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0716 - Der Flammen-Friedhof

0716 - Der Flammen-Friedhof

Titel: 0716 - Der Flammen-Friedhof
Autoren: Jason Dark
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Portobello Road und versuchte, Porträts von Touristen zu zeichnen. Hin und wieder verdiente er ein paar Shilling, doch es reichte weder vorn noch hinten, um richtig über die Runden zu kommen.
    Er öffnete die Flasche. Gläser gab es nicht. Grinsend drückte er sie Doris in die Hand. »Sauer?«
    Sie schaute in sein bärtiges Faltengesicht. »Bist du das nicht, Wally?«
    »Ich habe mich daran gewöhnt.«
    »Werde ich nie.« Sie setzte die Flasche an und trank einen langen Schluck.
    Doris hatte sich wie ausgedörrt gefühlt. Das Bier zu trinken war einfach herrlich.
    »Gut?«, fragte Wally.
    »Ja, danke.«
    »Es ist sogar ausländisches. Ich habe es besorgt. Stell dir vor, ich konnte heute vier Bilder verkaufen. Ist ein irres Gefühl, Doris.«
    »Ich freue mich für dich. Vielleicht schaffst du es doch.«
    »Ich nicht.«
    So ist es fast immer, dachte sie. Viele wollten gar nicht weg. Sie lebten so vor sich hin und dachten nie bis zum nächsten Tag. Irgendwie würde es schon weitergehen.
    Sie trank wieder. Manchmal rastete sie einfach aus. Da blieb es dann nicht beim Bier, da mussten härtere Getränke helfen. Das wiederum war ein Irrtum. Die Situation konnten sie nicht ändern. Am nächsten Tag sah sie meist noch schlimmer aus als zuvor.
    Doris schwenkte die Flasche und schaute auf den Rest. Auf ihm lag ein Schaumkreis. »Ich fühle mich wie dieses Bier hier. Werde von einer Seite zur anderen geschleudert, bin nie irgendwo zu Hause und eines Tages kippt man mich einfach weg.«
    Der Maler hob die Schultern. »Dazu kann ich nichts sagen. Irgendwie hast du schon Recht.«
    »Und ob.«
    Etwas knallte mit einem dumpfen Schlag auf den Boden. Sofort schaute jeder hin.
    Da lag einer der Trinker flach. Er hatte sich zu weit nach hinten gebeugt und das Gleichgewicht verloren. Auch die Kiste war mit ihm gefallen und zerbrochen.
    Der Mann fluchte. Bier war ausgelaufen und lag als Lache zwischen den Scherben der zerbrochenen Flasche.
    Der Mann rappelte sich wieder auf. Er fing plötzlich an zu lachen, schaute auf seine blutende Hand und leckte das Zeug weg. »Gelobt sei, was hart macht!«, rief er. »Gebt mir eine neue Flasche!«
    Jemand warf ihm eine zu, die er geschickt auffing. Doris wusste, dass dieser Kerl weitertrinken würde, bis man ihn ins Haus tragen musste. So ging das jeden Abend. Irgendwann würde er an Alkoholvergiftung sterben. Er wäre nicht der Erste aus diesem Bau gewesen, der ein solches Ende gefunden hätte. Und keiner trank deshalb weniger.
    Wally stand auf und schlurfte auf die miesen Toiletten zu. Trotz ihrer Primitivität waren sie noch immer besser als dieses eine Ding im Haus, wo überhaupt nichts mehr funktionierte.
    Die anderen kümmerten sich nicht um Doris. Sie schwang noch immer die Flasche hin und her. Mittlerweile war es dunkel geworden. Um Licht zu haben, waren Kerzen angezündet worden. In ihrem Flackerschein sahen die Gestalten aus wie dunkle Gespenster.
    Sie schaute nach vorn. Es war eigentlich nur Zufall, dass sie den Kopf gehoben und in Richtung Ausgang geblickt hatte. So bekam sie auch mit, dass ein Fahrzeug auf die Einfahrt zurollte, quer zu ihr stehen blieb und den Weg versperrte.
    Sie stellte die Flasche ab. Spannung erfasste sie. Dieser Besuch hatte sich bestimmt nicht angemeldet.
    In den ersten Sekunden passierte nichts. Sie hatte aber gesehen, dass es ein kleiner Transporter mit geschlossener Ladefläche war.
    Die Tür an der Seite wurde von innen aufgeschoben. Gestalten zeichneten sich dort ab, bewegten sich und fingen damit an, den Wagen zu verlassen.
    Der Reihe nach und sehr diszipliniert stiegen sie aus. Doris zählte vier Männer. Der Letzte schob die Tür wieder zu. Inzwischen hatte der erste Mann die Einfährt erreicht und ging hindurch.
    Das Herz der Frau schlug schneller. Sie hatte eine Nase für gefährliche Situationen und wusste plötzlich, dass es Zoff geben würde.
    Die Männer trugen dunkle Kleidung. Sie waren kaum zu erkennen, nur die Gesichter sah sie, und diese wiederum kamen ihr ungewöhnlich vor, als würde etwas über ihre Haut hinwegflackern.
    Am Ende der Einfahrt und zu Beginn des Hofes blieben sie stehen.
    In einer Reihe hatten sie sich aufgestellt, schauten sich um, und Doris Pilgrim hatte den Eindruck, als würden die Blicke auf ihrem Körper brennen.
    Die hatten etwas vor. Sie dachte an ihre Mutter, wollte aufstehen und verschwinden, doch dazu kam es nicht mehr. Einer aus der Gruppe trat vor und sprach mit lauter Stimme: »Wir geben euch fünf Minuten Zeit,
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