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0716 - Der Flammen-Friedhof

0716 - Der Flammen-Friedhof

Titel: 0716 - Der Flammen-Friedhof
Autoren: Jason Dark
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sagen?«
    »Es ist deine Sache.«
    »Ja, das ist es.« Sie stand auf, drückte den Rücken durch und stemmte ihre Hände in die Seiten. »Ich werde mich jetzt mal draußen umschauen. Soll ich das Licht einschalten?«
    »Nein, das ist nicht nötig. Ich bleibe im Dunkeln. Es macht mir nichts aus.« Sie setzte sich im Bett auf. »Wenn du mir noch einen Schluck zu trinken ans Bett stellen würdest?«
    »Gern.«
    In der Mineralwasserflasche befand sich noch ein Rest. Er reichte aus, um ein Glas bis zum Rand zu füllen.
    Die alte Frau trank es zur Hälfte leer, bevor sie es auf den Stuhl neben dem Bett stellte. »Und gib bitte auf dich Acht, Kind. Ich möchte dich nicht verlieren.«
    »Keine Sorge, Mutter, Typen wie ich vergehen nicht. Die sind zäh wie Leder, die kommen durch.« Sie hauchte der alten Frau einen Kuss auf die Wange, nahm ihre Zigaretten mit und verließ die Behausung.
    Zurück blieb die Mutter, deren Tränen keiner sah…
    ***
    Auf dem Gang, auf der »Straße«, die das Gebäude teilte, herrschte wie immer Betrieb. Da war etwas los, denn hier traf man sich, und man musste diesen Weg auch gehen, um in den Hof zu gelangen, dessen Tür weit offen stand. Musik schallte Doris entgegen, die vor der Tür stehen geblieben war und sich umschaute.
    Jugendliche hockten auf dem Boden. Sie spielten Karten und tranken dabei. Zwei Totschläger lagen zwischen ihnen. Irgendwann würde dieses Spiel zu einem Ausbruch der Gewalt führen.
    Doris Pilgrim schob sich an den jungen Leuten vorbei und ging den Gang hinab auf die Hintertür zu. Musik schallte ihr entgegen.
    Harte Rhythmen, die Emotionen aufpeitschten.
    Es herrschte wahrhaftig kein Herbstwetter, die Luft war einfach noch zu warm und drückte. Kein Windhauch rührte sich. Zwischen den Mauern lastete die Hitze wie ein dumpfer Druck, was sich auch bei denjenigen bemerkbar machte, die dort hockten.
    Sie trugen leichte Kleidung. Die Männer meist T-Shirts oder einfach nur Unterhemden. Manche hatten auch billige Lederjacken über nackte Oberkörper gestreift.
    Es gab wieder zu trinken. Bierkästen standen auf einem Platz zwischen ihnen. In einigen mit Wasser gefüllten Eimern wurden die Flaschen kühl gehalten. Auch einige Frauen hockten in der Runde.
    Sie hielten ebenso mit wie die Männer. Hin und wieder kreischten sie auf, wenn einer der Kerle den Arm um sie legte.
    Doris blieb an der Tür stehen. Früher hatte hier mal eine Lampe gebrannt. Sie war längst durch einen Steinwurf zerschmettert worden. Doris lehnte sich an den Rahmen. Sie hatte gehofft, hier bessere Luft einatmen zu können, aber es war eine Täuschung. Die Luft stank, als wäre sie aus einer Kloake gestiegen.
    Wahrscheinlich lag es an den Außentoiletten, die nicht weit entfernt standen. In den sechs zusammengezimmerten Bretterbuden existierte keine Spülung. Das war alles noch so primitiv geblieben wie zu den Anfängen des Jahrhunderts.
    Rauch trieb durch den Hof. Die meisten qualmten. Man hockte auf leeren Kisten, trank, schimpfte und fluchte natürlich über die beschissene Situation.
    Doris ging weiter. Sie wusste, dass man auf sie aufmerksam werden würde. Da sie zu den jüngeren Frauen in diesem Ghetto gehörte, war sie schon oft angefasst worden. Zwei Versuche einer Vergewaltigung hatte sie unterbinden können.
    Kinder waren nicht zu sehen. Um diese Zeit hockten sie zumeist in den Wohnungen vor der Glotze.
    Sie schlenderte näher. Der Hof war schmutzig. Mit Kippen übersät und mit dunklen Flecken bedeckt. Nicht einmal der Regen schaffte es, die Flecken abzuwaschen. Ein Mann fasste nach ihrer Hüfte. Er hockte auf der Kiste, trug nur ein Unterhemd und war stolz darauf, die Arme von der Schulter her bis zu den Handgelenken tätowiert zu haben.
    »Komm her, Doris, ich habe auf meinem Schoß noch Platz genug für dich. Los komm!«
    Bevor er sie zu sich heranziehen konnte, drehte sie sich aus seinem Griff und schickte ihm eine Bemerkung entgegen, die andere zu Lachstürmen hinriss.
    Doris kannte sich aus. In der Kneipe, wo sie kellnerte, wurde eine verdammt harte Sprache gesprochen. Da war kein Platz für wohlgeformte Formulierungen, da ging es direkt zur Sache.
    Es gab noch freie Plätze. Doris setzte sich. Sie konnte gegen die Hofeinfahrt schauen, ein breites Loch im Mauerwerk.
    »Ein Bier?«
    »Ja.«
    Der Frager griff in den Eimer. Er hieß Wally. Früher einmal war er Maler gewesen, hatte auch Geld gehabt, aber alles verspielt. Jetzt hockte er oft am Piccadilly oder auch an den Flohmärkten der
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