Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0716 - Vyrna, die Grausame

0716 - Vyrna, die Grausame

Titel: 0716 - Vyrna, die Grausame
Autoren: Roger Clement
Vom Netzwerk:
Schlips-und Aktenkofferträger.
    Professor Zamorra strich ihr beruhigend über die Wange.
    »Nimms leicht, Cherie! Stell dir vor, wir müssten uns hier jeden Morgen und Abend durchkämpfen!«
    Nicole verdrehte genervt die Augen. Die beiden Dämonenjäger standen nämlich auf einem Bahnsteig der Pariser Métro-Station Bastille. Hier trafen drei verschiedene U-Bahn-Linien aufeinander. Unglaublich große Menschenmassen aller Hautfarben und Altersstufen wälzten sich über die Rolltreppen und drängten in die U-Bahn-Waggons.
    »Wenn wir das öfter ertragen müssten, würde ich kündigen, Chef!«
    Das war natürlich übertrieben, aber Zamorra konnte Nicoles Gefühle trotzdem verstehen. Seine Gefährtin war keine Mimose. Sie schwebte oft genug in Lebensgefahr und kämpfte tapfer gegen schwarzmagische Wesen jeder Art. Aber trotzdem war diese U-Bahn-Tour eine Zumutung, jedenfalls während der Rushhour.
    »Ich weiß ja, dass Paris inzwischen die meisten Einwohner von allen europäischen Städten hat«, motzte Nicole. »Aber warum müssen die alle gleichzeitig die Métro benutzen?«
    Zamorra lachte. Natürlich hatte er daran gedacht, mit seinem metallicsilbernen BMW 740i vom Château Montagne nach Paris zu fahren. Doch gerade der tägliche Verkehrsinfarkt der französischen Hauptstadt hatte ihn davon abgehalten. Mit dem BMW wären sie unweigerlich im Stau stecken geblieben. Mit der Métro kam man wenigstens ans Ziel. Vorausgesetzt, man konnte sich in einen der Waggons quetschen.
    »Wir hätten abends fahren sollen, Cheri«, gab Nicole zu bedenken. »Das ist doch viel stilvoller, in der Dunkelheit so ein Spukhaus zu besuchen.«
    »Außerdem kann man dann tagsüber noch die Pariser Boutiquen unsicher machen«, schmunzelte Zamorra, der die Modeleidenschaft seiner Gefährtin zur Genüge kannte.
    Nicole wollte gerade eine schlagfertige Antwort geben. Da fuhr der Métro-Zug mit einem nervenzerfetzenden Kreischen in die Station ein.
    Nun waren alle Kräfte und Sinne gefordert, um an Bord zu kommen. Jetzt kamen Zamorra und Nicole ihre Kampferfahrung zugute, um nicht von den Mitpassagieren abgedrängt zu werden. Zamorra stemmte sich gegen einige Büroangestellte, die wie eine römische Phalanx vorwärtsdrängten. Allerdings hatten sie keine Speere und Schilde dabei, sdftidern Aktenkoffer und Regenschirme.
    Nicole duckte sich hinter einen baumlangen Schwarzen im Arbeitsoverall, der wie ein Football-Stürmer in den Waggon sprang. Wenige Sekunden später sausten die Türen automatisch zu. Nach einigem Schubsen fand sich Nicole neben ihrem Lebensgefährten wieder.
    »Hoffentlich sind wir jetzt im richtigen Zug, bei der Kreischmilz der Panzerhornschrexe!«
    »Das sind wir«, versicherte Zamorra. »Es geht Richtung Pantin.«
    Der Vorort, in dem sich das Spukhaus befinden sollte, war ein weiterer Grund gewesen, der gegen den BMW sprach. Pantin war nämlich eine ziemlich ärmliche und heruntergekommene Gegend. Es wäre nicht besonders clever gewesen, dort mit einer solchen Nobelkarosse aufzukreuzen.
    Den Hinweis auf das angebliche Geisterhaus hatte Zamorra wieder einmal Pascal Lafitte zu verdanken. Der Freund, der mit seiner Familie im Dorf unterhalb von Château Montagne wohnte, sichtete nämlich im Auftrag des Parapsychologen die nationale und internationale Presse hinsichtlich okkulter und unerklärlicher Phänomene. Wenn er etwas fand, schickte er es per Datenfernübertragung auf Zamorras Hochleistungsrechner.
    Das angebliche Geisterhaus befand sich in einer dunklen Sackgasse, in dem unübersichtlichen Straßengewirr südlich des Ponte de Pantin. Ein Stadtstreicher, der dort Unterschlupf gesucht hatte, sollte während der Nachtstunden verrückt geworden sein. Und ein junger Marokkaner, der nachts nach der Disko an dem Haus vorbeigegangen war, kam mit schneeweißem Haar zu seinen Eltern zurück. Außerdem hatte er die Sprache verloren und stand unter einem schweren Schock.
    Wenn an diesen Meldungen etwas dran war, musste Zamorra der Sache auf den Grund gehen. Daher ließ sich der Dämonenjäger nun gemeinsam mit seiner Gefährtin in einem völlig überfüllten Métro-Waggon Richtung Pantin schaukeln.
    Immerhin - es war ein wenig Abwechslung nach dem Papier- und Juristenkrieg der letzten Wochen. Zwar keine angenehme Abwechslung, aber immerhin…
    Sie hatten Robert Tendyke aus der Spiegel weit befreit und zur Erde zurückgeholt, genauer gesagt, auf die Erde in der »richtigen« Welt. Dann hatten sie versucht, seinen Doppelgänger unschädlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher