seanzaara, immer nur Seanzaara«, beschwerte sich An'dean. »Manchmal glaube ich, dass es niemanden sonst im Multiversum gibt!«
    Kroan zuckte zusammen, er blickte An'dean scharf an.
    »Du versündigst dich, Bruder«, hielt er dem Gezeichneten entgegen. »Wenn sie nicht wäre, dann gäbe es K'oandar schon lange nicht mehr.«
    An'dean war zu klug, darauf zu antworten. Es stimmte - ohne Seanzaara wäre das Volk der Caltaren schon lange ausgestorben, aber ohne sie hätte er noch sein Gesicht.
    Sie war die treibende Kraft gewesen, härtere Strafen zu verhängen. Anklägerin, Richterin und Henkerin in einer Person.
    Was ist besser, überlegte An'dean, ein gesichtsloser lebender Caltar oder ein toter
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