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0716 - Vyrna, die Grausame

0716 - Vyrna, die Grausame

Titel: 0716 - Vyrna, die Grausame
Autoren: Roger Clement
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Pariser Stadtreinigung döste im Halbschlaf vor sich hin. Wahrscheinlich kam er von der Nachtschicht.
    An der Station Laumière stiegen noch drei Leute zu.
    Eine junge Blondine im Minikostüm mit Aktenmappe unter dem Arm.
    Ein grau melierter Herr im Geschäftsanzug, der einen Aktenkoffer und den Figaro bei sich trug.
    Schließlich erschien noch ein Teenager im teuren Markentrainingsanzug auf der Bildfläche. Der Bursche schlich lässig in den Waggon, kurz bevor die Türen geschlossen wurden. Er trug eine dicke Goldkette um den Hals. Sein Haar war raspelkurz. Auf seiner Nase thronte eine schwarze Ray Ban-Sonnenbrille.
    Die Sonnenbrille richtete sich mit einem frechen Grinsen auf die Blondine und dann pflanzte er sich breitbeinig auf eine Sitzbank.
    Langsam setzte sich die U-Bahn wieder in Bewegung.
    Im nächsten Moment geschah etwas Entsetzliches.
    ***
    Zamorra bekam nur mit, dass Merlins Stern sich plötzlich stark erwärmte und dämonische Gefahr anzeigte. Doch dann folgte der Angriff so schnell, dass weder der Dämonenjäger noch seine Gefährtin reagieren konnten.
    Es gab einen Ruck. Die Métro schien aus ihren Schienen geworfen zu werden.
    Ein fremdartiger Gestank breitete sich in dem Waggon aus. Die junge blonde Frau schrie vor Angst auf.
    Zamorra musste sofort an die Attentate der AUM-Sekte auf das Tokioter U-Bahn-Netz denken. Doch gleich darauf verwarf er diese Vorstellung wieder.
    Der Odem war zwar ekelhaft, aber nicht gefährlich. Jedenfalls spürte Zamorra keine typischen Vergiftungserscheinungen.
    Die Métro wurde durchgerüttelt, als ob ein Monster die U-Bahn in seinen Krallen hätte. Zamorra versuchte, sich an die Haltegriffe zu klammern. Aber die Erschütterungen waren zu stark. Der Dämonenjäger knallte mit voller Wucht mit dem Kopf gegen eines der Fenster. Zum Glück hielt das Glas den Aufprall aus. Aber für Momente sah Zamorra Sterne.
    Als er wieder halbwegs klar im Kopf war, schien der Spuk vorbei zu sein.
    Die Métro rollte in normalem Tempo vorwärts. Die zeitweise ausgefallene Beleuchtung im Waggon tat es auch wieder.
    Vor Schmerzen ächzend, krochen die Passagiere wieder auf die Sitzbänke und brachten ihre Kleidung in Ordnung. Immerhin war niemand ernsthaft verletzt. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Alle waren bei Bewusstsein und konnten sich aus eigener Kraft bewegen.
    Doch Zamorra wusste, dass man dem Frieden nicht trauen konnte. Denn sein Amulett zeigte immer noch dämonische Aktivität an…
    Nicole massierte ihren linken Ellenbogen.
    »Das gibt einen schönen blauen Fleck!«, motzte sie. Doch natürlich war auch ihr nicht entgangen, dass Merlins Stern immer noch in Alarmbereitschaft war. Deshalb gab es jetzt Wichtigeres als Prellungen oder Verstauchungen.
    Nämlich den dämonischen Gegner, der irgendwo im Métro-Schacht lauerte. Oder vielleicht - unsichtbar - im Waggon selbst? War vielleicht der fremdartige Geruch der schwarzmagische Feind? Dämonen konnten sich in den unterschiedlichsten Aggregatzuständen zeigen.
    Es war, als ob Zamorra Nicoles Gedanken gelesen hätte.
    Er schüttelte langsam den Kopf.
    »Dieser Ekelodem war es nicht, Cherie. Der ist zwar widerlich, aber harmlos. Ich tippe auf etwas anderes.«
    »Und was?«
    Zamorra erwiderte nichts. Er zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen.
    »Fällt dir gar nichts auf, Nicole?«
    »Was meinst du - abgesehen von dem Dämonenangriff?«
    Die Französin hatte leise gesprochen. Die anderen Passagiere, die immer noch lautstark schimpften und wehklagten, mussten nicht mitbekommen, worum es den beiden Dämonenjägern ging.
    »Wir sind schon ziemlich lange im Tunnel, meinst du das? Ich kenne mich nicht gut aus im Pariser Métro-System. Aber bis zur nächsten Station kann es unmöglich so weit sein.«
    »Als nächstes müsste Ponte de Pantin kommen, richtig?«
    Nicole nickte.
    Professor Zamorra dachte angestrengt nach. Doch bevor er zu einem Ergebnis kam, fuhr die Métro in eine Station ein und bremste ab. Die Waggons kamen zum Stehen. Die automatischen Türen öffneten sich.
    ***
    Der Bahnsteig bestand aus grobem Kopfsteinpflaster. Auch die übliche Neonröhren-Beleuchtung fehlte. Stattdessen wurde die Métro-Station von Fackeln illuminiert, die in eisernen, dreifüßigen Kandelabern steckten.
    In ihrem flackernden Licht konnte man deutlich die abgeschlagenen Köpfe von affenartigen Wesen erkennen, die auf Pfähle gespießt worden waren.
    »Das hier«, sagte der Herr mit dem Figaro unter dem Arm, »ist eindeutig nicht die Station
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