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0716 - Vyrna, die Grausame

0716 - Vyrna, die Grausame

Titel: 0716 - Vyrna, die Grausame
Autoren: Roger Clement
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Amulett keine entsprechende Warnung an.
    Der Wolf wandte den Blick seiner dunklen Augen interessiert dem Kleinod zu. Er war ein schönes Tier, mit glatt gebürstetem Fell und eleganten, muskulösen Bewegungen.
    »Ist das Ihr berühmtes Amulett, das Sie von Merlin bekommen haben, Professor Zamorra? Passen Sie gut darauf auf! Sie werden es noch sehr nötig haben.«
    Zamorra und Nicole hatten schon einige Male mit sprechenden Tieren zu tun gehabt. Es verwunderte sie auch nicht, dass sie in dieser fremden Welt die Worte des Wolfes verstanden. Mit magischen Methoden war so etwas ohne Weiteres möglich.
    Selbst in der normalen Welt gab es Absonderlichkeiten dieser Art. Einen sprechenden, tollpatschigen Jungdrachen namens Fooly, der stets bemüht war, Château Montagne völlig unbeabsichtigt in eine kleine Trümmerwüste zu verwandeln…
    Deshalb irritierte sie es kaum, dass dieser Wolf hier sprechen konnte.
    Aber die anderen Métro-Passagiere fielen aus allen Wolken. Lulus Mund stand halb offen. Und Babette vergaß vor lauter Staunen sogar zeitweise ihre Furcht.
    »Du kennst meinen Namen. Und du weißt, woher ich mein Amulett habe«, sagte Zamorra zu dem Wolf. »Und wer bist du?«
    »Ah, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Verzeihung. Mein Name ist Madhod. Und ich bin Ihr Sekundant, Professor Zamorra!«
    Für einen Moment herrschte Stille. Man hörte nur das Kreischen der orangefarbenen Vögel am Himmel.
    »Ein Sekundant?«
    Zamorra vergewisserte sich, dass er sich nicht verhört hatte.
    »Ja, man braucht bei einem Duell einen Sekundanten. Einen Kampfgehilfen des Vertrauens, der berät und Beistand leistet…«
    »Ich weiß, was ein Sekundant ist«, erwiderte Zamorra gereizt. »Mir war nur nicht klar, dass ich mich duellieren soll.«
    Madhod bleckte die Lefzen. Es sah so aus, als würde er schief grinsen.
    »Ich kann mir vorstellen, dass Vyrna Sie nicht offiziell zum Duell gefordert hat, Professor Zamorra. Und doch ist sie es, gegen die Sie antreten müssen.«
    »Sind wir deshalb hierher entführt worden?«
    Zamorra glaubte, die Antwort bereits zu kennen. Und doch musste er diese Frage stellen.
    »Genau«, bestätigte der wölfische Sekundant. »Vyrna hat einen magischen Zweigtünnel gelegt, in den Ihr Métro-Zug gefahren ist.«
    »Wie - wie kommen wir wieder in unsere Welt zurück?«
    Es war Babette de Fries, die diese Frage gestellt hatte. Als sie an jenem Morgen zur Arbeit gefahren war, hätte sie sich nicht träumen lassen, einige Stunden später mit einem sprechenden Tier zu reden. Aber sie wollte Gewissheit haben. Sonst würde sie auf der Stelle platzen!
    Das Raubtier wandte ihr seinen schmalen Schädel zu.
    »Sie kehren nach Paris zurück, indem Zamorra das Duell gewinnt, Mademoiselle. So ist es vorgesehen.«
    »Und - und wenn Professor Zamorra dieser Vyrna unterliegt?« Mit dieser Frage meldete sich Gustave Renard zu Wort.
    »Ich denke, dann werden Sie alle hier in Koda bleiben müssen… Jedenfalls diejenigen, die überleben«, fügte der Wolf mitleidlos hinzu.
    »Scheiße, Mann!«, brüllte Lulu. »Lasst ihr euch völlig einwickeln von diesem Drecksvieh?!«
    Der Teenager sprang mit einem geschmeidigen Satz auf den Wolf zu. Mit einer Eleganz, die keiner dem schlaksigen Lulu zugetraut hätte, riss dieser ein Butterfly-Messer aus seiner Jogginghose. Mit einem scharfen metallischen Geräusch machte er die Klinge kampffertig.
    Zamorra wollte dazwischengehen.
    Doch da hatte sich Madhod schon um seinen Gegner gekümmert.
    Ein gelblicher Lichtschein strahlte aus den Augen den Raubtiers. Der Homeboy befand sich gleich darauf im Zentrum dieser schimmernden Helligkeit.
    Die Wirkung war erstaunlich.
    Lulu wurde in die Luft gerissen, als ob ihn eine unsichtbare Riesenfaust emporgehoben hätte. Der Teenager riss keuchend den Mund auf, strampelte mit Armen und Beinen.
    Das Butterfly flog in hohem Bogen davon.
    Gleich darauf krachte auch Lulu mit dem Rücken auf das Geröllfeld -schon wieder. Benommen und stöhnend blieb er liegen.
    »Sie sollten so etwas nicht noch einmal versuchen«, sagte der Wolf ruhig. »Ich bin ein eingeweihter Phagdor, dem Sie mit Ihrer primitiven menschlichen Gewalt ohnehin nicht beikommen können.«
    Zamorra hatte natürlich bemerkt, dass der Wolf magische Kräfte zur Abwehr des Halbstarken eingesetzt hatte. Und doch hatte sich Merlins Stern ruhig verhalten. Das ließ nur zwei Schlussfolgerungen zu.
    Entweder konnte dieser Madhod das Amulett manipulieren. Oder er war kein schwarzmagisches Wesen,
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